
Am 24.04.2025
Allgemeine BerichteRedaktionsgespräch bei BLICK aktuell
Sinzig: Wer lenkt künftig die Geschicke im Rathaus?
Sinzig. Am 18. Mai 2025 müssen die wahlberechtigten Sinzigerinnen und Sinziger zur Wahlurne schreiten. Denn dann wird ein neuer Bürgermeister gewählt – oder ein alter. Zwei Kandidaten haben ihren Hut in den Ring geworfen, darunter Amtsinhaber Andreas Geron. Herausgefordert wird das Sinziger Stadtoberhaupt von Alexander Albrecht von der FWG, ebenfalls kein Unbekannter in der politischen Landschaft Sinzigs. Beide Kandidaten kamen jetzt in den Krupp-Verlag, um sich im Redaktionsgespräch den Fragen von BLICK aktuell-Chefredakteurin und Geschäftsführerin Susanne Tack zu stellen. Dabei kamen spannende Themen rund um Sinzig und seine Stadtteile auf den Tisch, wie zum Beispiel die wirtschaftliche Situation der Barbarossastadt, der Tourismus in der Region sowie das aktuelle Klima in der Verwaltung.
Zunächst wollte Susanne Tack wissen, wer ihre Gesprächspartner sind. Den Anfang machte Alexander Albrecht. Der Bad Bodendorfer ist 56 Jahre alt, verheiratet und gelernter Betriebswirt. Vielen Sinzigern ist Albrecht als ehemaliger Ortsvorsteher von Bad Bodendorf bekannt. Seine Verbindung zum Ort ist eng: Albrecht leitete lange Zeit die Geschicke des Thermal-Freibades. Nach einigen beruflichen Stationen in anderen Thermen ist Albrecht seit 2018 als Berufsberater im Kreis Ahrweiler tätig. Albrecht engagiert sich seit langem in der Kommunalpolitik der Kernstadt: Er ist Beigeordneter der Stadt Sinzig und damit Stellvertreter des Bürgermeisters, Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss sowie im Kuratorium der Jugendstiftung der Kreissparkasse Ahrweiler.
Andreas Geron ist 59 Jahre alt, verheiratet, Vater und seit 2018 Bürgermeister der Stadt Sinzig. Geron ist Volljurist und war vor seiner Tätigkeit als Bürgermeister langjähriger Geschäftsführer eines Unternehmens in der freien Wirtschaft. In seiner Zeit als Verwaltungschef hatte Geron einige Herausforderungen zu meistern: Corona, Hochwasser und die Energieknappheit nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine.
Deutliches Lob für die GEWI
Anschließend ging Susanne Tack auf die aktuelle Situation in der Barbarossastadt ein. Den Anfang machte Andreas Geron, der zunächst einen Blick in die jüngere Vergangenheit warf. In Gerons Amtszeit fielen die Flutkatastrophe und der anschließende Wiederaufbau. Dieser sei in Sinzig sehr gut gelungen, nicht zuletzt Dank der kompetenten Arbeit der GEWI, der stadteigenen Gesellschaft für Wiederaufbau. „Wir sind hier auf einem guten Weg“, sagt Geron. Viele Förderprogramme seien umgesetzt worden, Kredite seien nicht nötig gewesen, um die Herausforderungen des Wiederaufbaus zu meistern. Auch in der Verwaltung hat Geron einige Neuerungen eingeführt. So wurde ein eigener Fachbereich für Kinder, Familien und Soziales geschaffen. Eine Gesamtleitung für die städtischen Kindertagesstätten wurde ebenso eingeführt wie ein Sozialdienst. Auch die wirtschaftliche Bilanz der letzten Jahre sei positiv. „Wir haben in Sinzig seit acht Jahren einen ausgeglichenen Haushalt“, so der Bürgermeister. Das gebe der Verwaltung einen großen Handlungsspielraum.
Ein grundsätzlich positives Fazit zieht auch FWG-Kandidat Alexander Albrecht. „Sinzig ist für mich lebens- und liebenswert“, sagt der Bad Bodendorfer. In jedem Stadtteil gebe es eine Kindertagesstätte, das sei ein besonderes Standortmerkmal für Familien. Hinzu kämen überwiegend sanierte Spielplätze und insgesamt sei Sinzig ein wunderbarer Ort zum Leben. Nachholbedarf gäbe es allerdings bei den Schulen der Stadt, die sanierungsbedürftig seien. Gerade im Hinblick auf die Einführung des Nachmittagsunterrichts im Jahr 2026 müsse hier dringend etwas passieren. „Da gibt es viel zu tun und da müssen wir aufs Tempo drücken“, so Albrecht.
