Verbandsgemeinde Altenahr: Ortsbürgermeister üben massive Kritik am Krisenmanagement der VG-Verwaltung -Landratskandidatur Cornelia Weigand sei „irritierend“

„Fehlende Kommunikation und Versagen in den Kernkompetenzen“

„Fehlende Kommunikation und Versagen in den Kernkompetenzen“

Massive Zerstörungen in Altenburg nach der Flut. Foto: ROB

„Fehlende Kommunikation und Versagen in den Kernkompetenzen“

Die Ortsbürgermeister und Vertreter der Ortsgemeinden in der VG Altenahr informierten in der Vischeltalhalle Freisheim die Presse über den aktuellen Stand nach der Flut. Foto: CF

Berg. Jeder kennt die Bilder von Straßen und Häusern, die durch das Hochwasser an der Ahr zerstört oder beschädigt wurden. Über den aktuellen Stand in den einzelnen Ortsgemeinden wurde kürzlich in der Vischeltalhalle in Freisheim informiert. Ortsbürgermeister und Vertreter der Gemeinden Rech, Kesseling, Dernau, Lind, Mayschoß, Hönningen, Kalenborn, Kirchsahr, Berg und Altenahr haben 150 Tage nach der Flut ein Resümee gezogen und einen Ausblick in die Zukunft gewagt.

Berg, Heckenbach und Kalenborn als Höhengemeinden waren von den 12 Ortsgemeinden in der VG Altenahr am wenigsten durch die Flut betroffen und unterstützen nach wie vor die anderen Gemeinden. So haben Schüler unterschiedlicher Klassen im Bürgerhaus der Gemeinde Berg neue Räumlichkeiten für den Unterricht zur Verfügung gestellt bekommen und in der Vischeltalhalle haben zeitweise 30 Mitglieder des THW eine Übernachtungsmöglichkeit erhalten. Kalenborns Ortsbürgermeisterin Annette Winnen betonte, dass man sich solidarisch zeige und helfe, wo Hilfe nötig ist.

Dominik Gieler, Ortsbürgermeister von Rech berichtete, dass Rech seinen gesamten Ortskern verloren habe und man weiterhin um das Wahrzeichen des Ortes, die Nepomukbrücke, bange. Völlig unklar sei weiterhin, ob diese abgerissen wird oder bestehen bleibt.

Im Ortsteil Obliers der Ortsgemeinde Lind hatte die Flut größere Schäden angerichtet, u.a. das Gemeindehaus zum Einsturz gebracht und Straßen unterspült. Die gesamte Infrastruktur sei noch vor Jahresende wieder intakt, berichtete Ortsbürgermeister Werner Zavelberg.

Ganz anders stellt sich die Lage in den Ortsteilen der sehr stark betroffenen Gemeinde Altenahr dar. Rüdiger Fuhrmann, Ortsbürgermeister von Altenahr, gab bekannt, dass die meisten Schäden an der Infrastruktur provisorisch beseitigt wurden, der Ortsteil Reimerzhoven bis zum 9. Dezember aber immer noch nicht an das Wasserversorgungsnetz angeschlossen war, was nun erfolgen soll.

Fuhrmann und die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen sehen sich von der Verbandsgemeinde Altenahr spürbar im Stich gelassen. Als ehrenamtliche Bürgermeister sei das nötige Arbeitspensum zur Bewältigung aller anfallenden Arbeiten auch in Vollzeit nur bedingt leistbar.

Aus Kirchsahr berichtet Ortsbürgermeister Stefan Zavelberg, dass man in den ersten 8 Tagen nach der Flutkatastrophe vollkommen vergessen wurde. Die Hilfe aus den Führungsetagen sei gleich „null“ gewesen. Die Wiederherstellung der Infrastruktur wie Straßen, Kanal und Wasser sei demzufolge alleine auf Initiative vor Ort zurückzuführen.

In Mayschoß wurde nach der Flut ein eigenständiger Krisenstab ins Leben gerufen. Da die VG Altenahr nicht in der Lage sei, die operativen Maßnahmen zu leiten, habe die Ortsgemeinde schlichtweg diese Aufgaben übernommen.

