Aktivgemeinschaft Sinzig im Faktencheck
„Schmutzkampagne“ oder nachvollziehbare Kritik?
Heftige Vorwürfe wurden gegen den Vorsitzenden der Sinziger Aktivgemeinschaft „Wir sind Sinzig – Gewerbe & Touristik e.V.“ erhoben
Die 1983 gegründete Sinziger Aktivgemeinschaft (AG) ist vielen in der Region bekannt durch Heimatfeste, wie das „Sprudelnde Sinzig“ oder den „Weinsommer“. Auch die neue Weihnachtsbeleuchtung, die seit 2018 für vorweihnachtliche Stimmung in der Barbarossastadt sorgt, wurde von den Sinziger Unternehmern mit Reiner Friedsam an der Spitze als ehrenamtliche Leistung der Aktivgemeinschaft stolz präsentiert.
Doch, wie so häufig, wenn es um Gelder in nicht geringer Höhe geht, kommen schnell Gerüchte auf, dass diese unsachgemäß verwendet würden. So auch im Falle der Aktivgemeinschaft. Reiner Friedsam, der seit 2018 erneut zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde, informierte BLICK aktuell beispielsweise über Diskrepanzen, die unter seinem Vorgänger Andreas Schwerter entstanden waren.
Auch über die jüngste Amtszeit von Reiner Friedsam ranken sich viele Spekulationen. Diese gipfelten im noch jungen Jahr 2021 in zwei anonymen Briefen, die BLICK aktuell vorliegen. Sie beinhalten heftige Vorwürfe gegen den Verein und den ersten Vorsitzenden. Da BLICK aktuell anonyme Kritik grundsätzlich nicht aufnimmt, sehen wir von einer Veröffentlichung der Briefe ab. Da die Vorwürfe immer weiter in der Stadt kursieren und Reiner Friedsam durch eine ausführliche Stellungnahme aus seiner Sicht in der Rhein Zeitung seinen Beitrag zur Veröffentlichung der Vorgänge leistete, hat sich BLICK aktuell zu einer detaillierteren Berichterstattung entschlossen. Wir sind den Anschuldigungen in unserem nachfolgenden Faktencheck auf den Grund gegangen.
Reiner Friedsam sieht „Schmutzkampagne“ und kontert mit Kritik
In seinem Statement gegenüber BLICK aktuell sieht Reiner Friedsam eine Schmutzkampagne gegen seine Person und einen Zusammenhang mit seiner Kandidatur zum rheinland-pfälzischen Landtag. Er berichtet zunächst von Vorgängen, die gegen den „alten“ Vorstand unter dem 1. Vorsitzenden Andreas Schwerter und Stellvertreter Harald Monschau sprechen, die bis 2017 im Amt waren.
Einerseits moniert er, dass auch in der Amtszeit seines Vorgängers die Aufträge der Aktivgemeinschaft nicht immer gleichmäßig an die Sinziger Unternehmen vergeben wurden. Darüber hinaus kritisiert er deutlich, dass in der Amtszeit seines Vorgängers zu hohe GEMA-Gebühren bezahlt wurden. Er schreibt wörtlich: „In den Unterlagen 2017 findet sich eine außergewöhnlich hohe Rechnung seitens der GEMA über 5.267,29 Euro! Im Zeitraum 2018 sind dagegen lediglich 494,40 Euro für die Durchführung der von mir ordnungsgemäß angemeldeten Veranstaltungen der Aktivgemeinschaft seitens GEMA in Rechnung gestellt worden.“
Weiter gibt er uns zur Veröffentlichung über seine Vorstandstätigkeit folgende Auskunft: „Dem Vorstand wurde für die Geschäftstätigkeit sowie der Kassenführung für 2018 und 2019 Entlastung erteilt.“
Um nach diesen Vorwürfen wieder auf die Fakten zu kommen, lohnt sich ein Blick in die Satzung des Vereins.