Was den Wiederaufbau angeht, zieht Albrecht ebenfalls eine positive Bilanz. „Die GEWI macht einen sehr guten Job“, bestätigt er.
Natürlich gibt es noch Verbesserungsbedarf. Das weiß auch Susanne Tack. „Wo sehen Sie Defizite und was wollen Sie verbessern?“, fragt Tack. Alexander Albrecht möchte sich der Belebung der Innenstadt widmen. Um entsprechende Unternehmen für den Standort Sinzig zu begeistern, will Albrecht aktiv auf innovative Start-Ups zugehen. Grundsätzlich habe sich schon einiges getan. So habe sich das Stadtentwicklungsprogramm ISEK als sehr wertvoll erwiesen, auch wenn einige Programme zu spät gekommen seien. Als Beispiel sei hier vor allem die Bachovenstraße zu nennen. Gleichzeitig will er auch die Verwaltung auf Vordermann bringen. Dennoch bescheinigt Albrecht dem Standort Sinzig viele Vorteile. Nicht zuletzt interessieren sich auch Menschen aus Nordrhein-Westfalen für die Barbarossastadt als Wohn- und Lebensmittelpunkt.
Künftig soll aber der soziale Wohnungsbau eine größere Rolle spielen. Hier gelte es, auf die Wohnungseigentümer zuzugehen und entsprechende Möglichkeiten zu diskutieren. Auch der Hochwasserschutz soll weiter vorangetrieben werden. Für Sinzig seien rund 60 Maßnahmen definiert, die die Stadt vor künftigen Hochwassern schützen sollen. Hier gelte es, zügig in die Umsetzung zu gehen.
Die Ahr soll breiter werden
Dem stimmte auch Andreas Geron zu. Ein wichtiges Projekt sei die Verbreiterung des Ahrkorridors auf 60 Meter. Wichtig sei auch der Neubau der Brücke Kölner Straße. Das Bauwerk sei zwar bautechnisch noch in Ordnung. Es sei aber mit den neuen Hochwasserschutzkonzepten nicht mehr vereinbar, sodass ein Neubau erforderlich sei. Die Arbeit am Hochwasserschutz sei aber „nie abgeschlossen“, es sei daher wichtig, aus der Vergangenheit zu lernen.
Die Sinziger Innenstadt befindet sich derzeit im Wandel, „im Kleinen wie im Großen“, wie der Bürgermeister betont. Ein Beispiel für die zukünftig verbesserte Aufenthaltsqualität sei der PikoPark in der Bachovenstraße, aber auch die Stadtteile zeugten von hoher Lebensqualität. Ein weiteres wichtiges Detail der Sinziger Lebensqualität sei die Bibliothek. Dann gibt es die neue Tourist-Information, die vor kurzem an prominenter Stelle mitten in der Stadt eröffnet wurde. Und außerdem ist da noch das Sinziger Dauerthema Feuerwehr. Hier gab es viel zu klären – dennoch betont Geron, dass er sich von Anfang an für den Standort an der Jahnwiese eingesetzt habe. Kritiker werfen ihm vor, „ich habe mich zu früh auf den Standort festgelegt“. Diesen Vorwurf weist der Bürgermeister zurück. Auch wenn die Jahnwiese städtebaulich andere Möglichkeiten zulasse, sei der Standort auf der Jahnwiese der beste für eine neue Feuerwache.
Geron weist noch auf einen weiteren Punkt hin, der nicht unbedingt allen Sinzigern bewusst ist: Alle Kindergartenkinder in Sinzig können schwimmen. In Zeiten knapper Schwimmkurs-Plätze sei das keine Selbstverständlichkeit.
Sinzig hat eine hervorragende Lage
Die nächste Frage von Susanne Tack drehte sich um das Thema Wirtschaft und Tourismus. „Wie beurteilen Sie Sinzig als Wirtschafts- und Tourismusstandort?“, wollte die Chefredakteurin wissen. Andreas Geron zeichnete ein positives Bild. Die Ausgangslage sei hervorragend. Sinzig zeichne sich durch seine hervorragende Lage an Rhein und Ahr, der B9 und der A61 in unmittelbarer Nähe zu den Ballungsräumen Köln und Koblenz aus. Eine Herausforderung sei allerdings die Flächenknappheit. Dennoch gebe es Fortschritte, ein neues Gewerbegebiet gegenüber dem Waschpark an der Kölner Straße sei in Planung. Zwar seien die Eigentumsverhältnisse der betreffenden Flächen mehr als schwierig gewesen – so säßen die Eigentümer teilweise im Ausland, genauer in Kanada und Australien. Dennoch sei der Plan aufgegangen. Auch darüber hinaus konnte Sinzig punkten: Im Gewerbegebiet in Rheinnähe konnten einige neue Gewerbetreibende begrüßt werden. Auch die Erweiterung des Aldi-Marktes sei ein sehr positiver Schritt.
