Ausstellung „Menschen auf der Flucht“ in Andernach

Blick auf geflüchtete Menschen gerichtet

Blick auf geflüchtete Menschen gerichtet

Hubert Wölwer (AI Neuwied) und Katja Büchner – vereint im menschendienenden Geiste. Fotos: MKA

Blick auf geflüchtete Menschen gerichtet

Eröffnung der Ausstellung „Menschen auf der Flucht“ im Historischen Rathaus in Andernach: Auch Oberbürgermeister Achim Hütten und Kreisbeigeordneter Rolf Schäfer waren gekommen.

Blick auf geflüchtete Menschen gerichtet

Zu den Gästen zählten auch ehemalige Flüchtlinge, die heute in der Bäckerjungenstadt leben. Dunja Queen Mohamed (5) aus Somalia geht begeistert in ihren Kindergarten und lebt gerne am Rhein.

Andernach. Paris, 10. Dezember 1948: Die Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, auch UN-Menschenrechtscharta genannt. 30 Artikel definieren seitdem einen Standard für das weltweite menschliche Miteinander, der, bei konsequenter Einhaltung, eine bessere, weil menschenwürdigere Welt garantiert. 70 Jahre nach diesem historischen Datum sind nach Schätzungen des UNO- Flüchtlingswerks rund 70 Millionen Menschen auf der Flucht – so viele wie noch nie.

Die in der vergangenen Woche im Historischen Rathaus Andernach eröffnete Ausstellung „Menschen auf der Flucht“ der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI), Gruppe Neuwied, und des Fördervereins Flüchtlingshilfe Andernach e.V., behandelt schwerpunktmäßig den Artikel 14 der Charta „Jeder hat das Recht, in anderen Ländern Asyl zu suchen und zu genießen“.

Ursachen der Flucht

liegen auch in Europa

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte diente für viele Verfassungstexte als Vorlage und gilt für die Europäische Union als Standard für Moral und Ethik. Doch die damals in guter Absicht definierten Rechte und Selbstverständlichkeiten haben offenbar für einige Politiker keine Relevanz. Selbst in der europäischen Staatengemeinschaft muss eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Schicksalen von Menschen in anderen Ländern beklagt werden. Am Rednerpult wurde der internationale, schändliche Missstand vor zahlreichen Gästen auf den Punkt gebracht. Oberbürgermeister Achim Hütten: „In Europa gibt es seit 1945 keine Konzentrationslager mehr. Aber das, was in Libyen passiert mit Menschen, die aus Afrika ans Mittelmeer wollen, das grenzt an Konzentrationslager.“ In einem Jahrzehnt habe sich die Zahl der Flüchtlinge fast verdoppelt, stellte der Kreisbeigeordnete Rolf Schäfer fest. „Das ist aus der Menschenrechtscharta geworden!“ Hubert Wölwer (AI Neuwied) sprach auch das Gewissender Anwesenden an: „Wir müssen zugeben, dass wir in Europa an den Menschenrechtsverletzungen eine Mitschuld haben – sei es durch Waffenlieferungen, unfaire Handelsbeziehungen oder dadurch, dass wir über unsere Verhältnisse leben.“

Eine zugleich bedrückende wie erfreuliche Dokumentation

Die Vorsitzende des Fördervereins Flüchtlingshilfe Andernach, Katja Büchner, fand herzliche Worte für die bei der Ausstellung anwesenden Flüchtlinge, die heute Andernacher Bürger sind und auf den Stellwänden der Ausstellung mit Fotos und Hintergrundgeschichten dem Betrachter als erfreuliche Beispiele für eine gelungene Flüchtlings-Integration nähergebracht werden. So zum Beispiel die fünfköpfige Familie Ajo aus der syrischen Stadt Afrin, die seit 2015 in Andernach wohnt: „Unser Herz und die große Traurigkeit gehören unserer ersten Heimat Syrien. Unsere Hoffnung auf ein sicheres Leben gehört unserer zweiten Heimat Andernach.“ Es stellt sich auch der Journalist Nasa Azizi aus Kabul vor, der sich 2015 gezwungen sah, aufgrund kritischer Berichterstattung in Deutschland Asyl zu beantragen, sowie Mariam Mohamed Saleh und ihre Tochter Dunja Queen Mohamed (5) aus Somalia. Sie leben seit 2012 in Andernach. „Ich bin glücklich, dass meine Tochter Dunja im sicheren Deutschland aufwachsen und lernen darf. Im Moment suche ich Arbeit und glaube an mich, dass ich bald etwas finde. Ich möchte dies vor allem für meine Tochter schaffen. Sie soll stolz auf mich sein“, liest man unter dem Bild der beiden.

Katja Büchner überreichte dem Sprecher der Neuwieder Amnesty-Gruppe eine Spende von 100 Euro. Musikalisch begleitet wurde die Ausstellungseröffnung von Amnesty-Mitglied Maximilian Siebler, der zu seiner Gitarre Songs der Friedens- und Protestbewegung sang.

Die beeindruckenden Fotos, die Amnesty International von der international unabhängig tätigen Agentur Magnum Photos zur Verfügung gestellt wurden, zeigen Schicksale und Lebensumstände von Menschen, die aufgrund von Krieg, Verfolgung und Diskriminierung ihr Heimatland verlassen mussten. Auf 30 Plakaten werden die Besucher an verschiedene Themen der Menschrechtsarbeit herangeführt. Die Neuwieder Gruppe der weltweiten Non-Profit-Organisation Amnesty International arbeitet an globalen Fragestellungen der Menschenrechtsarbeit, unterstützt aber auch die aktive Arbeit mit Flüchtlingen vor Ort. So kam es zur Ausstellungs-Kooperation mit dem Verein Flüchtlingshilfe e.V. in Andernach. Der Verein ergänzt in Andernach seit 2015 die kommunale Flüchtlingsarbeit, indem er beispielsweise Vorträge organisiert, Asylsuchende zu Behörden begleitet, bei Übersetzungen und beim Vorlesen in der Schule hilft. In der Ausstellung „Menschen auf der Flucht“ zeigen die Ehrenamtlichen erfreuliche Beispiele einer örtlich gelungenen Flüchtlings-Integration.

Die Ausstellung „Menschen auf der Flucht“ kann noch bis zum 10. Februar im Historischen Rathaus Andernach (Kramgasse) besucht werden. Die Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 17 Uhr (Donnerstag bis 18 Uhr); Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Informationen über die Aussteller findet man unter www.www.fluechtlingshilfe-andernach.de bzw. www.neuwied.amnesty-international.de.