Landeskabinett tagt in Ahrweiler mit Landrätin und Bürgermeistern zum nachhaltigen Wiederaufbau
Einsatz für ein sicheres und lebenswertes Ahrtal
Kreis Ahrweiler. Zwei Jahre sind vergangen, seit eine Flutwelle auf rund 40 Kilometern im Ahrtal alles mit sich gerissen, was sich ihr in den Weg stellte, Häuser, Brücken, Bahntrassen. Sie hat zerstört, was über Jahrhunderte aufgebaut wurde. „Die Flut ist eine schreckliche und schmerzhafte Zäsur. 136 Menschen haben ihr Leben verloren. Das ist das Schlimmste. Ihrer haben wir heute gedacht und auch der Menschen, die ihre Angehörigen und Freunde verloren haben oder die bis heute von den schrecklichen Erlebnissen traumatisiert sind“, sagten Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Umweltministerin Katrin Eder und Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt nach der gemeinsamen Kabinettssitzung in Ahrweiler mit Landrätin Cornelia Weigand und den hauptamtlichen Bürgermeistern Achim Juchem, Andreas Geron, Dominik Gieler, Guido Nisius und Guido Orthen im Außenbereich des Hotels Rodderhofs am Obertor.
Für eine lebenswerte Zukunft
„Es ist kein Wiederaufbau zurück zum Stand vor der Flut, sondern ein nachhaltiger Wiederaufbau nach heutigem Stand in eine sichere, moderne und lebenswerte Zukunft“, so die Ministerpräsidentin. Der Wiederaufbau des Ahrtals sei ein Regierungsschwerpunkt. In der auswärtigen Kabinettssitzung hätten alle Ressorts über den aktuellen Stand zum Wiederaufbau berichtet und mit der Landrätin und den hauptamtlichen Bürgermeistern darüber beraten, wie bestehende Hürden gemeinsam überwunden werden können. Die Landesregierung hat laut Dreyer bereits viele Verfahrenserleichterungen beim Bund beantragt und auch durchgesetzt. „Ich sehe, wieviel Kraft, Anstrengung und manchmal auch Belastung in jedem einzelnen Projekt stecken und ich sehe auch, dass es noch Betroffene gibt, denen die Kraft fehlt, die einfach noch nicht so weit sind. Deswegen ist es gut, dass wir mit der Verlängerung Druck rausnehmen konnten. Weiterhin wurden Vergaberichtlinien durch das Land und den Bund vereinfacht, darunter auch Vorgaben der EU-Vergaberichtlinien, Vereinfachungen für das Flutgebiet im Baugesetzbuch getroffen, die Förderung für Gemeinden für den überörtlichen Hochwasserrückhalt erhöht und Planungsunterstützung für Ortsentwicklungskonzepte geleistet“, so die Ministerpräsidentin weiter.
„Botschaft an die Kommunen“
Innenminister Michael Ebling war es, der eine langersehnte Botschaft verkündete. Mit Erteilung eines Bewilligungsbescheides aus Mainz an eine Kommune, fließen ab sofort bereits 30 Prozent der veranschlagten Summe. Und es kann nachjustiert werden. So soll vermieden werden, dass Kommunen Liquiditätskredite aufnehmen müssten. Eine Nachricht, die besonders Kreisstadt-Bürgermeister Guido Orthen begrüßte, denn er hatte ein solches Vorgehen bereits vor einem Jahr im Gespräch mit Blick aktuell gefordert. Denn bis dato mussten die Kommunen für jede Baumaßnahme in Vorleistung gehen.
Insgesamt haben die Kommunen mehr als 4500 Maßnahmen im Bereich der kommunalen Infrastruktur mit einem Schadensvolumen von rund 4,3 Milliarden Euro zu stemmen. Davon entfallen 96 Prozent auf den Kreis Ahrweiler, allein in der Kreisstadt 1400 Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro. Alle Maßnahmen wurden in Maßnahmenplänen festgestellt. Zum 27. Juni 2023 wurden 379 Anträge mit einem Volumen von 389,4 Millionen Euro aus dem Kreis Ahrweiler bereits bewilligt. Dies entspricht einer Bewilligungsquote von über 94 Prozent. „Das alles zeigt, dass in unseren Verwaltungen in kurzer Zeit Projekte bearbeitet werden, die normalerweise in Jahrzehnten anfallen. Während sich in Nordrhein-Westfalen die Schadensregulierung auf 180 kommunale Verwaltungen verteilt, konzentriert sich im Ahrtal wegen der großen Schadensdichte alles auf fünf Rathäuser.