Auch beim Thema Tourismus gäbe es Fortschritte. Andreas Geron weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Bad Bodendorf mit seinem Thermalbad hin. Für den Wiederaufbau nach dem Hochwasser konnte eine hundertprozentige Förderung erreicht werden, nachdem zeitweise nur eine achtzigprozentige Förderung in Aussicht stand. Dies sei ein wichtiger Erfolg, betonte Geron. Die touristische Achillesferse von Sinzig sei jedoch der Mangel an Hotels. Aber auch hier zeichnen sich Fortschritte ab. So gebe es bereits Gespräche mit einem potenziellen Investor für einen Beherbergungsbetrieb an der Kölner Straße. Übrigens: Dass die Hotelszene in Sinzig so ausbaufähig ist, sei auch Corona zu geschuldet. Vor der Pandemie habe es Gespräche über die Ansiedlung eines Hotels gegeben. Das Virus habe die Pläne zunichte gemacht, jetzt müsse man wieder daran anknüpfen.
Spricht man über die Sinziger Wirtschaft, ist auch das Thema Energie von entscheidender Bedeutung. Andreas Geron freut sich, dass der Bürgerwindpark auf dem Harterscheid unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger beschlossen wurde. Auch die anfänglich kritischen Stimmen aus den Ortsteilen Löhndorf und Franken wurden intensiv berücksichtigt. Am Ende gab es aber eine mehrheitliche Zustimmung für den Windpark.
Biergarten für das Ahrufer
Bei der Sinziger Wirtschaft will Alexander Albrecht ansetzen. Es sei sehr wichtig, die relevanten Akteure an einen runden Tisch zu bringen. Die Gewerbetreibenden hätten zum Teil mit hohen bürokratischen Hürden zu ringen. Albrecht berichtet von einem Gastronom aus Sinzig, der bei der Unternehmensnachfolge mit den notwendigen Konzessionen zu kämpfen hatte. Grundsätzlich wünsche er sich ein Zukunftskonzept für bestehende Betriebe. Albrecht ist sich der Herausforderungen für das Gewerbe bewusst. Generell hätten alle Kommunen mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen, insbesondere durch den boomenden Online-Handel. „Ein Schuhgeschäft in der Sinziger Innenstadt macht heute einfach keinen Sinn mehr“, so Albrecht. Große Chancen böten aber innovative Start-Ups, die es nach Sinzig zu holen gelte. Dazu müsse der Standort Sinzig aber vorangebracht werden. Dazu gehöre auch, auf entsprechende Messen zu gehen, um Sinzig bekannter zu machen.
Auch zum Thema Windkraft hat Alex-ander Albrecht eine Meinung. Dass der Windpark auf dem Harterscheid entsteht, der als „grüne Lunge“ der Stadt gilt, findet er nicht richtig. Statt die Windräder in einem „schützenswerten Gebiet“ zu errichten, hätte er sich eine Lösung auf dem freien Feld gewünscht. Gleichzeitig habe man z.B. in Franken zusätzliche Probleme mit Hochspannungsleitungen. Andreas Geron widerspricht der Idee, Windräder auf der freien Fläche zu bauen. In Sinzig gäbe es keine geeigneten Flächen, zumindest keine, die ertragreich seien.
Wenn es um den Tourismus geht, nennt Alexander Albrecht vor allem das Thermal-Freibad als sein Steckenpferd. Es sei sehr positiv, dass es eine hundertprozentige Förderung geben werde, egal wie teuer der Umbau werde. Auch der Ausbau des Ahrkorridors sei aus touristischer Sicht sinnvoll. Gleichzeitig müsse der Radtourismus gefördert werden. Denn hier gebe es noch Potenzial. Kaum jemand fahre mit dem Rad von Bad Neuenahr-Ahrweiler oder Remagen nach Sinzig. Um die Stadt attraktiver zu machen, könnte ein Biergarten am Ahrufer nützlich sein. Dass das Ahrufer unattraktiv sei, will Andreas Geron so nicht stehen lassen. So weist Geron darauf hin, dass es mit den Ruhesteinen am Ahrufer Erholungsmöglichkeiten gab und mit dem Calisthenics-Park wieder gibt. Auch eine Gastronomie an der Ahr würde sich Geron durchaus wünschen. Die Herausforderungen bei der Umsetzung seien jedoch vielfältig. Potenzielle Betreiber seien derzeit vorsichtig. Einige Interessenten warteten im Moment noch ab, bis der Spessartsteg wieder aufgebaut sei. Hinzu käme das Problem, dass es für Gastronomen sehr schwierig sei, geeignetes Personal zu finden. Doch Alexander Albrech hat einen Lösungsvorschlag: Mobile Gastronomie könnte Abhilfe schaffen. Und noch einen Wunsch hat er für die Radwege. „Hier fehlt es an Lichtquellen“, sagt Albrecht und möchte mit innovativen Beleuchtungssystemen dringend etwas für die Ausleuchtung der Wege tun.
