Kurzweilige Lesung mit Elisabeth Jumpelt im Köllenhof
Lebendige Erinnerungen
Wachtberg-Ließem. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie startete die fast neunzigjährige Autorin Elisabeth Jumpelt aus Pech die Lesung ihres Manuskripts „Out of Holland“.
Gekonnt imitierte und zitierte sie den Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki und dessen ätzende Kritik an alten Autoren, die unbedingt noch ihre Lebenserinnerungen kurz vor ihrem Ableben schreiben müssen. Nach dem Motto „Ich schreibe, also bin ich“ führe das regelmäßig in die literarische Apokalypse, so der bekannte, im letzten Jahr verstorbene Kritiker. Doch für die Kindheits- und Jugenderinnerungen von Elisabeth Jumpelt trifft dieses negative Urteil keineswegs zu, wovon sich kürzlich die Gäste ihrer Lesung im Köllenhof auf Einladung des Wachtberger Büchereiverbundes überzeugen konnten. Sehr lebendig und mit viel Wortwitz hatte die Schriftstellerin ihre Texte verfasst. Mit trockenem Humor trug Jumpelt Episoden aus ihren Kinderjahren in Holland vor.
Die Tochter einer Deutschen und eines Niederländers erzählte Geschichten wie die ihres Onkels William, einem smarten Tunichtgut, dem es gelang, ein Leben ohne Arbeit zu verbringen. Sie begleitete die Zuhörer in den eleganten Hutsalon der Tante, die dank des Geschäfts ihre und Williams Existenz sichern konnte. Vergnügt folgte man dieser Lesereise in die Welt Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre.
Dunkle Schönheit
Geschickt verbindet Elisabeth Jumpelt in ihrem Manuskript private Erinnerungen mit dem Kolorit ihrer Jugendzeit. Sie erzählt von den Auftritten der bildschönen Tänzerin Josephine Baker oder den niederländischen Kolonien in Asien. Immer wieder verknüpft sie die Erlebnisse ihrer Familie mit der „großen“ Geschichte.
So wirkt der Besuch der zehnjährigen Elisabeth bei einer jüdischen Klassenkameradin im Rückblick wie eine Mahnung, obwohl die Autorin nur konsequent aus der Perspektive eines Kindes die für sie fremde Welt einer Familie mosaischen Glaubens in den Niederlanden beschreibt. Doch die Schilderung dieser Begegnung reicht, um das bald darauf folgende grausame Schicksal der Juden in der Nazizeit gegenwärtig werden zu lassen.
Immer wieder erstaunte Jumpelt ihr Publikum mit ihren präzisen und detailreichen Erinnerungen, die achtzig Jahre und länger zurückreichen.Durch Gespräche mit ihren holländischen Verwandten frischt die Autorin ihr Gedächtnis anscheinend mühelos auf, um diese Episoden mit einer jungen und klaren Stimme vorzutragen. Dabei hatte sie die Lacher auf ihrer Seite, als sie beispielsweise von den Tapezierarbeiten ihrer Eltern berichtet, die mit einer Tulpenmustertapete ihr Heim auf bizarre Weise verschönerten.
Ortswechsel
Obwohl sich mit dem Umzug nach Berlin („das liegt kurz vor Polen“) für Elisabeth die Lebensumstände radikal änderten, kam der Teenager in seiner lakonischen Art auch mit diesem Lebensabschnitt jenseits der holländischen Idylle zurecht.
Gerne hätten die Gäste im Köllenhof noch mehr von dieser Zeit erfahren, als der Leiter des Wachtberger Büchereiverbundes, Dieter Dresen, die Autorin zu den Kriegsjahren in Deutschland befragte. Alle waren sich einig in dem Wunsch, dass Elisabeth Jumpelts Erinnerungen „Out of Holland“ bald in Buchform vorliegen sollten. Am Ende des Abends lud Dieter Dresen die Gäste der Lesung gleich zur nächsten Veranstaltung des Büchereiverbundes am 5. Juni, um 19 Uhr in den Köllenhof ein. Dann liest der Autor Ulf Kartte aus seinem neu erschienenen Mafia-Krimi „Vogelfrei“.
Pressemitteilung der
Gemeinde Wachtberg
