Als verschollen geltendes Wegkreuz kommt wieder nach Bad Neuenahr

Bad Neuenahr. Richard Lindner strahlt. Für den Bad Neuenahrer Ortsvorsteher wurde ein Anruf seines Kollegen Stefan Hübinger aus Gimmigen zu Weihnachten und Ostern an einem Tag. Denn Hübinger teilte ihm mit: „Ich hab‘ da was, das könnte euch gehören.“ Lindner, für schnelle Reaktionen bekannt, eilte in den östlichen Stadtteil. Inaugenscheinnahme: Auf einer Palette lag das Mittelstück des Wegekreuzes vom Platz an der Linde in Bad Neuenahr, das seit der Flut als verschollen galt. Das Kreuz mit der Jahreszahl 1758 markierte einst die Gerichtsbarkeit Wadenheim. „Nun soll das Fragment einen würdigen Platz auf dem neuen Platz am der Linde finden“, sagte Lindner sowohl im jüngsten Stadtrat, als auch bei der Informationsveranstaltung der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft (AuEG) zum neuen Zentrum des Heilbades.
Der Platz an der Linde inmitten der Bad Neuenahrer Innenstadt soll wieder zu einem Ort der Begegnung und der Kommunikation mit hoher Aufenthaltsqualität werden. Das war der Tenor im Stadtrat der Kreisstadt als auch in einem von der (AuEG) organisierten Bürgerdialog. Der Platz war in der Flutnacht völlig überschwemmt worden, Autos wurden ineinandergeschoben und aufeinandergestapelt, Pflastersteine und Bänke wurden weggespült, Papierkörbe wurden von den Wassermassen fortgerissen.
Provisorisch wurde der Platz mit mobilen Elementen nach einem Ideencafé auf Initiative des Ortsbeirates neugestaltet. Nun soll es an den endgültigen Neubau des zentralen Platzes kommen.
Ausbleibende Kunden
Den Anliegern – in ihrer Mehrzahl Einzelhändler und Gastrobetriebe – schwant indes Schlimmes: Die Bauzeit ist mit fast zwei Jahren kalkuliert. Bedeutet: Nach Corona, der Flutkatastrophe gibt es nun auch im Wiederaufbau des Platzes rundherum erhebliche Umsatzeinbußen. Eine Geschäftsfrau, die dort einen Laden betreibt: „Ich halte das nicht mehr lange durch.“ Seit Monaten ist die City eine Großbaustelle. Hans-Georg Heinzen berichte von Umsatzeinbußen und ausbleibenden Kunden.
Auch Volker Danko, Vorsitzender der beiden Wertegemeinschaften Bad Neuenahr und Ahrweiler, sorgt sich um die durch die Bauarbeiten entstehenden Einnahmeverluste. Indem die Bauarbeiten abschnittsweise vollzogen würden, könnten die Verluste vielleicht abgemildert werden. Und Architekt Hans-Peter Schmidt unterstrich: „Der Platz muss in der Saison bespielbar bleiben.“ Dewssen Gestaltung sei in einem halben Jahr zu schaffen.
Bereits im Stadtrat wies Bürgermeister Guido Orthen auf die aktuell laufenden 131 Einzelmaßnahmen im Wiederaufbau hin. Bei solchen Vorhaben könne es immer durch unvorhersehbare Ereignisse zu zeitlichen Verschiebungen des anvisierten Fertigstellungstermins kommen. Orthen: „Je weiter ein voraussichtlicher Fertigstellungstermin in der Zukunft liegt, desto höher ist das Risiko, dass es aufgrund nicht vorhersehbarer Entwicklungen zu Verschiebungen kommt.“ Baubeginn am Platz an der Linde mitsamt dem dort liegenden Teilabschnitt der Kreuzstraße bis zur Hans-Frick-Straße soll im Januar 2026 sein. Ende 2027 – also nach rund zwei Jahren – will man fertig sein.
Nachhaltiger Wiederaufbau
„Nachhaltig“ soll der Wiederaufbau erfolgen, „klimaangepasst“ soll gebaut werden. Hauptziel: die Steigerung der Aufenthaltsqualität. Einheimische wie Gäste sollen gerne in die Innenstadt und zum Platz an der Linde mit seinen öffentlichen wie auch privaten Nutzungsmöglichkeiten kommen. Neben verbesserten Regenwassernutzungen durch Zisternen soll insbesondere mehr Grün in die Stadt: Der eher von Pflasterstein-Tristesse geprägte Platz – an dem einst das „Palasthotel“ stand - soll mit Bäumen und Sträuchern gestaltet und zur Oase werden.
Wie Reinhold Goisser von der Aufbaugesellschaft erläuterte werden sich die Grundzüge der Neugestaltung an der bereits bewährten Gestaltungsbasis, die in den Bürgerworkshops geschaffen wurden, orientieren. Allerdings soll es mehr Bäume und ein im Boden – ähnlich wie am Alter Markt – verankertes Wasserspiel geben. Offene Baumbeete sollen eine Gartenatmosphäre schaffen, das vorgesehene granitgraue Betonsteinpflaster kommt übrigens – anders als in der benachbarten Poststraße - nicht aus China, sondern aus der Region. Wie berichtet hatte es mit der Ware aus Fernost erhebliche Lieferzeitprobleme gegeben. Säulenleuchten sollen dem Platz eine besonders elegante Note geben und für eine angenehme Illuminierung sorgen. Schnurbäume („Styphnolobium japonicum“) sollen breitgefächerten Schatten spenden. Die namensgebende Kaiserlinde, die in Richtung zur südlichen Poststraße gepflanzt wird, soll ebenso im Sommer Hitze abhalten.
Ein bespielbares Brunnenfeld mit 13 Fontänen wird nach der jetzigen Planung dem Platz eine besondere Note geben, von dem zumindest in den Sommermonaten auch die vorhandene Außengastronomie profitieren soll. Die Planung stieß durchaus auf Wohlwollen, die Sorge um eine zu lange Bauzeit überwog jedoch im Bürgerdialog der Aufbaugesellschaft.
Stimmen aus dem Stadtrat
Im Stadtrat hatte die Planung bereits am vergangenen Montag für durchweg positive Reaktionen gesorgt. Wenngleich man auch bei der Baumauswahl Diskussionsbedarf entwickelte, so zeigte man sich insgesamt im Konsens. Für die CDU-Fraktion sah David Bongart „in dieser Planung das Ergebnis eines konstruktiven Prozesses, in dem die Ideen des Kernteams, die Rückmeldungen aus dem Ortsbeirat und die Anregungen aus der Bürgerschaft in gelungener Weise zusammengeführt wurden“. SPD-Fraktionsvorsitzender Werner Kasel lobte nicht nur die Gesamtgestaltung, sondern freute sich auch darüber, dass mehr Bänke vorgesehen sind. Insgesamt sprach er von einer klimaresilienten Neugestaltung. FDP-Fraktionssprecher Rolf Deißler lobte die gut strukturierte Übersichtlichkeit des Platzes“ und die verbesserten Möglichkeiten für die Außengastronomie. Die Freien Wähler und die Linke freuten sich über 13 zusätzliche Bäume und die vorgesehenen Teilentsiegelung. Und Martin Kallweitt hatte für die AfD „keine Änderungswünsche“. Ablehnung gab es lediglich von den Grünen. GS

Ortsvorsteher Richard Linder mit einem Foto des alten Wegekreuzes von 1758, das seit der Flut als verschollen galt. Foto: GS