Landessportbund Rheinland-Pfalz

Die Sorgen der rheinland-pfälzischen Sportvereine werden größer

LSB erklärt seine Solidarität für gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung, sieht aber auch die Verschärfung der Probleme vieler Vereine und plädiert für eine schnelle Teilöffnung von Vereinsangeboten mit Augenmaß nach temporärem Lockdown

Die Sorgen der rheinland-pfälzischen Sportvereine werden größer

Foto: pixabay/ramazteredStudio

30.10.2020 - 11:00

Rheinland-Pfalz. Nach dem Beschluss von Bund und Ländern werden im November zahlreiche zusätzliche Infektionsschutzmaßnahmen in Kraft treten – unter anderem auch die Schließung des Breiten- und Freizeitsportbetriebs in öffentlichen und privaten Sportanlagen. Der Landessportbund Rheinland-Pfalz (LSB) bedauert, dass der auch für Rheinland-Pfalz geltende Lockdown nötig geworden ist. „Der LSB trägt die Maßnahmen jedoch mit großer Solidarität mit, sind wir doch überzeugt, dass es trotz der negativen Effekte für den Sport dieser gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung bedarf, um die Infektionszahlen wieder in den Griff zu bekommen“, so Jochen Borchert, kommissarischer Präsident des Landessportbundes. Und weiter: „Allerdings werden sich die bereits jetzt sichtbaren und die für viele noch unsichtbaren Corona-Schäden in SPORTRheinland-Pfalz durch diese Maßnahmen der politischen Entscheidungsträger nochmals deutlich verstärken“, so Borchert. „Auch berücksichtigt der generelle Lockdown leider nicht die vielfältigen und erfolgreichen Aktivitäten des Sports, der durch ein hohes Maß an Disziplin und mit der konsequenten Umsetzung von Hygiene-Konzepten erreicht hat, dass der Sport nachweislich kein Infektionstreiber ist– weder im Trainings- noch im Wettkampfbetrieb.“ So gebe es Untersuchungen, dass im Training oder bei Wettkämpfen im Außenbereich die Infektionsgefahr nicht vorhanden bzw. nur sehr gering zu sein scheine. „Insofern werden wir uns auf Bundesebene dafür stark machen, zeitnah Konzepte zu erarbeiten, wie anstatt eines in Wellen komplett heruntergefahrenen Sports auch ein dauerhaft beschränkter, aber in Teilen möglicher Sport in den nächsten Monaten auf niedrigem Niveau funktionieren kann.“


Bedeutung des Sports für Gesundheit und Gemeinschaft


Vielen Mitgliedern in Sportvereinen ist durch das vorübergehende Verbot die Bedeutung des Sports in der Gemeinschaft und der Stellenwert für das eigene Leben noch präsenter geworden. Ohne Sport und Bewegung im Verein fehlt vielen Menschen ein großes Stück Lebensqualität.

Bei der Diskussion über coronabedingte Einschränkungen bzw. die jetzt drohende temporäre Stilllegung des Sportbetriebs wird zu häufig die gesundheitsfördernde Wirkung der Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote der Vereine übersehen. Eine gute allgemeine körperliche Fitness und die positiven psychosozialen Wirkungen von Sport in der Vereinsgemeinschaft stärken das Immunsystem. Und sie können damit erstens gegen Infektionen vorbeugen und zweitens zu leichteren Verläufen von Infektionen beitragen. Insofern plädieren wir auch unter diesem Aspekt dafür, die Stilllegung mit Augenmaß auch schnell wieder rückgängig zu machen, sobald es die Infektionszahlen zulassen.

Der Wert des Sports für die Gesellschaft bemisst sich ganz besonders auch in der Bereitstellung von einmaligen Gemeinschaftserlebnissen. Dies gilt sowohl für den Spitzensport wie auch für den Breitensport. Denn Gemeinschaft bedeutet in den rund 6.000 Sportvereinen in Rheinland-Pfalz insbesondere den intensiven persönlichen Austausch unter Menschen. Dieses unmittelbare Erleben von Nähe war unter Pandemiebedingungen zunächst eine Zeit lang vollständig untersagt, gelang in den vergangenen Wochen aufgrund der gebotenen Distanz nur mit deutlichen Abstrichen wieder einigermaßen gut und wird jetzt – wenn auch nur temporär – wieder untersagt. Auch für viele weitere wertvolle gesellschaftliche Leistungen des Sports – wie Integration, Inklusion, Sport für Ältere, Kinder- und Jugendarbeit, Bildung, Gesundheit, gelebte Demokratie etc. – bleibt im Krisenmodus nur wenig Raum. Von einem vollumfänglichen Angebot des gemeinnützigen Sports an die Gesellschaft sind wir ohnehin noch weit entfernt. Insbesondere bereitet uns die Mitgliederentwicklung im Kinder- und Jugendsport Sorge. Besonders der Wegfall des Wettkampfgeschehens und die vorübergehende Aussetzung in diesem Altersbereich sowie derzeit häufig weiter eingeschränkte bzw. jetzt wieder die drohende komplette Aussetzung der Trainingsmöglichkeiten sind hier von Bedeutung.

Die Corona-Pandemie bringt aber auch die einmaligen Stärken der großartigen Solidargemeinschaft der Sportvereine hervor. Insbesondere kleine Vereine sind in den letzten Monaten aufgrund ihrer ehrenamtlichen Strukturen relativ robust durch die Krise gegangen. Die Sportvereine haben seit März 2020 vielfach Verantwortung übernommen. Sie haben Einschränkungen, Sportverbote und Corona-Verordnungen umgesetzt, Einkaufs- und Nachbarschaftshilfen organisiert, digitale Bewegungsangebote für ihre Mitglieder während des Lockdowns ausgebaut und nach dessen Beendigung Hygienekonzepte zum Wiedereinstieg in den Sportbetrieb entwickelt. Damit waren die so wichtigen Gemeinschaftserlebnisse im Vereinssport wieder möglich. Sie sind unabdingbar für die Funktion der Sportvereine als Impulsgeber für Gesundheit, Leistungsförderung, Bildung, Integration und Inklusion.