Der satzungsgemäße Auftrag
Laut Satzung von „Wir sind Sinzig – Gewerbe & Touristik e.V.“ in Sinzig kurz „Aktivgemeinschaft“ genannt, ist folgender Zweck vorgesehen: „Der Verein verfolgt den Zweck, unter Einbeziehung aller an der Entwicklung der Stadt Sinzig interessierten Kräfte gemeinsam das wirtschaftliche und soziale Wohl der Bevölkerung zu fördern, die Attraktivität der Stadt Sinzig als Wohn-, Beschäftigungs- und Einkaufs- und Tourismusort zu erhalten und zu stärken, sowie die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt zu steigern.“
Und weiter: „Der Verein ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Die Mittel des Vereins dürfen nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Es darf keine Person oder sonstige Institution durch Ausgaben, die dem Zweck des Vereins fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütung besonders begünstigt werden.“
Engagement des Vorsitzenden Reiner Friedsam
Wenn es um die Aktivitäten der Sinziger Aktivgemeinschaft geht, gibt es viel Lob. Dies betrifft übrigens die Vorgänger im Amt des 1. Vorsitzenden ebenso wie den aktuellen Vorsitzenden Reiner Friedsam. „Er ist sehr fleißig“, oder „er ist sehr präsent bei allen Veranstaltungen“ sind lobende Worte, die oft zu hören sind. Viel Zeit steckt Reiner Friedsam in die Vorbereitungen des Stadtfestes „Sprudelndes Sinzig“. Beim Sinziger „Weinsommer“ steht Harald Monschau als stellvertretender Vorsitzender in der Verantwortung. Auch das „Frühlingserwachen“ oder der „Sinziger Herbstzauber“ erfordern von einem Vorsitzenden hohes Engagement und Präsenz, ebenso wie das Krisenmanagement im Corona-Lockdown. Und dass dies vorhanden ist, konnte man in den letzten Jahren der örtlichen Presse entnehmen.
Um diese Aufgaben bewältigen zu können, erhält die Aktivgemeinschaft einen jährlichen Zuschuss der Stadt Sinzig in Höhe von 10.000 Euro. Die Verwendung muss nach Angaben der Stadtverwaltung folgendermaßen geregelt sein: „Der Zuschuss wird für die Durchführung von Veranstaltungen der Aktivgemeinschaft nach Anforderung durch diese unter Vorlage von Verwendungsnachweisen ausgezahlt.“
Bei den vielen positiven Erkenntnissen bleibt die Frage, wieso gibt es aber dennoch heftige Kritik an der Amtsführung von Reiner Friedsam? Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob diese Kritik berechtigt ist? BLICK aktuell versucht mit einem Faktencheck Licht ins Dunkel zu bringen. Fragen gingen sowohl an die Aktivgemeinschaft, an die Sinziger Stadtverwaltung und weitere Werbegemeinschaften und Vereine in der Region.
Hierbei konnte BLICK aktuell feststellen, dass Christian Weidenbach als Büroleiter in der Sinziger Verwaltung ebenso offen und professionell mit der Beantwortung der Fragen umging wie viele andere Ansprechpartner. Erheblich schwieriger dagegen war es, die Informationen von der Vorstandsspitze der Aktivgemeinschaft zu erhalten. Die Begründung für diese Zurückhaltung liefert Reiner Friedsam mit folgenden Worten: „Ich habe lange mit Harald Monschau darüber beraten, ob wir als Aktivgemeinschaft und ich als persönlich angesprochene Person dem Ansinnen nachkommen sollen. Denn die in den anonymen Schreiben vorgetragenen Vorwürfe erscheinen bereits auf den ersten Blick so unrealistisch, dass hier leicht die Absicht erkennbar wird, die der oder die VerfasserIn damit hegen.“
Ob alle Vorwürfe wirklich „unrealistisch“ sind, zeigt unser Faktencheck.
Vorwurf 1: Praxis der Auftragsvergabe
Ein deutlicher Kritikpunkt ist die Auftragsvergabe innerhalb der Aktivgemeinschaft. Es steht die Behauptung im Raum, dass überwiegend die Aufträge über die Agentur des Vorsitzenden abgewickelt werden und Aufträge verstärkt über das Internet weitervermittelt werden, obwohl auch langjährige Mitgliedsbetriebe oder ortsansässige Unternehmen in der Lage sind, diese Aufträge abzuwickeln.
