Politik | 06.06.2019

Volker Wissing zu Gast bei BLICK aktuell

Bahnlärm: „Wichtig ist, dass die Bevölkerung nicht krank wird“

Dr. Volker Wissing berichtete von seiner Arbeit aus Mainz.

Kurz vor der Kommunal- und Europawahl bot sich für Dr. Volker Wissing, rheinland-pfälzischer Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Zeit, Bilanz zu ziehen. Das richtige Umfeld fand der liberale Pfälzer in Sinzig: Hermann Krupp, Geschäftsführer des Krupp Verlags und BLICK aktuell-Chefredakteur und Susanne Tack, Prokuristin und Junior-Chefin, hatten Wissing (FDP) zum Redaktionsgespräch ins Krupp Medienzentrum geladen. Neben einem Rückblick auf die bisherigen Erfolge der Landesregierung standen auch die Themen Verkehr, Wirtschaftspolitik und Bahnlärm auf der Agenda und somit die Kernthemen von Wissings täglicher politischer Arbeit. Das Resultat war ein dynamisches Gespräch ohne Berührungsängste mit einem resoluten Minister.

Sinzig. Der erwähnte Rückblick auf die letzten drei Jahre stand im Fokus der Eingangsfrage von BLICK aktuell-Chef Hermann Krupp. „Was wurde in den letzten Jahren von der Landesregierung auf den Weg gebracht?“, wollte Krupp wissen. Wissings Antwort zeichnete vor allem die Leistungsbilanz der FDP innerhalb der Regierung nach. So wurde laut Wissing besonders die Infrastrukturpolitik vorangebracht. Auch im Landesbetrieb Mobilität, der Wissing direkt unterstellt ist, habe sich etwas zum Positiven verändert. „Wir haben beim Personal stark aufgestockt“, erläutert Wissing die Mitarbeitersituation beim LBM. Das mache sich auch im Zustand der Straßen bemerkbar. „Die Straßenzustände werden besser“, fasst Wissing zusammen. „Das geschieht Schritt für Schritt. Mittlerweile sind über die Hälfte der Landessstraßen in einem guten Zustand. Wir haben die Trendwende hin zu besseren Straßen erreicht“, so der Minister. Wichtig ist Wissing auch eine moderne Gründerpolitik. Gerade für digitale Start-Ups habe man gute Rahmenbedingungen geschaffen. Auch im Allgemeinen gehe es Rheinland-Pfalz wirtschaftlich sehr gut. „Das Land verzeichnet ein deutliches Wirtschaftswachstum und Exportplus“, so der 49jährige FDPler. Wissing nennt weitere positive Entwicklungen: Die FDP konnte den Windkraftausbau entscheidend verändern, die Justiz wurde „auf Vordermann“ gebracht und duale Ausbildungsmöglichkeiten gefördert. Auch Errungenschaften wie Meister- oder Aufstiegsbonus seien „wichtige Erfolge der Wirtschaftspolitik“, wie Wissing erläutert.

Susanne Tack erkundigte sich nach der Bedeutung von Europa. Dr. Volker Wissing zeichnete in diesem Zusammenhang zunächst ein Bild des Ist-Zustandes, besonders im Hinblick auf wirtschaftliche Aspekte. „Der Weltmarkt ist derzeit unberechenbar“, so Wissing mit Blick auf den Handelskonflikt zwischen China und den USA. Rheinland-Pfalz werde als exportorientiertes Bundesland von den Entwicklungen auf den Weltmärkten herausgefordert. Europa sei nicht nur als wichtigster Handelspartner von Bedeutung, sondern auch als politische Gemeinschaft auf der Weltbühne. Wissing wünscht sich ein „starkes Europa“ in dem wirklicher Zusammenhalt herrsche.

Verstaatlichung von Immobilien: „Völlig überflüssig“

„Es wird diskutiert, Immobilien zu verstaatlichen“, wirft Hermann Krupp ein. „Was halten Sie von dem Vorschlag?“ möchte er wissen. Das Fazit von Dr. Volker Wissing fällt eindeutig aus: „Ich halte nichts davon“, so der Minister. Denn: „Welchen Anreiz gäbe es noch für private Hausbauer, wenn als Zukunftsperspektive nur die Enteignung – also die Entschädigung - bleibt“, erläutert Wissing. „Durch eine Verstaatlichung der Unternehmen entsteht nicht eine Wohnung mehr.“ Im Umkehrschluss sorge die Enteignung von Immobilien für eine leere Staatskasse. Ganze grundsätzlich halte er die Idee „für völlig abwegig“ und er verstehe auch nicht, dass solche Vorschläge „in dieser Breite diskutiert werden“. Auch die Verstaatlichung von Konzernen und Unternehmen stößt bei dem liberalen Politiker auf herzlich wenig Gegenliebe. „Was dann passiert, sehen wir am Berliner Flughafen“, erläutert er. Stattdessen wäre es laut Wissing viel sinnvoller, die Marktwirtschaft zu stärken und Anreize für Investitionen zu schaffen. Dazu gehöre es auch, den Solidaritätszuschlag komplett zu streichen und die Körperschaftssteuer zu senken. Grundsätzlich müsse eine bessere Standortpolitik in Deutschland etabliert werden, gerade, um der Konkurrenz in den Nachbarstaaten „etwas entgegenzusetzen“.