Wirtschaftliche Folgen des Lockdowns und Mitgliederentwicklung


Aufgrund der weiterhin anhaltenden Pandemie drohen im wirtschaftlichen Bereich der Vereine über alle Ebenen hinweg immense Folgen. Gewohnte Einnahmen fallen in vielfältiger Form weg: Ohne Vereinsfeste, Turniere oder Wettkämpfe mit Zuschauer*innen, Leistungen für Sponsoren, Kursangebote usw. und die damit verbundenen Einnahmen sind viele Angebote der Vereine und Verbände schon jetzt erkennbar schwerlich aufrecht zu erhalten. Mittelfristig sind wichtige Strukturen in ihrer Existenz bedroht – und damit ist die weltweit hoch anerkannte Vielfalt der Vereinslandschaft in Deutschland und Rheinland-Pfalz akut gefährdet.

Dass schon jetzt die Entscheidung getroffen wurde, das Vereinshilfeprogramm des Landes „Schutzschild für in Not geratene Vereine“ bis Ende des nächsten Jahres zu verlängern, ist eine gute Entscheidung, die wir als organisierter Sport sehr begrüßen, werden dadurch doch Vereine und Verbände in ihrer Existenzsicherung unterstützt. Auch wenn die Antragslage im Vereinshilfeprogramm des Landes weiterhin überschaubar bleibt, gehen wir weiterhin fest davon aus, dass mit zunehmender Dauer der Krise dennoch den allermeisten Vereinen „coronabedingt“ zusätzlich Liquidität und Substanz entzogen wird. Daraus möglicherweise resultierende Beitragserhöhungen wären angesichts aktuell ohnehin zunehmender sozialer Ungleichheit kein gutes Instrument. Vielmehr für weniger wohlhabende Mitglieder ein Grund, ganz aktuell über eine Kündigung ihrer Mitgliedschaft in der gerade in der jetzigen Situation so wichtigen „Sozialisierungsinstanz Sportverein“ nachzudenken. Insofern macht sich der Landessportbund gemeinsam mit den drei regionalen Sportbünden stark für ein zusätzliches oder ergänzendes Hilfsprogramm, das den Vereinen über die reine Insolvenzvermeidung wieder eine Perspektive bietet, um gezielt Programme zur Mitgliederbindung und -gewinnung zu initiieren, um so auch weiterhin dauerhaft ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Stabilität auch nach der Krise gewährleisten zu können.

Wirtschaftlich trifft die Coronapandemie besonders größere Vereine mit eigenen Sportanlagen, bezahltem Personal und umfangreichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, da diese ihre Fixkosten nur bedingt reduzieren können. Das gilt auch für Vereine im semiprofessionellen (3. und 4. Ligen) und professionellen (1. und 2. Ligen) Wettkampfsport. Mit Ausnahme der 1. und 2. Fußball-Bundesliga sind diese wirtschaftlich in hohem Maße von Ticketverkäufen abhängig. Das wird durch die bislang beschlossenen öffentlichen Coronahilfen des Bundes noch nicht ausreichend berücksichtigt. Hier braucht es eine passgenaue Abstimmung zwischen Bundeshilfen und Hilfen auf Landesebene. Und es braucht eine unbürokratischere Umsetzung als bislang vorgesehen.

Ob und wie lange die Vereinsmitglieder diese deutlichen Einschränkungen über einen längeren Zeitraum in Kauf nehmen, wird sich bei der Entwicklung der Mitgliederzahlen Ende des Jahres 2020 und in den Folgejahren zeigen. Dies gilt neben den Mitgliedern in noch stärkerem Maße für die Ehrenamtlichen, von denen viele seit Wochen und Monaten im Ausnahmezustand für ihre Vereine unterwegs sind. Sie kämpfen an der Basis um das Überleben ihres Vereins, versuchen, die zahlreichen Aktivitäten unter Einhaltung der besonderen Pandemie-Bedingungen zu ermöglichen und sind in der Flut von Genehmigungen, Verordnungen sowie der damit verbundenen Antragsbürokratie gefangen.

Schon jetzt ist festzustellen, dass die unterjährigen Mitgliedereintritte zum Ausgleich der üblichen Fluktuation derzeit ausbleiben. Die sich andeutenden Mitgliederrückgänge (Schätzungen schwanken zwischen 5 und 15 Prozent) werden die finanzielle Basis des Vereinssports und die Finanzierung der Sportbünde und -verbände schwächen. Der LBS ist überzeugt, dass die meisten Sportvereine diese Entwicklung mittel- bis langfristig kompensieren werden. Aber in der aktuellen Situation benötigen sie unabdingbar zusätzliche öffentliche Unterstützung, mittelfristig insbesondere zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit, längerfristig zur Mitgliederbindung und -gewinnung. Denn sie sind mit Einnahmenausfällen konfrontiert und Vereine können aufgrund der gesetzlich eingeschränkten Möglichkeit zur Rücklagenbildung nur in geringem Umfang auf Rücklagen zurückgreifen, um die Krise zu bewältigen. Die öffentlichen Hilfen dürfen nicht erst nach vollständiger Auflösung der freien und zweckgebundenen Rücklagen fließen, müssen unbürokratischer gestaltet werden, um das Ehrenamt nicht zusätzlich zu belasten.

Pressemitteilung

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