Auf die direkte Frage an den Vorsitzenden, in welcher Höhe Aufträge an Vorstandsmitglieder in den letzten drei Jahren vergeben wurden, erhielt BLICK aktuell nur eine Antwort für das Jahr 2018. Eine Antwort für die Jahre 2019 und 2020 liegt BLICK aktuell, trotz mehrfacher Nachfrage, zum Redaktionsschluss nicht vor. Die Antwort für 2018 ist explizit von Reiner Friedsam nicht zur Veröffentlichung freigegeben und wurde nur als „Vereinsintern zur Information“ vorgelegt. Alle Mitglieder von „Wir sind Sinzig – Gewerbe & Touristik e.V.“ können die Unterlagen allerdings nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung einsehen und sich selbst ein Bild davon machen.
Bei BLICK aktuell hat die Einsicht der Unterlagen weitere Fragen aufgeworfen. Auf diese erhielten wir ebenfalls keine Auskunft des Vorsitzenden.
Vorwurf 2: Gehaltszahlungen an den Vorsitzenden
Der zweite Faktencheck beschäftigt sich mit dem Vorwurf von möglichen Gehaltszahlungen an den Vorsitzenden für seine ehrenamtliche Tätigkeit. Nach unseren Recherchen gibt es in 2018 keine Gehaltszahlung. Der Vorwurf hält dem Faktencheck somit nicht stand. Auf die direkte Frage an den ersten Vorsitzenden, inwieweit Aufwandsentschädigungen an ihn und andere Vorstandsmitglieder in den Jahren 2018 bis 2020 gezahlt wurden, erhielt BLICK aktuell ebenfalls ausschließlich eine Antwort für das Jahr 2018 und diese ist ebenso nur vertraulich.
Die Bewertung, ob eventuelle Zahlungen für Aufwandsentschädigungen oder sogar Dienstleistungspauschalen im ehrenamtlichen Vereinswesen vorhanden und satzungskonform sind, können wir erst dann aufklären, wenn uns die dazu erforderlichen Prüf-Unterlagen nachgereicht und freigegeben werden.
Vorwurf 3: Auftragsvergabe Weihnachtsbeleuchtung
Ein weiterer Faktencheck betrifft die neue Weihnachtsbeleuchtung. Seit 2018 erstrahlt in der Weihnachtszeit die Barbarossastadt in neuem Glanz. In Sinzig ist unstrittig, dass dies eine sinnvolle und bezaubernde Investition für viele Jahre ist.
Die Stadtverwaltung teilt auf Anfrage von BLICK aktuell sehr transparent mit, dass insgesamt ca. 40.000 Euro in die neue Weihnachtsbeleuchtung investiert wurden. Die Ausgangslage war aus Sicht der Stadtverwaltung folgende: „Im Jahr 2017 wurde mit der Recherche bzgl. Anbieter für individuelle, städtische Weihnachtsbeleuchtungskonzepte begonnen. Bedingung bei der Suche nach einem geeigneten Anbieter war, dass dieser in der Lage sein musste, stadtspezifische Elemente für eine professionelle Weihnachtsbeleuchtung in einem Gesamtkonzept zu kreieren. Von den Anbietern, die dies leisten konnten, hatte der Hersteller MK-Illumination die beste Expertise und die besten technischen Daten bzgl. Nachhaltigkeit und Wartungsaufwand. Daher wurde mit dem künstlerischen Entwurf und der Umsetzung die Firma „Sign & Shop“ aus Bonn beauftragt, die als Generalvertreter für MK-Illumination in der Region fungiert. Da einer der Geschäftsführer in Sinzig wohnt, konnten aufgrund der Heimatverbundenheit und der räumlichen Nähe Sonderkonditionen ausgehandelt werden.“
Bemerkenswert ist die Vorgehensweise: Die Stadtverwaltung übernimmt die Konzeption, die Ausschreibung und die Auftragsvergabe. Die Aktivgemeinschaft bezahlt die Rechnung, erhält einen Zuschuss und wird Inhaber der Beleuchtung. Auf Nachfrage, wieso die ortsansässigen Elektrounternehmen nicht um ein Angebot gebeten wurden, verweist die Stadt auf die Ausschreibungs-Kriterien. Reiner Friedsam schreibt in seinem Statement hierzu: „Anfragen bei Sinziger Unternehmen haben nach meinem Kenntnisstand kein verwertbares Angebot ergeben.“ Weiter teilt Friedsam mit, dass neben Angebot und Auftragsvergabe auch die Konzeption über die Stadt abgewickelt wurde. In seiner E-Mail vom 19. November 2018 an die Mitglieder der Aktivgemeinschaft schreibt Friedsam: „Die seitens Verwaltung unter Federführung von Maike Gausmann-Vollrath erstellte Konzeption konnte seitens der AG mittels Sternenpatenschaften umfangreich erweitert werden.“
