Leserbrief von Ansgar Lanz zum Interview der beiden Rathscheck-Geschäftsführer, BLICK aktuell, Nr. 35. S. 24/25

„Moselschiefer ist qualitativ nicht ersetzbar“

„Moselschiefer ist qualitativ nicht ersetzbar“

Ansgar Lanz in seiner Bergmanns-Uniform. Privat

Dass das Bergwerk Katzenberg sterben soll und mit ihm der berühmte Moselschiefer, stimmt mich mehr als traurig. Noch schlimmer ist für mich die Betroffenheit von zunächst 51 Kumpeln, die ihre Arbeitsplätze verlieren sollen. Ich habe nicht mehr schlafen können.

Die Aussagen der beiden Geschäftsführer im Interview der vergangenen Woche in BLICK aktuell verwundern mich an vielen Stellen.

Für Übernahmen der Betroffenen gibt es bis jetzt keine Bemühungen. Mir ist kein Mitarbeiter bekannt, der ein Angebot erhalten hätte. Da müssten den Worten in der Presse auch schnell Taten folgen. Abgesehen davon, dass Arbeitsplätze in Steinbrüchen wohl auch 50 – 60 km oder mehr entfernt sein dürften, sofern überhaupt solche frei sind. Viele haben sich im Vertrauen auf einen sicheren Arbeitsplatz ein Häuschen gebaut und noch Abzahlungen zu leisten. Und nun das...

In Bezug auf die von der Geschäftsleitung angedeutete Frühverrentungen kann ich nur sagen: Nach meinem Wissen aus meiner früheren Tätigkeit ist mindestens die Hälfte der Mitarbeiter zwischen 30 und 55 Jahre alt. Dabei gibt es Betriebszugehörigkeiten bis 40 Jahre. Selbst bei einem sehr großzügigen Sozialplan können viele Mitarbeiter mit ihren Familien das finanziell nicht überstehen. Man muss auch bedenken, dass die Mehrzahl ihr Berufsleben ganz dieser Firma gewidmet hat. Es wurde kein anderer Beruf erlernt und nur der des Spezialisten im Schieferbergbau und der Schieferbearbeitung.

Für mich nicht nachvollziehbar ist auch, dass Maßnahmen, die der Kunden-Pflege und -Aufklärung immer erfolgreich dienten - wir hatten vorher bis zu 4000 Besucher jährlich, bestehende und potentielle Kunden wie Dachdecker, Architekten, Baubehörden – im Wesentlichen auch nicht mehr verfolgt wurden.

Ich bin auch der Meinung, dass geologische Störungen, die der Grund für die angekündigte Schließung sein sollen, hätten überwunden werden können. Früher hatten wir eine vorausschauende Abbauplanung. Davon habe ich nichts mehr feststellen können. Nach dem Abgang eines Geologen vor über einem Jahrzehnt ist ja auch keine Geologie mehr eingestellt worden. In ordentlichen Schieferabbauen sind jeweils mehrere vorbereitete Abbaustellen üblich, um mit natürlichen Störungen fertig zu werden.

Wir haben die Geschäftsführung zu meiner Zeit immer wieder auf die Zukunftssicherung der Vorkommen angesprochen. Es gab stets ausweichende selbstsichere, aber nicht konkrete Antworten. Von Herrn Rummel beispielsweise, „wir sollten uns da keine Gedanken machen. Wenn in Deutschland Schiefer-Bergwerke geschlossen würden, seien die Moselschiefer-Bergwerke wohl die Letzten.“ Das war so das Dialog- und Führungsklima.

Erforderliche Zukunfts-Vorsorgeerkundungen sind aber nicht gemacht worden, wie auch Mitarbeiter heute berichten. Vor allem nicht im Moselschiefer-Bergwerk Margareta, welches um die Jahrhundertwende strategisch modern aufgeschlossen worden war und für etwaige längerfristige, unvorhergesehene Problemfälle den Rohstoff liefern sollten und konnten.

Im Interview betonen die beiden Geschäftsleiter, dass sie auch aufgrund von Verlusten schließen werden. Wenn man als Unternehmer oder Geschäftsleitung Verluste einfährt, kann man nicht mit Untätigkeit und der Einstellung der Investitionen mit folgenden Kostensteigerungen, Produktionsausfall durch Maschinenstillstände leben wollen. Da ist zu erwarten, dass ein richtiges Konzept zur Verbesserung entwickelt wird. Das ist ausgeblieben.

Dass die Herren Rummel und Jäger gesagt haben, die Moselschiefer-Bergwerke seien die Keimzelle des Unternehmens und blieben Teil der Firmentradition, die Bergwerks-Tradition läge ihnen sehr am Herzen und man werde sich gesellschaftlich engagieren, wundert mich ebenfalls. Gesellschaftlich hat man sich auch überhaupt nicht engagiert. Fragen Sie mal in Mayen, wer die beiden Herren vor den jetzigen Diskussionen überhaupt gekannt hat. Und die Bergwerkstradition haben die beiden doch schon länger abgeschafft, nämlich die sommerliche Familien-Party, den weihnachtliche Stehkonvent und sogar das Barbarafest hat nicht mehr stattgefunden. Ich musste sogar meine Bergmanns-Uniform beim Ausscheiden abgeben, obwohl ich noch an vielen Bergmanns-Traditions-Veranstaltungen in Deutschland teilnehme und gerne weiter Werbung für Rathscheck gemacht hätte. Denke einer was er will.

In Bezug auf die Qualität des spanischen Schiefers als Ersatz für die Altdeutsche Deckung reden sich die beiden meines Erachtens auch um Kopf und Kragen. Sie verstricken sich immer mehr in Widersprüche. Einmal ist der Moselschiefer die DNA, dann wieder qualitativ gleichwertig ersetzbar. Einmal sieht man sich hier tief verwurzelt, einmal gräbt man aber diese Wurzeln endgültig aus. Einmal muss man zugeben, dass sich der Steinstand verbessert hat, einmal weiß man aber schon im Voraus, dass das nicht bleibt. Moselschiefer ist nicht ersetzbar, das wissen sogar die Kommentatoren in der online-Petition. Ob es die Herren Rummel und Jäger wirklich nicht auch wissen?

Ansgar Lanz, von 1987 bis Ende 2013 im Bergbau bei der Firma Rathscheck Schiefer, dort Betriebsratsvorsitzender von 1996 bis Ende 2013, u.a. 10 Jahre Mitglied im Industriegruppenausschuss für Nicht-Steinkohle-Bergbau bei der IGBCE, Vorsitzender der IGBCE-Ortsgruppe Moselschiefer und von 1997 bis 2016 ehrenamtlicher Richter

am Sozialgericht Koblenz