Ein Punkt, um die Marktwirtschaft zu stärken, ist laut Wissing auch ein besserer Öffentlicher Personennahverkehr. Denn die „Mobilität der Zukunft“ sorge auch für mehr Bewegung am Arbeitsmarkt. In Rheinland-Pfalz sei bereits „viel in Bewegung“, so Dr. Volker Wissing. So werde gerade der RLP-Takt der Bahn mit einem integriertem Nahverkehrskonzept auf das Busnetz ausgeweitet. Auch die Themen E-Mobilität und Hybridtechnologie stünden auf der Agenda. Alternative Antriebe seien „ein spannendes Thema“, so Wissing. „Doch binnen kurzer Zeit komplett auf Verbrennungsmotoren in Deutschland verzichten zu können, halte ich für wenig realistisch“, erläutert er. „Statt dessen werden wir ein Nebeneinander unterschiedlicher Technologien erleben.“ Definitiv seien für ihn ideologisierte Debatten wie „Fahrrad oder nicht Fahrrad“ schlicht „von gestern“.

„Bürokratie ist bewusst gemacht“

In Zeiten der Datenschutzgrundverordnung interessiert sich Susanne Tack vor allem für Bürokratie und deren Abbau. „Bürokratieabbau ist Teil vieler Reden von Politikern“, stellt Tack fest. „Wie ist der wirkliche Fortschritt?“ Dr. Volker Wissing bricht zunächst eine Lanze für die Behörden. „Wir dürfen nicht überregulieren. Doch vielfach ist Bürokratie sinnvoll und notwendig“, sagt er. So gälten etwa in der Europäischen Unioneinheitliche Standards „sowohl für den Landwirt in Deutschland wie auch in Spanien“. Hier sorge Bürokratie dafür, dass sich alle daran halten. Das bringe Unternehmens- und Verbraucherschutz. Bürokratie einfach überall abzuschaffen, sei daher nicht der richtige Weg. Sehr wohl aber müsse man bürokratische Anforderungen so gering wie möglich halten und Abläufe vereinfachen. Oft würden kleinen Unternehmen unnötigerweise die Bürokratielasten der ganz großen aufgebürdet. Das müsse man ändern. Insgesamt sei aber auch die Digitalisierung eine gute Möglichkeit, notwendige Bürokratie besser zu bewältigen. „Der Europäische Gerichtshof hat beschlossen, dass Arbeitgeber nun alle Arbeitszeiten ihrer Angestellten erfassen müssen“, hakt Tack nach. „Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?“, möchte die Prokuristin wissen. „Diese Regelung ist völlig überflüssig“, erklärt Wissing mit Verweis auf umfangreiche Dokumentationspflichten, die es in Deutschland bereits gibt – und teilweise kaum umzusetzen seien. „Wie soll ein Arbeitgeber nachprüfen wie viele Stunden eine Putzkraft am Wochenende im menschenleeren Betrieb wirklich arbeitet?“, stellt der Minister in den Raum. „Die Bundesregierung weiß, dass der Arbeitgeber es nicht einschätzen kann – verlangt es aber trotzdem von ihm“, stellt Wissing die Situation fest. „Das ist eine unheilige Allianz“, findet Wissing deutlich Worte. Faktisch wissen beide Seiten, dass die Bestätigung ohne genaues Wissen erfolgt.

Auch zur Datenschutzgrundverordnung hat Dr. Volker Wissing eine Meinung. „Hier wird den Bürgern ein weitreichender Schutz verordnet, den sie in diesem Ausmaß oft nicht wollen“, stellt er fest. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen litten unter der Regelung und die Bürger würden durch die umständlichen Datenschutzhürden von Informationen abgeschnitten. „Wenn mir ein Verein oder eine Partei keine Einladung mehr schicken kann, da diese aufgrund des Datenschutzes meine E-Mail-Adresse nicht haben dürfen, kann das auch nachteilig sein“, so Wissing. Profiteure der neuen Verordnung seien lediglich die Großkonzerne wie Amazon, die eigens Personal aufbauen könnten, um immer neue Regelungen umzusetzen.