Seine Rolle als Vorsitzender war nach eigener Aussage lediglich im Zusammenhang mit der Stadt eine „gemeinsame Auftragsabstimmung mit der Aktivgemeinschaft“. Auffallend ist die Konzeption und Durchführung des Sponsorings für den Sinziger Sternenzauber mit den Sternenpatenschaften. Im August 2018 wurden die Sinziger aufgerufen Patenschaften für die neue Weihnachtsbeleuchtung zu übernehmen. Die Konzeption hierfür hatte nicht, wie dem Flyer für die Sponsoren-Pakete zu entnehmen war, die Aktivgemeinschaft übernommen. Auch hier können wir erst die dringend erforderliche Transparenz herstellen, wenn uns die „vertraulichen“ Unterlagen bezüglich der Berechnung des Konzeptes für die Sternenpatenschaften zur Veröffentlichung freigegeben werden.
Eine Nachfrage bezüglich der Höhe und Grundlage einer eventuellen Provisionszahlung an die Agentur Friedsam in Zusammenhang mit der neuen Weihnachtsbeleuchtung in Sinzig wurde vom Vorsitzenden bis Redaktionsschluss nicht beantwortet. Die Stadtverwaltung Sinzig antwortete jedoch umgehend: „Der Stadtverwaltung sind keine Provisionszahlungen bekannt. Deutlich wird darauf hingewiesen, dass die Stadt in diesem Zusammenhang keinerlei derartige Zahlungen an die Agentur Friedsam veranlasst oder vorgenommen hat.“ Der Vorwurf, dass Reiner Friedsam die Straßenbeleuchtung unsachgemäß montiert hätte, da ihm die fachliche Ausbildung fehlt, kann von BLICK aktuell entkräftet werden. BLICK aktuell liegt das Abschlusszeugnis des Vorsitzenden als Elektromechaniker aus dem Jahr 1982 vor und Reiner Friedsam bestätigte nachdrücklich, dass er „mit Hochspannung umgehen kann und darf!“
Alternative Blickwinkel zu Auftragsvergaben und Aufgaben von Werbegemeinschaften
Der nächste Faktencheck betrifft die Frage, wie andere ehrenamtlich tätige Persönlichkeiten zu Auftragsvergaben stehen. Auf die Frage, wie die Stadt Sinzig die Aufgaben der Aktivgemeinschaft einschätzt, verweist Christian Weidenbach, als Büroleiter der Stadtverwaltung, zunächst auf die Vereinssatzung: „Die Präambel der Satzung legt dar, dass die Interessen von Bürger*innen, Handel, Handwerk, Industrie, Gastronomie, Dienstleistung, Institutionen und Vereinen aus Sinzig, die sich um die Steigerung der Attraktivität der Stadt Sinzig als Wohn-, Beschäftigungs- und Einkaufsstadt bemühen, von der Aktivgemeinschaft vertreten werden.“
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Praxis der Auftragsvergaben bei anderen Vereinen oder Werbegemeinschaften. Wie sehen diese ihre Aufgabe für ihre Stadt bzw. ihren Verein und wie sehen sie ihre Arbeit als Vorsitzende im Ehrenamt?
Guido Lenzen, Vorsitzender der Werbegemeinschaft im Ortsteil Bad Bodendorf, hat eine klare Position zur Aufgabe seines Vereins: „Wir verfolgen den Zweck, die Kaufkraft der Bad Bodendorfer Haushalte für die Geschäftswelt im Dorf zu binden und zu stärken.“ Und weiter: „Grundsätzlich versuchen wir, unsere Mitgliedsbetriebe in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich zu berücksichtigen und zu unterstützen.“ Sowohl er, als Vorsitzender, wie auch seine Vorstandskollegen bekleiden ihre Ämter im Ehrenamt und erhalten keine Aufwandsentschädigungen.