Dernaus Ortsbürgermeister Alfred Sebastian sprach ein großes Problem im Bereich der Schulen an. Nach wie vor habe die VG keine provisorische Lösung gefunden, damit Schulunterricht in der Nähe der vom Hochwasser betroffenen Orte stattfinden kann. Eltern liefen Sturm, weil Kinder sehr lange Wege zur Schule in Kauf nehmen müssten. Desweiteren thematisierte Sebastian das neu ausgewiesene Überschwemmungsgebiet, das Dernau zu 80 Prozent betrifft. Da ohne entsprechende Ausnahmegenehmigungen kaum noch etwas möglich sei, wolle die Gemeinde alle rechtlichen Wege ausschöpfen, die Ausweisung zu korrigieren.

Kandidatur um das Landratsamt sorgt für Irritation

Alle Ortsbürgermeister der Verbandsgemeinde Altenahr zeigten sich über die Kandidatur von Cornelia Weigand zur Landratswahl im Kreis Ahrweiler irritiert. Geschlossen habe man dies bei einem gemeinsamen Informationsaustausch mit der VG-Bürgermeisterin deutlich gemacht. Es sei ein fataler Fehler in einer solchen Situation in den Wahlkampf zu gehen und ein anderes Amt anzustreben. Laut Jürgen Schwarzmann, Bürgermeister von Hönningen, sei jedoch keine Rede von einem gestörten Verhältnis.

„Wir bekommen die Prügel von den Menschen vor Ort ab. Die einfachsten Aufgaben bekommen wir nicht erledigt“, so Guido Schmitz, Bürgermeister von Kesseling.

Hubertus Kunz aus Mayschoß würde etwas mehr Demut von der Bürgermeisterin erwarten. Die mediale Wirkung der VG-Bürgermeisterin sei immens, allerdings gäbe es eine hohe Diskrepanz zu dem, was vor Ort geleistet wurde. „Es ist fahrlässig, wenn man die mediale Wirkung für die Wirklichkeit ansehen würde“, so Hubertus Kunz im Rahmen des Pressegesprächs.

Da die Ortsbürgermeister seit der Flut mit ihren Entscheidungen ihre Kompetenzen deutlich übersteigen, stünden diese quasi mit einem Bein immer im Gefängnis, hieß es. Der Rückhalt für Cornelia Weigand aus den Reihen der Ortsbürgermeister scheint deutlich zu bröckeln. Von fehlender Kommunikation, nicht stattgefundener koordinierender Arbeit und dem Versagen in den Kernkompetenzen der Verbandsgemeinde ist gar die Rede.

In Vertretung für die Ortsgemeinde Mayschoß sprach Hubertus Kunz in dem Zusammenhang von einer „ungenügenden“ Leistung.

Aufbruchsstimmung und ein positiver Blick in die Zukunft

„Alles was positiv gelaufen ist, ist in Eigenregie geleistet worden“, so die einhellige Meinung. Mit Blick auf die Zukunft hat man in den Orten der VG Altenahr noch viel vor. Von dringenden Themen und Projekten, wie einem Hochwasser- sowie Regenschutzkonzept, dem Bau neuer Gemeindehäuser (z.B. in Liers), dem Dorfwärmekonzept in Dernau bis hin zu neuen Konzepten im Bereich Tourismus. Gemeinsam habe man erkannt und sei gewillt die Zukunft zu gestalten, doch für diese riesige und spannende Aufgabe brauche man deutlich mehr Unterstützung. Es gehe darum, nicht nur zerstörte Dinge zu flicken, sondern auch neue Aspekte dabei zu berücksichtigen.

„Die Chancen sind groß, das Ahrtal wieder schöner und besser aufzubauen“, so Rüdiger Fuhrmann. In den kommenden Jahren stünde man vor der Herausforderung, den Wiederaufbau auch mit Mitteln aus anderen Töpfen zu finanzieren. „Ganz alleine werden wir das nicht stemmen!“.

Die Ortsbürgermeister der VG Altenahr haben unabhängig vom Ausgang der Landratswahl im Kreis Ahrweiler große Sorgen, dass die Verbandsgemeinde für mehrere Monate führungslos darstehen könnte. „Stillstand ist in der jetzigen Situation noch mehr Rückschritt“, lautete eine Äußerung.

Festzuhalten ist, dass alle Ortsbürgermeister durch die vergangene Zeit deutlich zusammengeschweißt wurden und mit allen Kräften daran arbeiten die VG Altenahr wieder lebenswert und zukunftsfähig zu machen, bei dem eine funktionierende und leistungsfähige Verwaltung wichtiger denn je ist.CF