SGD Nord stellte umfassende Pläne für das Naturschutzgebiet Ahrmündung vor
Wasserbüffel könnten ab 2020 an der Ahrmündung weiden
Politischer Entschluss steht bisher jedoch aus
Sinzig. Gut 40 Jahre ist es her, dass das Gebiet, in dem die Ahr in den Rhein mündet, als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde. Das Areal zwischen Kripp und Sinzig ist einzigartig in Deutschland: Es gilt als das einzige naturbelassene Mündungsgebiet eines Nebenflusses in den Rhein. Naturbelassen ist jedoch nicht ganz, da es renaturiert wurde. Dennoch beherbergt das Gebiet eine große Artenvielfalt und -menge. Das Mündungsgebiet ist ein Flora-Faune-Habitat (FFH) und gleichzeitig Vogelschutzgebiet. Nun hat die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, kurz SGD, weitere Ideen für die Ahrmündung. Stefan Backes, Mitarbeiter des SGD Nord, stellte nun die Pläne für die Zukunft des Mündungsgebietes mit geplanter Extensivbeweidung vor. Grundsätzlich denke man über die Ansiedlung von Wasserbüffeln nach, denkbar wären auch Taurusrinder oder Konikpferde. Ein Hindernis für die Pläne gibt es jedoch: Die Grundstücksfragen sind nämlich bisher nicht umfassend geklärt. Während bei den Flächen nördlich der Ahr der Kreis Ahrweiler der Eigentümer ist, gehört der Teil südlich der Ahr der Stadt Sinzig. Beide Kommunen signalisierten bereits ihr Einverständnis zum Beweidungsprojekt. Das klingt einfacher als gedacht, den besonders das kreiseigene Gebiet vor der Kripper Ortsgrenze ist durchzogen von Landparzellen, die sich in privater Hand befinden. Das Gebiet gleicht somit einem Flickenteppich. Zur Realisierung müssen jedoch diese Besitzer überzeugt werden und grünes Licht für das Beweidungsprojekt auf ihrem Grund und Boden geben. Deshalb folgten besonders die Grundstückseigentümer der besagten Flächen der Einladung zur Infoveranstaltung im Sinziger Ratssaal im Rathaus. Neben dem grundsätzlichen Einverständnis können die Besitzer von der Möglichkeit des Grundstückstausches Gebrauch machen. Dieses Prozedere wurde von Rolf Schäfer vom DLR Mayen nach dem Vortrag vorgestellt. Immerhin sei die Kostenfrage geklärt: Die übernähme nämlich das Land Rheinland-Pfalz.
Im Vorfeld stellte Stefan Backes das Projekt vor. Knapp 15 bis 20 Wasserbüffel sollen im Ahrmündungsgebiet gemäß dem Landesprojekt „Natura 2000“ eine neue Heimat finden. Und das schon möglicherweise im Jahre 2020. Im amtlichen Jargon bedeutet dies eine Besatzdichte mit Wasserbüffeln von 0,5 bis 0,8 Tieren pro Hektar. Diese Zahl sei laut Backes im Vergleich zur herkömmlichen Beweidung als gering und somit extensiv einzustufen. Für die Wasserbüffel habe man sich aufgrund guter Erfahrungen in anderen Projektgebieten entschieden. Die Tiere seien robust, pflegeleicht und können im Bedarfsfall auch hervorragend schwimmen. Aber Letzteres soll nicht auf die Probe gestellt werden, wie Backes verriet. Denn auf dem geplanten Beweidungsareal sollen auch im Falle eines Jahrhunderthochwassers genug trockene Rückzugsflächen zur Verfügung stehen. Und sie seien vorhanden. Backes erntete hier erste und durchaus heftige Kritik aus dem Publikum. So sei das komplette veranschlagte Areal überflutet, falls Ahr- und Rheinpegel hoch genug stünden. Backes verneinte dies und verteidigte die Pläne. „Unser Vorschlag ist kein Schuss aus der Hüfte, sondern durch die Zusammenarbeit mit Universitäten wissenschaftlich belastbar“, sagt er.