Petra Pellenz, langjährige Vorsitzende von „Remagen mag ich“, aus der Nachbarstadt Remagen hat ebenfalls eine klare Positionierung: „‘Remagen mag ich‘ vertritt natürlich zunächst die Interessen der Mitglieder. Aber auch Nicht-Mitglieder partizipieren an Aktivitäten von ‚Remagen mag ich‘. Dies ist auch gut so, weil es ja um ein Gesamtbild der Stadt geht. Aufträge, die von ‚Remagen mag ich‘ zu vergeben sind, werden nach Möglichkeit an Remagener Unternehmen vergeben. Sollte die Möglichkeit nicht bestehen, bevorzugen wir die Suche nach geeigneten Auftragsnehmern in unseren Nachbarstädten.“ Auch sie legt Wert auf die Feststellung, dass alle Vorstandsmitglieder ehrenamtlich ohne Aufwandsentschädigung arbeiten.
Volker Danko, Vorsitzender der Bad Neuenahrer Werbegemeinschaft, sieht seine Aufgabe so: „In erster Linie versuchen wir die Wünsche, Bedürfnisse und Kaufverhalten unserer Kundinnen und Kunden zu berücksichtigen. Somit vertreten wir immer ein Stück weit die Interessen aller Betriebe. Bei einer Auftragsvergabe berücksichtigen wir zunächst einmal die Mitgliedsbetriebe. Sollten wir in diesem Kreis zu keinem Ergebnis kommen, richten wir uns an andere ortsansässige Betriebe.“
Michael Juchem, Chapterpräsident von BNI Rhein-Ahr, erläutert die Idee in seinem erfolgreichen Unternehmer-Netzwerk: „Der Grundgedanke ist, strategisches und provisionsfreies Empfehlungsmarketing mit ausgewählten Geschäftspartnern auf Augenhöhe. Durch den regelmäßigen Kontakt und Empfehlungsaustausch werden die regionalen Betriebe und die regionale Wirtschaft gestärkt und der Beziehungsaufbau untereinander schafft Vertrauen und Zusammenhalt. Aufträge innerhalb von BNI werden über eine digitale Plattform untereinander ausgetauscht. Wichtig an dieser Stelle ist, dass dies alles ohne Provision oder Gegenleistung erfolgt. Das Motto lautet: Wer gibt gewinnt.“ Überzeugend ist in diesem Zusammenhang, dass dieses erfolgreiche Konzept in den letzten 5 Jahren über 10 Mio. Euro Umsatz in der Region gehalten hat.
Und Michael Kappl, Vorsitzender der Karnevalsgesellschaft „Närrische Buben“, erläutert, wie das in Sinzig mit Zuschüssen und Auftragsvergaben bei Sinziger Vereinen aussieht: „Die KG ‚Närrische Buben‘ erhält, wie jede andere KG in Sinzig, einen Zuschuss für den Karnevalszug. Die KG verwendet die Zuschüsse ausschließlich dafür, Teile der musikalischen Begleitgruppen im Karnevalszug zu finanzieren. Grundsätzlich wird für die Vergabe von Aufträgen zunächst bei den Sinziger Unternehmen nachgefragt, ob eine entsprechende Realisierung möglich ist.“ Und auch er verweist darauf, dass er seine Arbeit für das heimische Brauchtum ohne Aufwandsentschädigung erbringt.
