
Am 04.12.2024
Allgemeine BerichteVortrag über Adelheid von Stolterfoth in der Rheinischen Landesbibliothek
Von Leben und Wirken der „Rheinischen Nachtigall“
Rhens. Der bedeutende Dichter und Philologe Karl Simrock (1802-1876) nannte sie „unsere rheinische Nachtigall, deren klangvolle Kehle alle Ufer des Stroms und seiner Nebenflüsse mit Wohllaut füllt“. Mit Goethe korrespondierte sie, mit Ferdinand Freiligrath verband sie eine intensive literarische Freundschaft. Adelheid von Stolterfoth war in der Tat eine sehr außergewöhnliche Persönlichkeit ihrer Zeit und eine bedeutende Vertreterin der Romantik, und doch ist sie heute fast vergessen.
Ihrem Leben und Werk widmete sich Magdalene Ziegler aus Bad Hönningen in einem fulminanten Vortrag in der Rheinischen Landesbibliothek, der zugleich den Abendvortrag des diesjährigen Brentano-Kolloquiums der Universität Koblenz bildete. Ziegler, Schreiberin und stellvertretende Vorsitzende der Kaiser Ruprecht Bruderschaft zu Rhens, welche als Mitveranstalter auftrat, zeichnete ein lebhaftes Bild der rheinischen Romantikerin, sparte dabei aber zugleich die Problematik des sehr verstreuten und durchaus lückenhaften Quellenmaterials nicht aus.
Adelheid von Stolterfoth wurde im Jahr 1800 in Eisenach geboren. Nach dem frühen Tod ihres Vaters 1805 kam sie im Alter von 12 Jahre als Stiftsdame in das Stift Birken bei Bayreuth, bevor die Familie 1815 in den Rheingau umzog. Bereit zu dieser Zeit begann Adelheid mit dem Verfassen von Gedichten, was schließlich mit der Veröffentlichung des in aufwändiger Gedichtform gehaltenen Ritterepos „Zoraide“ 1825 einen ersten literarischen Höhepunkt fand – selbstbewusst sandte sie ihr druckfrisches Werk „als Zeichen meiner unbegrenzten Hochachtung“ an Johann Wolfgang von Goethe. Schon bald folgten weitere Arbeiten, die sich seit den 1830er-Jahren zunehmend auf das Rheinland und dessen Sagenwelt fokussierten, darunter der „Rheinische Sagen-Kreis“ (1835), die „Rheinischen Lieder und Sagen“ (1839), aber auch eine „Malerische Beschreibung von Mainz und der Umgegend“ (1840).
Einen gewiss deutlichen Umbruch brachte das Jahr 1844. Schon seit dem Tod ihrer Mutter 1825 lebte die junge Adelheid in der Familie ihres Onkels, des nassauischen Regierungspräsidenten Hans Carl Freiherr von Zwierlein (1768-1850) in dessen Palais in Geisenheim. Als nun 1843 dessen erste Frau starb, heirateten beide ein Jahr später. Die Braut war 43 Jahre alt, der Bräutigam 76. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sie nahezu rastlos publiziert, doch seit der Eheschließung und nach dem Tod ihres Ehemanns gut sechs Jahre später reduzierte sich ihre literarische Tätigkeit immer mehr. Zahlreiche Umzüge und finanzielle Schwierigkeiten sollten ihren Lebensabend prägen, bevor sie 1785 vereinsamt in Wiesbaden verstarb. Heute ist dort nicht einmal mehr ihr Grabstein vorhanden.
Mit einem Zitat aus einem 1857 verfassten Gedicht schloss Magdalene Ziegler ihre faszinierenden Ausführungen: „Kein Kochbuch hab ich geschrieben, auch ein Gebetbuch nicht. Und viele Dutzend Strümpfe hab ich gestrickt auch nicht. Wohl also muss ich bekennen, dass ich gar vieles versah, und leider ist auch keine Aussicht zu meiner Bess’rung da“. Deutlich erkennbar konnte Adelheid von Stolterfoth ihr nicht selten von einem melancholischen Grundtenor durchzogenes Schreiben also auch durchaus mit humorvoller Distanz betrachten.
Lang anhaltender Applaus – insbesondere und auch für die äußerst gekonnt vorgetragenen Gedichte – und eine intensive Diskussion im Anschluss belohnten den Vortrag der Referentin, die nun überlegt, eine ausführliche Biographie zu Stolterfoth in Angriff zu nehmen. Bibliotheksdirektor Benjamin Merkler freute sich über die große Resonanz und den restlos gefüllten Bibliothekssaal und lud abschließend zu einem Umtrunk ein, bei dem zahlreiche Gespräche geführt wurden.
Pressemitteilung der
Kaiser Ruprecht Bruderschaft zu Rhens e. V.

Illustration zur Sage von den Feindlichen Brüdern aus dem „Rheinischen Sagen-Kreis“ – Lithographie von Jakob Fürchtegott Dielmann nach Zeichnung von Alfons Rethel, vor 1835.