„Trendwende beim Straßenbau“

Die Verkehrsinfrastruktur ist stets ein großes Thema und überall häufen sich die Beschwerden über schlechte Straßenzustände. „Wie steht es um die Straßen im Land?“, möchte Hermann Krupp wissen. Dr. Volker Wissing kann Positives vermelden: Seit 2016 gebe es eine Trendwende, der Zustand der Landesstraßen verbessere sich kontinuierlich. Für den Straßenbau stünden mehr Mittel zur Verfügung. „Auch wenn der Bürger manchmal nicht den Eindruck hat“, gibt Wissing zu. Beim Landesbetrieb Mobilität habe man zusätzlich 76 Ingenieure eingestelt und es kämen nun weitere 30 Stellen hinzu. „Es wird so viel gebaut wie noch nie.“ Pro Jahr flössen rund 585 Millionen Euro im Land in den Straßenbau. Dass sorge natürlich auch für temporäre Verkehrsbeeinträchtigung wie es derzeit auf der B9 in Richtung Koblenz der Fall sei. Aber auch im Straßenbau stoße man an Grenzen. Ein Problem sei zum Beispiel auch hier der Fachkräftemangel.

Besonders für Koblenz interessiert sich Hermann Krupp. Hier wird an drei Brücken gleichzeitig gebaut und das sorgt für Stress bei den Autofahrern. Dr. Volker Wissing kennt den Grund für diese Misere. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele Brücken gebaut und die „kommen auch gleichzeitig in die Jahre“. Letztendlich seien Ingenieure das Zünglein an der Waage, wann eine Brücke gesperrt und ertüchtigt werden muss. Und nicht die Politik, wie Wissing betont. Die Sicherheit gehe immer vor.

„Wie steht es um den Lückenschluss der A61 und dem sechsspurigen Ausbau zwischen Mendig und der Landesgrenze?“, möchte Krupp wissen. „Es geht entschlossen voran“, sagt Wissing. Das Projekt sei im Bundesverkehrswegeplan fest vorgesehen und soll bald angegangen werden.

„Wirtschaft darf nicht über der Gesundheit stehen“

Zum Thema Verkehr gehört auch der Schienenverkehr und dazu das Streitthema „Bahnlärm“. „Die Anlieger im Rheintal fühlen sich oft nicht ernst genommen“, stellt Tack fest. Dem kann Wissing nicht beipflichten: „Seit meinem Auftritt im Bundestag zu diesem Thema fühlen sich die Menschen ernst genommen“, kontert er. Grundsätzlich gelte, dass sich wirtschaftliche Interessen niemals über die Gesundheit stellen dürften. „Eine solche Diskussion bewegt sich außerhalb der gesellschaftlichen Wertvorstellungen“, so Wissing. Um eine Alternative zur derzeitigen Lärmsituation zu finden, habe der Bund eine Machbarkeitsstudie für eine Alternativtrasse zugesagt. Fakt ist für Wissing: Auf die Straße könne und wolle man den Güterverkehr von der Schiene nicht umlegen. Dazu sei die Menge der transportierten Güter zu hoch. Das Land setze sich daher für den Bau einer alternativen Güterverkehrstrasse ein, um das stark belastete Mittelrheintal zu entlasten. Es ei wichtig, so Wissing, dass die Bevölkerung geschützt werde. „Lärm macht krank.“

Schulden: Altlasten von Schröder und Fischer

Die Verschuldung des Landes und der Kommunen ist ein stets präsentes Thema in der Politik. „Wie steht es derzeit um die Kasse?“, möchte der BLICK aktuell-Chef Krupp wissen. Dr. Volker Wissing zeichnet ein positives Bild. „Es konnten Schulden in der Höhe von über einer Milliarde Euro zurückgezahlt werden und der Haushalt weist inzwischen sogar einen Überschuss aus“, fasst Wissing zusammen. Das Land stelle mehr Geld für die Kommunen zur Verfügung. . Und grundsätzlich seien viele kommunale Schulden noch Altlasten der Regierung Schröder/Fischer, die den Fokus auf Sozialthemen legte. „Wir sind aber auf dem besten Weg, Schulden abzubauen“, weiß Wissing, der jedoch feststellt: „Mit einem Federstrich ist das nicht zu lösen. Wir brauchen auch Geld für Investitionen und unsere Institutionen.“ So habe das Land etwa mehr Lehrer und mehr Polizisten eingestellt und die Justiz gestärkt.

Text/Foto: Daniel Robbel

Hermann Krupp und Susanne Tack hatten interessante Fragen vorbereitet.

Hermann Krupp und Susanne Tack hatten interessante Fragen vorbereitet.

Dr. Volker Wissing berichtete von seiner Arbeit aus Mainz.

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