Auftragsvergaben bei Vorgänger Andreas Schwerter
Andreas Schwerter, Vorgänger von Reiner Friedsam als Vorsitzender der Aktivgemeinschaft, erläutert, wie unter seinem Vorsitz die Aufträge vergeben wurden: „Aufträge, die die Aktivgemeinschaft vergeben hat, wurden stets vom Vorstand der AG beschlossen und als Vereinsvorstand vergeben. Hierbei wurde stets ein Fokus darauf gelegt, dass der Auftragsnehmer auch Mitglied des Vereins war/ist.“
Über seine ehrenamtliche Position als Vorsitzender äußerst sich Andreas Schwerter wie folgt: „Ein Gehalt oder eine Aufwandsentschädigung als Vorsitzender habe ich nicht erhalten oder berechnet. Meiner Funktion als Vorsitzender bin ich stets ehrenamtlich und unentgeltlich nachgekommen.“
Die Auftragsvergabe bei der neuen Sinziger Weihnachtsbeleuchtung irritiert den ehemaligen Vorsitzenden sehr. Hierzu vertritt er folgende Sichtweise: „Nach Entlastung des Vorstandes und meiner Amtsübergabe an den neuen Vorsitzenden, habe ich mich bereit erklärt, dem Vorstand als Beisitzer weiter beizuwohnen. Nachdem die Beschlussfassung im Vorstand sowie die Vergabe von Aufträgen für mich nicht mehr transparent oder nachvollziehbar war, habe ich mein Amt als Beisitzer niedergelegt. In der ersten Sitzung in der „Osteria“, in der das Projekt Weihnachtsbeleuchtung vorgestellt wurde, war ich als interessiertes Mitglied anwesend. Dieses Treffen diente nicht nur der Information, sondern auch der Mitteilung über die Vergabe der Ausführung. Mitgliedsbetriebe, die hier gerne unterstützt hätten, wurden hierzu nicht gehört. Auf die damalige Nachfrage eines langjährigen Vereinsmitgliedes an den Vorsitzenden Reiner Friedsam in dieser Versammlung, warum keine Sinziger Mitglieder und Handwerker gefragt würden, erwiderte der Vorsitzende mangelnde Fachkompetenz und Kapazität in dieser besonderen Sache. Ich habe diese Äußerung nie kommentiert, wenngleich weder mein noch ein anderes Sinziger Elektrounternehmen je gefragt wurde. Dass wir als Unternehmen und auch als Verein bereits innovative Beleuchtungen in der Weihnachtszeit realisiert hatten, kann man noch immer auf der Ecke Harbachstraße bewundern. Ein tolles Projekt zu Ehren von Herrn Nachtsheim, was mein Unternehmen im Übrigen mit über 3.000 Euro unterstützt hatte, neben den Möhnen, der KG, der Firma Konstsmide in Remagen und vielen Helfern.“
Auch die jetzige Praxis der Auftragsvergabe wird von Andreas Schwerter kritisiert: „Nach meinem Ausscheiden aus dem Vorstand habe ich interessiert weiterverfolgt, dass Aufträge der Aktivgemeinschaft nicht mehr an beitragszahlende Mitgliedsbetriebe vergeben wurden, geschweige denn Angebote angefragt wurden.“
Auch die letzten Wahlkampfwochen wurden von Andreas Schwerter beobachtet und wie folgt kommentiert: „Die politische Ausrichtung und Kommunikation des Vorsitzenden habe ich interessiert verfolgt, gerade vor dem Hintergrund der Satzung, dass der Verein politisch neutral ist, worauf in meiner Amtszeit mehr geachtet wurde.“
Ermittlung der Staatsanwaltschaft
Der letzte Punkt in unserem Faktencheck betrifft die strafrechtliche Relevanz der Vorgänge. Zwischenzeitlich war auch die Staatsanwaltschaft in Koblenz in die Vorgänge involviert und hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Oberstaatsanwalt Thomas Büttinghaus erläutert den Sachverhalt auf Nachfrage von BLICK aktuell wie folgt: „Im Januar 2021 wurden durch eine nicht namentlich ermittelte Person mehrere gleichlautende Schreiben mit beleidigendem Inhalt in den Dienstpostkasten der Stadtverwaltung Sinzig eingeworfen, die an einen Bediensteten der Stadt Sinzig sowie an mehrere Mitglieder der im Stadtrat Sinzig vertretenen Parteien adressiert waren. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat aufgrund einer in diesem Zusammenhang erstatteten Strafanzeige ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Vorwurfs der Beleidigung eingeleitet. Da sich im Nachgang keine tragfähigen Belege zur Klärung der Identität des Täters ergeben haben, wurde das Verfahren am 18.02.2021 nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt.“
Auf eine weitere Anfrage unserer Redaktion nach einer inhaltlichen Überprüfung der Vorwürfe erhielten wir ebenfalls von Oberstaatsanwalt Thomas Büttinghaus folgende Erklärung: „Inhaltlich erfolgte keine Überprüfung der in dem Schreiben enthaltenen Vorwürfe beleidigenden Inhalts, da diesbezüglich keinerlei konkrete Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten erkennbar sind.“
Ergebnis des Faktenchecks:
Aufgrund des von uns dargestellten umfangreichen Sachverhaltes im Faktencheck kann man kein einheitliches Fazit ziehen.