Das Herzstück der Sinziger Verwaltung ist das Rathaus am Kirchplatz. „Wie ist die Verwaltung derzeit aufgestellt“, lautet die nächste Frage von Susanne Tack. Alexander Albrecht sieht Verbesserungsbedarf. „In den letzten sieben Jahren haben 40 Mitarbeiter gekündigt“, sagt Albrecht. Hier müsse ein Umdenken im Führungsstil stattfinden. Auch der Servicegedanke müsse viel stärker ausgeprägt werden. „Man muss auch ohne Termin ins Bürgerbüro kommen können. Auch im digitalen Bereich müsse sich etwas tun. Albrecht wünscht sich eine Abholstation, an der die Bürgerinnen und Bürger beispielsweise einen vorher bestellten Reisepass abholen können – und das ohne Termin. Über die Verwaltung hat Albrecht aber auch Positives zu sagen. Die Mitarbeiter machen einen guten Job, vor allem die Finanzen der Stadt werden solide geführt. Auch die GEWI macht, wie schon erwähnt, sehr gute Arbeit.
Dass die Verwaltung gut aufgestellt ist, sieht auch Andreas Geron so. Die bereits erwähnte vermeintlich hohe Fluktuation im Rathaus will er so nicht stehen lassen. „Die Stadt beschäftigt 320 Mitarbeiter. Bei 40 Kündigungen in den letzten Jahren entspricht das einer Kündigungsquote von 1,6 Prozent. Normal ist für Kommunen eine Quote von 1,5 bis 5 Prozent – damit stehen wir sehr gut da“, erklärt der Bürgermeister. Diese Quote ist also nicht von einer wie auch immer gearteten Stimmung abhängig. Auch der von Alexander Albrecht geforderte Bürgerservice werde bereits angeboten: Im Bürgerbüro gebe es bereits „Sprechstunden“ mit und ohne Termin. Gleichzeitig sei Sinzig Vorreiter in Sachen Digitalisierung, wie Geron betont. Als eine der ersten Kommunen habe Sinzig während der Corona-Pandemie Ratssitzungen online abgehalten. Trotz dieser Fortschritte sei es wichtig, dass es auch in Zukunft Formulare in Papierform gebe. Dem widerspricht Alexander Albrecht. Er habe zum Beispiel im Sozialamt noch kein Papierformular gesehen. Und auch sonst sei der Service verbesserungswürdig. So hätten Bürger Alexander Albrecht berichtet, dass „man Angst hat, die Mitarbeiter bei der Arbeit zu stören“. Dem widerspricht Geron entschieden: „Aussagen wie diese sind viel zu vage“, sagt der Bürgermeister. Auch die geforderte Abholstation sei bereits in die Wege geleitet.
Blick in die Zukunft
Zum Abschluss bittet Susanne Tack ihre Gesprächspartner noch um einen Blick in die Zukunft. „Wie könnte die Stadt Sinzig nach 8 Jahren mit ihnen als Bürgermeister aussehen?“, möchte sie wissen. Andreas Geron antwortet: „Sinzig soll eine lebendige Stadt an Ahr und Rhein sein, mit intakten Stadtteilen und einer lebendigen Innenstadt, mit soliden Finanzen und einer modernen Kita- und Schullandschaft“. Auch Alexander Albrecht hat die Zukunft fest im Blick. „Sinzig soll wieder eine lebendige und innovative Stadt sein, mit einer vitalen Innenstadt, einem belebten Ahrufer und einem lebendigen Tourismus.“ Geht es nach Albrecht, soll an die Übernachtungszahlen früherer Zeiten angeknüpft werden. Außerdem wünscht er sich einen neu gestalteten Rathauseingang für eine bessere Willkommenskultur.
Vielen Dank
für das Gespräch!
ROB

Alexander Albrecht und Andreas Geron haben die Zukunft Sinzigs im Blick. Foto: ROB