Hilfe für Traumatisierte
„Genauso wichtig ist aber auch, dass wir uns um die Menschen kümmern, die die Bilder der Flut nicht loslassen. Ein großer Erfolg ist, dass insgesamt 14 Psychotherapeuten eine Sonderbedarfszulassung bekommen werden. Diese werden in der Region künftig zusätzlich und dauerhaft für die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten zur Verfügung stehen“, sagte Dreyer. Die Angebote des Traumahilfezentrums werde die Landesregierung über mindestens fünf Jahre weiter finanziell fördern.
„Bei dem für das Tal so wichtigen Mammutprojekt der Hochwasservorsorge werden kontinuierlich Fortschritte erzielt. Als Meilenstein geht derzeit das Gewässerwiederherstellungskonzept im Kreis Ahrweiler in die Umsetzung. Rund 1000 Maßnahmen sind hier vorgesehen sagte Klimaschutzministerin Katrin Eder.
Konzept für den Tourismus
„Unser Ziel ist es, dass die Menschen im Ahrtal in ihrer Heimat bleiben, dass sie eine Perspektive haben. Der Wiederaufbau der Unternehmen, der Betriebe aus Landwirtschaft und Weinbau und auch der touristischen Infrastruktur ist hierfür eine wichtige Grundlage“, sagte Wirtschafts- und Verkehrsministerin Daniela Schmitt. Es sei entscheidend, die Wirtschaftsstruktur im Ahrtal zu erhalten und wiederherzustellen. Die Wirtschaftsministerin warb ebenso für den Tourismus in der Region.
„Die Neuausrichtung des Katastrophenschutzes in Rheinland-Pfalz ist mehr als nur eine Verpflichtung – es ist eine entschlossene Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit und die unvermeidbaren Folgen, die der Klimawandel auch in Zukunft mit sich bringen wird. Wir möchten leistungsfähige Strukturen auf allen zuständigen Ebenen schaffen, die die Kommunen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Katastrophenschutz als Teil des Bevölkerungsschutzes künftig verlässlich unterstützen.
Gemischtes Fazit
„Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe können wir im Ahrtal ein gemischtes Fazit ziehen: Trotz des enormen Grades der Zerstörung ist bereits Vieles aufgebaut worden. Zugleich befinden wir uns weiterhin in einer Ausnahmesituation, die in vielen Bereichen auch noch Jahre andauern wird. Unser Ziel ist ein nachhaltiger, resilienter und zukunftsgerichteter Aufbau für alle Generationen. Um diese Pläne umsetzen zu können, bedarf es einer optimierten Vernetzung von Förderprogrammen, einer weiteren Verschlankung von Antrags- und Genehmigungsprozessen sowie einer weiterreichenden Auslegung des Aufbauhilfefonds von einer Unterstützung des reinen Wiederaufbaus hin zur Transformation der zerstörten Region. Dafür setze ich mich als Landrätin zusammen mit den anderen Entscheidungsträgern im Kreis ein“, so Landrätin Cornelia Weigand.
Der nachhaltige und zukunftsorientierte Wiederaufbau dauert an manchen Stellen länger, als wir es uns wünschen würden. Sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich stehen wir weiterhin noch vor großen Herausforderungen“, sagte indes Guido Orthen. „Daher sehe ich dieses Treffen des Ministerrats hier bei uns als klares Zeichen dafür, dass das Ahrtal und seine Menschen in Mainz nicht nur weiter wahr-, sondern auch ernstgenommen werden und nicht nur als Symbolpolitik.“ GS
Die Mitglieder des Landeskabinettes mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Landrätin Cornelia Weigand und Bürgermeister des Kreises. Foto: GS

Es ist gut, dass die Politiker ins Ahrtal kommen. Gemosert wird noch viel mehr, wenn sich niemand blicken lässt.
Ich hoffe sehr, dass der Besuch dazu beitragen wird, einige bürokratische Hürden zu reduzieren. Oft liegt es nämlich an den ganzen Vorgaben und bürokratischen Auflagen, dass es im Ahrtal nicht voran geht.