Der Faktencheck ergab zunächst: Es gab keine klare Trennung zwischen der Position von Reiner Friedsam als ehrenamtlicher Vereinsvorsitzender, als Unternehmer, als Wahlkampf-Manager von Bürgermeister Andreas Geron, als Betreiber eines Internet-Blogs und als Kommunalpolitiker bzw. Landtagskandidat. Diese fehlende Trennung ist Kern des Problems und führte zu Kritik an seiner Amtsführung. Unstrittig ist, dass Reiner Friedsam ein sehr emsiger und fleißiger Vorsitzender der Sinziger Aktivgemeinschaft war und ist. Hierfür zollen ihm sehr viele in Sinzig und der Region großen Respekt und Anerkennung. Undurchsichtiger wird die Beurteilung beim Punkt „Auftragsvergaben“, da hier die Informationsflüsse seitens der Aktivgemeinschaft unzureichend sind. Dringend notwendig ist hier eine transparente Aufstellung hinsichtlich aller vergebenen Aufträge der Sinziger Aktivgemeinschaft, insbesondere solche, die an Vorstandsmitglieder oder nicht ortsansässige Unternehmen, direkt oder indirekt, vergeben wurden.
Der Gehaltsvorwurf konnte im Faktencheck widerlegt werden. Es gab in den uns zur Verfügung gestellten Unterlagen kein Gehalt für Reiner Friedsam.
Die Frage bezüglich Aufwandsentschädigungen für Reiner Friedsam und andere Vorstandsmitglieder sowie Dienstleistungspauschalen wurde allerdings vom Vorsitzenden bisher nicht beantwortet bzw. die vorliegenden Unterlagen hierzu durften mangels Freigabe im Faktencheck nicht verwertet werden.
Beim Thema Weihnachtsbeleuchtung ist das Ergebnis des Faktenchecks ebenfalls nicht eindeutig. Hier erscheint die Konzeption, Angebotsauswertung und Auftragsvergabe durch die Stadt und Rechnungsstellung an die Aktivgemeinschaft dringend erklärungsbedürftig. Die Auskünfte über die Beteiligung der Sinziger Unternehmen bei der Auftragsvergabe widersprechen sich. Die Stadtverwaltung, die Aktivgemeinschaft und Andreas Schwerter, Inhaber eines ortsansässigen Elektrounternehmens, gaben hierzu sehr unterschiedliche Antworten. Die vorliegenden Unterlagen sind vom Vorsitzenden Reiner Friedsam als vertraulich gekennzeichnet. Auch diese können somit nicht zur Klarstellung herangezogen werden.
Zum Schluss gibt es ein sehr klares und eindeutiges strafrechtliches Fazit im Faktencheck: Die Staatsanwaltschaft in Koblenz sieht keine konkreten Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten.
Abschließend bringt Guido Lenzen als Vorsitzender der Bad Bodendorfer Werbegemeinschaft ein Bedürfnis vieler Sinziger auf den Punkt: „Ich persönlich bin sehr dafür, dass diese Vorwürfe aufgeklärt werden. Alleine schon zum Schutz des Ehrenamtes!“
HK
Bemerkenswert ist unter anderem die Auftragsvergabe der neuen Sinziger Weihnachtsbeleuchtung.
Reiner Friedsam (r) ist bei den Stadtfesten stets mit großem Fleiß und hohem Engagement vorne mit dabei.

Es ist mal wieder wundervoll zu sehen über was sich Leute ärgern und unendlich diskutieren anstatt sich darum zu kümmern, dass unsere Stadt voran kommt. Ich fände es besser diese Zeit zu nutzen um selber ein bisschen aktiv mit anzupacken.
Lass uns doch alle positiv und aktiv sein, das bringt uns allen viel mehr als ein Krieg der Armen!!!