Eine Auseinandersetzung mit dem Kottenheimer Dialekt

Off Wernnloft stäht enn Wäenloft-Hött

Off Wernnloft stäht enn Wäenloft-Hött

De „Wäenloft-Hött“ off Wernnloft. F. G. Bell

Kottenheim. Schreiben im Dialekt kennt keine festen Regeln; ein jeder vertraut seinem Wortgefühl Kottenheim. Wernnloft, das ist die Ur-Kottenheimer Bezeichnung für das Winnfeld, bzw. Winfeld, wie es in verschiedenen alten Aufzeichnungen auch mit einem „n“ geschrieben wird, wobei jedoch in Kottenheim jeder vom Winnfeld spricht. Um 1900 hieß die spätere „Waldmühle“ amtlich noch Winnmühle. Die Bewohner der Lainsteiner Straße wohnen nach ihrem Verständnis und umgangssprachlich „off de Winn“ und nicht „off de Win“. Auch der vor ein paar Jahren gegründete „Heimatverein Kottenheimer Winnfeld e.V.“ hat sich kürzlich für die Schreibweise des Vereins mit zwei „n“ entschieden. Die Entstehung dieses Begriffes „Winnfeld“ wird unterschiedlichen Ursprüngen zugeordnet. Es gibt Ansichten, dass es wegen des hoch über unserem Dorf gelegenen Geländes um eine Abwandlung von „Wind-Feld“ kommen könnte. Andere schreiben es den vielen Göpelwerken oder Winden zu, die hier über Jahrhunderte standen, ehe es elektronisch angetriebene Kräne gab, um die Steinlasten aus den Tiefen zu heben. Und zu guter Letzt gibt es die Meinung, dass der Name von „Weinfeld“ käme, da es ja in Kottenheim schon vor rund tausend Jahren einen nachweislichen Weinanbau gab. In diesem Winnfeld hat man an exponierter Stelle mit schöner Aussicht in die regenerierte Natur des Jahrtausende alten Basaltlavaabbau-Gebietes zwischen Ettringen und Kottenheim eine Schutzhütte erbaut, eben jene „Wäenloft-Hött“. Viele Wanderer im Vulkanparkgebiet „Kottenheimer Winnfeld“ werden sich vielleicht schon wegen des eigenartig geschriebenen Namens an der Schutzhütte gewundert haben. Warum die Hütte nicht als „Winnfeld-Hütte“ getauft wurde, ist unbekannt.

Offenbar sollte in dem urigen Gebiet, wo etliche Generationen aus den umliegenden Orten ihr „täglich hartes Brot“ mit der Bearbeitung der Basaltlava verdienten, wohl auch ein dialektformulierter, kerniger Namen für die Hütte Pate stehen. Nun ist das mit der Schreibweise und der Aussprache in dem heute vielfach verdrängten ortsgebundenen Dialekt so eine Sache. Der unvergessene Paul Geiermann, der Jahrzehnte lang seine Anliegen und Anmerkungen zum Tagesgeschehen aus seiner Vaterstadt unter „Dütt un datt off Mayener Platt“ formulierte, empfahl mir mal, einen vorliegenden geschriebenen Dialekt halblaut zu lesen, dann sei das eingängiger und man verstehe den Text besser. Dies trifft natürlich auch beim Schreiben im Dialekt zu. Kommen wir also zurück zur an der Hütte befestigten Tafel mit der Inschrift „Wäenloft“. Dem Ratschlag Geiermanns folgend ergibt das Wort insofern keinen Sinn, weil „der Kotteme“ so im Platt nicht spricht. Wäen, mit einem „n“, spricht man gedehnt. Auch das „äe“ in Wäenloft hört sich, halblaut gesprochen, nicht nach Kottenheimer Mundart an. Alte, platt sprechende Kottenheimer sagen „off Wernnloft“, wenn sie das Winnfeld meinen; also flüssiger, bzw. schneller gesprochen und infolgedessen mit zwei „n“ geschrieben. Die Verwendung von „äe“ in dem Hüttennamen scheint dem Mundartbuch „Esuh schwätzen de Kotteme“ von Johannes Schmitz entliehen zu sein, der das „äe“ auch für „äenn Kottem“ verwendete, aber immerhin mit zwei „n“ geschrieben und nicht nur mit einem, wie man hin und wieder anderweitig liest. Doch auch ein „äenn Kottem“ entspricht m. E. nicht dem hier gesprochenen Platt, sondern man sagt dann wohl eher „ernn Kottem“. Unter dem Aspekt des geschriebenen Dialektes, für den es zwar keine orthografische Regeln gibt, kann man festhalten, dass die Bezeichnung „Wäenloft-Hött“ zwar eine originelle, anderseits aber insofern eine „verunglückte“ Formulierung beinhaltet, weil der „Kotteme esuh nau wirklech neet schwätzt“. Man könnte also in Abwandlung von Geiermanns „Dütt un datt“ auch fragen: „Bee schräiwt me batt off Kotteme Platt“? Dass nun jeder, der im Dialekt etwas schriftlich formulieren will, dies halt so macht, wie er es nach seinem Sprachgefühl für richtig hält, ist ja grundsätzlich in Ordnung. Die Hauptsache, er kann es lesen und verstehen, wobei dann andere aber textlich durchaus damit ins Grübeln kommen können. Zum Schluss noch eine Anekdote: Unjefähr 200 Mete ernn Richdung Hartbuer fänn der Wernnlofts-Hött entfernt looch en Lay von Aloys Milles (Zebungens Aloys genannt, abgewandelt vom Sippennamen Zehntbungerts). De Stänmetz-Mäste off de Tracht broorscht säinem Liehrjung mert vill Möh bäi, bee me su enn Boordstän micht. Bee nau der junge Bursch endlech mert säinem ürschte Stän feertech woer, sooh de Mäste mert em ürschte Bleck, datt der Stän owe drüwe net janz grad woer un en Bauch hat: „Sooh, böck dech ähs un kuck mool üwe däine Stän“, sooht de Mäste, „batt säihste doo?“ ….“Strooßburje Haues, Mäste!“ Damit sei zudem auch belegt, dass man vom hoch gelegenen Winnfeld auch früher schon eine weitläufige schöne Aussicht hatte.

Franz G. Bell