„KulturNetzwerk Halle 129“ präsentierte eine Nacht der Travestie
„Männer in Frauenkleidern, das geht doch gar nicht …“
Mayen. „Wir wollten einfach mal etwas Neues für Mayen bieten“, verriet Frank Gondorf vom kürzlich gegründeten „KulturNetzwerk Halle 129“, zu dem sich die RHODIUS Mineralquellen, BLICK aktuell und die Volksbank RheinAhrEifel mit der Eventlocation Halle 129 zusammengeschlossen haben. Und das ist dem Kultur-Netzwerk gleich mit seiner zweiten Veranstaltung vollauf gelungen. Schon die ersten Gäste wurden mit dem Schild „Ausverkauft“ empfangen, aber mit viel improvisiertem Geschick wurden dennoch zügig weitere Sitzplätze geschaffen, um auch Karten für die Abendkasse bereit zustellen. Eine Travestie-Revue vom Feinsten sollte die Gäste in der Halle 129 in ihren Bann ziehen. Joy und Vivian Sun haben sich als Tänzer in München kennengelernt und arbeiten unter diesen Künstlernamen mittlerweile seit mehr als 12 Jahren im Metier von Travestie-Shows zusammen. Joy alias Jonny Steinborn ist der Partner des hier in der Region von den Burgfestspielen seit ihren Comedian Harmonists wohlbekannten Tenors Andreas Barth-Steinborn. Was lag da näher, als den beliebten Schauspieler und Sänger aus seinem breit gefächerten Repertoire interpretieren zu lassen und damit vielfach die zahllosen Umkleidelücken in mehr als perfekter Manier zu füllen.
Atemberaubende erste Halbzeit
Das Programm der Travestie-Künstler Joy und Vivian geht von der Imitation von Stars über deren Parodie bis hin zur Schaffung eigener Figuren. Gerne werden exzentrische Diven imitiert oder auch nur deren Verhalten teilweise als stilbildende Elemente in die eigene Darstellung eingebaut. Immer wieder auffällig ist, wie bei allen Travestiedarbietungen, das humorvolle Spielen mit mehr oder weniger obszönen sexuellen Anzüglichkeiten, ohne jedoch dabei jemals in Klamauk oder Slapstick abzugleiten. Dennoch sind solche Shows meist im heiteren Fach beheimatet und die Musik sowie der Gesang spielen neben den aufwändigen Outfits oft eine wesentliche Rolle. Gefühlvoll und gleich Gänsehaut erzeugend starteten Joy und Vivian ihr Programm mit dem Song „Es ist nicht leicht ein Clown zu sein“, der in den 1980er Jahren vom bedeutenden deutschen Travestieduo Mary und Gordy bekannt gemacht wurde. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Tief geschlitzte Kleider, Pailletten, Federboas und immer neu gestylter Haarschmuck in rot, blond oder schwarz als Löwenmähne, Kurzhaarfrisur oder einfach lang getragen. Mit viel nacktem Bein und Federschmuck erschien die legendäre „fesche Lola“. „Ich glaube es gefällt Euch“, stellte denn auch Joy fest, nachdem sie die ersten Kritiken der Pause analysiert hatte. Die Halbzeit war für die Gäste vom Team der Halle 129 mit gewünschten Getränken kurzweilig gestaltet worden und diese auch während der Vorstellung laufend ergänzt.
Zuschauer wurden Teil der Show
Gast sein hieß an diesem eindeutig zweideutigen Abend mit Joy und Vivian aber nicht nur untätiges Zurücklehnen und genießerisch zuschauen. Einen Gast entführte Vamp Vivian zum Vergnügen anderer auf die Bühne und malträtierte ihn dort genüsslich mit einer Peitsche. Joy bat unvermittelt die verdutzte Viktoria Schlager auf die Bühne und verkündete rundherum, dass sie am 8. August heiraten werde. Das Viktoria begleitende Damenteam hatte diese Überraschung für den Junggesellinnenabschied initiiert. „Atemlos durch die Nacht“ steuerte der Abend seinem krönenden Ende entgegen und nach John Miles Klassiker „Music was my first love“ führte Andreas Barth-Steinborn „seine“ zwei Damen ganz in Weiß und mit außergewöhnlichem Federschmuck auf dem Haar durch die Halle zur Bühne. Mit begeistertem und lange anhaltendem Applaus wurde eine Zugabe erstritten, bevor sich Joy und Vivian zurückverwandelten, denn ein Travestiekünstler legt spätestens in der Garderobe seine gewählte Verkleidung ab. Strahlend bedankten sich die Künstler bei allen, die man nicht sieht und die vielfach ganz schön Hektik zu bewältigen hatten, damit man die Künstler zügig in immer neuen feschen Outfits auf der Bühne bewundern konnte. Später verriet Jonny Steinborn, dass er die Zahl von Joys Kleidern zwar nie gezählt hat, sie aber eine Versicherungssumme von sechzigtausend Euro darstellen und sieben Kleiderständer füllen. Jonny, der hauptberuflich in der Mayener Gastronomie tätig ist, braucht zur Vorbereitung einer Show, für die er sowohl die Choreografien festlegt als auch die Musik aussucht, drei bis vier Monate. Jonny Steinborn versprach dies bis Dezember wieder zu tun. Da ist nämlich eine weitere Vorstellung des Teams in der Halle 129 geplant. Allen Gästen, die bisher noch gezögert haben, wird damit eine neue Chance auf ein außergewöhnliches Erlebnis gegeben. „Männer in Frauenkleidern, das geht doch gar nicht …“ hatte Joy kurz vor Ende der Show süffisant festgestellt. Doch, das geht! Und wenn es so gut gemacht wird wie von den Schwestern Joy und Vivian Sun, sowie von einem stets charmanten Tenor begleitet wird, ist es ein ganz ausgezeichnet unterhaltender Abend in frech frivoler Atmosphäre. -WE-
Ein Publikumsgast wird von Vivian Sun mit der Peitsche traktiert.
Das Showteam überzeugte das Publikum mit prächtigen Kostümen, Gesang und außergewöhnlicher Unterhaltung.