Die SGD Nord hält das Ahrmündungsgebiet für ideal. So böte das Gebiet eine ausreichende Größe und eine gute Struktur, ein gutes Wegenetz und eine gesicherte Wasserversorgung. Auch die Wasserbüffel könnten für einen Aufschwung sorgen. Denn grundsätzlich möchte man auch den touristischen Aspekt nicht aus den Augen verlieren. „Auf Schautafeln könnten Informationen über Flora und Fauna vermittelt werden“, so Backes. Dadurch würde auch ein wertigeres Ausflugsziel für Familien und Schulklassen entstehen.
Wasserbüffel sollen neue Biotope schaffen
Besonderen Nutzen verspricht man sich bei der SGD Nord von der extensiven Weidenutzung. Die Wasserbüffel fressen die Weiden nicht gleichmäßig ab. Somit würden verschiedene Habitate entstehen, die wiederum zahlreichen Insekten- und Vogelarten neuen Lebenraum böten. Auch die Ausscheidungen der Wasserbüffel böten eine Brutstätte Dutzender gefährdeter Insektenarten.
„Insgesamt wirkt sich ein solches Projekt in höchstem Maße positiv auf die biologische Vielfalt aus“, fasst es Backes zusammen.
Die positiven Aspekte ließen sich laut der Planung der SGD Nord leicht zusammenfassen: Extensive Beweidung bietet umfassende Möglichkeiten für die Entwicklung des Areals als Naturschutzgebiet. Dass die geringe Beweidung funktioniere, habe man bereits an anderen Gebieten feststellen können, wie beispielsweise den Thürer Wiese im Landkreis Mayen-Koblenz. Außerdem könne man Synergie-Effekte nutzen und verschiedene Disziplinen wie Naturschutz, Tourismus und Landwirtschaft zusammenführen. Die SGD Nord sei guter Dinge, dass eine Realisierbarkeit möglich sei. So habe man mit dem Kreis und den beiden angrenzenden Städten Remagen und Sinzig sehr positive Gespräche geführt, wie Backes erläuterte. Auch stelle man in Sinzig eine fraktionsübergreifende Zustimmung für das Projekt fest.
Und gerade dies stieß nicht bei allen Zuschauern im Ratsaal auf Gegenliebe. Wieder brandeten teils heftige Diskussion auf, die Christian Weidenbach, den büroleitenden Beamten und gleichzeitigem Vertreter der Stadt Sinzig zu mehrfachen Aufrufen zur Mäßigung verleitete. Auch über die erwähnte fraktionsübergreifende Zustimmung waren manche Gäste erstaunt. Franz Hermann Deres, Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Stadtrat brachte zum Ausdruck, dass er den Eindruck habe, dass die Fraktionen das Projekt eher mit geteilter Meinung betrachteten. Außerdem merkte Deres an, dass es keinerlei Beschlüsse zu gäbe. Weder Ausschüsse noch Stadtrat hätten dem Projekt zugestimmt. Das konnte Backes bestätigen. Letztendlich habe der Stadtrat das letzte Wort, wie Backes auf Nachfrage von Karl Peter Wetzlar von der Sinziger Jagdgenossenschaft bestätigte. Gäbe es seitens des Rates ein „Nein“, würde man das Projekt fallen lassen und an einem anderem Ort realisieren.
Gerade die Jäger sehen dem Projekt mit einiger Skepsis entgegen. Schon im Frühjahr des Jahres traten Vertreter der Jägerschaft in einem Schreiben an die Stadt und die Fraktionen heran. Man formulierte, dass es gute Gründe im naturschutzrechtlichen Sinne gäbe, die das Projekt zweifelhaft erscheinen lasse. Außerdem habe man die Sorge, dass dort eine ordnungsgemäße Jagd nicht mehr stattfinden könne. Die Sinziger Jäger und die Mitglieder des Sinziger Angelsportvereins trafen sich übrigens bereits vor der Sitzung mit Stefan Backes, um sich über die Pläne zu informieren. Weitere Informationen hätte es laut Wetzlar im Vorfeld jedoch nicht gegeben.
Stefan Backes führte aus, dass man tatsächlich noch im Planungsstadium sei. Einige Schritte stünden noch aus. So möchte man nun intensive Gespräche mit Jägern, der Landwirtschaft und der Fischerei führen. Außerdem müssten nach einem möglichen „Freiwilligen Landtausch“ weitere Flächenarrondierungen stattfinden. Schließlich stände eine Prüfung der Möglichkeiten in Sachen Bezäunung an. Der letzte Schritt ist dann die Detailplanung.
ROB
Grasen an der Ahrmündung bald Wasserbüffel?
