Sondersitzung des Kreistages Mayen-Koblenz am 16. Juli 2021

Mayener Krankenhausaus dem Klinikverbund herauszulösen?

Mayener Krankenhaus
aus dem Klinikverbund herauszulösen?

Dunkle Wolken über dem Mayener St. Elisabeth-Krankenhaus? Die Kreisverwaltung soll jetzt prüfen, ob und zu welchen Bedingungen es aus dem Klinikverbund des GKM herausgelöst werden kann.Foto: WE

Koblenz. „Schon wieder eine Sondersitzung des Kreistages“, war man fast geneigt zu sagen, die am 16. Juli ausschließlich den Schwierigkeiten des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein (GKM) zu verdanken war. Zwei waren es im vergangenen Jahr gewesen. Da hatte der Kreistag gleichzeitig entschieden, weitere drei Mio. Euro als Gesellschafter einzubringen, um die Geschäftstätigkeit des Klinikums überhaupt aufrecht erhalten zu können und die nicht börsennotierte Sana AG mit der Geschäftsführung zu betrauen. Jetzt war darüber zu entscheiden, ob der Kreis Mayen-Koblenz, er hat als öffentliche Hand zusammen mit der Stadt Koblenz die Mehrheit der Besitzverhältnisse am GKM, so viel davon zusammen mit den kirchlichen Stiftungen preisgibt, dass ein privater Investor Mehrheitsgesellschafter werden kann, das GKM also privatisiert wird. Der Koblenzer Stadtrat sollte am Vortag einen gleichlautenden Beschluss fassen, hatte dies aber abgelehnt und den Grundsatzbeschluss gefasst, einen strategischen Partner lediglich als Gesellschafter sowie Finanzierungspartner einzubinden und nicht als Mehrheitsgesellschafter.

Relativ einfach und deshalb einstimmig beschloss der Kreistag den ersten Teil der von der Kreisverwaltung entwickelten Beschlussvorlage. „Der Landkreis Mayen-Koblenz bekennt sich zu der Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein gGmbH („Gesellschaft“) und insbesondere zu der Fortführung des von der Gesellschaft betriebenen Verbundkrankenhauses als Krankenhaus der Maximalversorgung u.a. mit den Standorten in Koblenz und Mayen.“

Erst der zweite Teil der Beschlussvorlage „Im Interesse der Zukunftssicherung sowie Weiterentwicklung der Gesellschaft und hierbei insbesondere der Umsetzung der Einstandortlösung sowie der Bauentwicklungsplanung in Mayen sieht der Landkreis das Erfordernis, einen strategischen Partner als Mehrheitsgesellschafter und Finanzierungspartner einzubinden“ löste heftige Diskussionen der unterschiedlichen Positionen aus. Für die Fraktion FWG-MYK beantragte Vorsitzender Bruno Seibeld gleich eingangs, das Wort „Mehrheitsgesellschafter“ abzuändern in „Mitgesellschafter“ und wurde dabei von der Fraktion FWM3/Die Linke unterstützt, die dabei den Vorschlag ins Gespräch brachte, doch das Mayener Krankenhaus aus dem Verbund des GKM zu lösen und künftig in eigener kommunaler Trägerschaft zu betreiben. Jörg Lempertz zeigte für die CDU Verständnis für die Forderungen, vermochte jedoch keinen annähernd geeigneten Finanzierungsvorschlag zu erkennen und wies zudem darauf hin, dass die kirchlichen Stiftungen für die Abgabe ihrer Anteile die Mehrheitsbeteiligung eines privaten Investors verlangen, eine Leitung der Gesellschaft unter kommunaler Führung ablehnen und der Gesellschaft keine weitergehenden finanziellen Mittel zur Verfügung stellen könnten bzw. wollen. Eine ähnliche Ansicht vertraten Klaus Meurer für die Fraktion der Grünen und für die FDP Ekkehard Raab. Damit war die Sache weitgehend klar. Dem Antrag der FWG-MYK stimmten lediglich sieben Kreistagsmitglieder zu, 36 votierten dagegen. Der unveränderte zweite Teil des Beschlussvorschlags konnte 38 Stimmen für sich verbuchen, sieben votierten ablehnend.

Resümierend zu dem Privatisierungsbeschluss darf sicherlich festgestellt werden, die Sana AG müsste ganz schön „mit dem Klammerbeutel gepudert sein“, wenn sie lediglich als weiterer sich nicht mit seiner Meinung durchsetzen könnender Gesellschafter beim GKM einsteigen würde, um dabei mit ihrem Kapital die Umsetzung der bereits beschlossenen Einstandortlösung in Koblenz zu bezahlen sowie die Umsetzung der Bauentwicklungsplanung in Mayen und den Weiterbetrieb unrentabler kleinerer Häuser. Mit der Materie sich auskennende Fachleute sehen auch keinen anderen Investor, der zudem die finanzielle Gesamtsituation des GKM annähernd gut einschätzen könne, wie die derzeitige Geschäftsführung der Sana. Die spannende Frage wird also bleiben, wie viel Geld die derzeitigen Gesellschafter trotzdem drauflegen müssen, um die Sana überhaupt zur Übernahme der Mehrheit zu bewegen und welche Zugeständnisse sie als neuer Mehrheitsgesellschafter dabei machen wird.

Aus der Diskussion um den Privatisierungsbeschluss ergab sich ein dritter Teilbeschluss zur ursprünglichen Vorlage: „Der Kreistag beauftragt die Verwaltung zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen das Krankenhaus Mayen aus dem GKM herausgelöst werden kann, um anschließend als GmbH wieder unter der Verantwortung des Kreises zu sein.“ Sicherlich werden die Juristen der Kreisverwaltung unter Einhaltung von Fristen und anderem mehr eine Möglichkeit finden, wie und zu welchem Preis diese Idee umzusetzen sein wird. Dennoch scheint es eher wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Kreisverwaltung auszusehen. Fraktionsvorsitzender Schönberg von der FWM3/Die Linke bezifferte den von der Sana-Geschäftsleitung erwirtschafteten Fehlbetrag für 2020 auf vier Mio. Euro. Der Betrag soll sich im Geschäftsjahr 2021 sogar noch auf 13 Mio. Euro erhöhen. Und die Stiftungsgesellschafter haben bereits wiederholt erklärt, der Gesellschaft keine weitergehenden finanziellen Mittel zur Verfügung stellen zu können bzw. zu wollen. Sollten sich die Zahlen bewahrheiten, könnten die kommunalen Gesellschafter vermutlich erneut zur Sicherstellung des Geschäftsbetriebes herangezogen werden, als dass ein Herauslösen des Mayener Krankenhauses finanziell möglich wird und auf eigene sichere finanzielle Beine gestellt werden kann. Und auch wenn es möglich erscheinen sollte, ist keineswegs gesichert, ob der Kreistag ein in heutigen Zeiten stets mit hohem Kostenrisiko behaftetes zusätzliches Projekt wie ein Krankenhaus überhaupt wieder in eigener Regie übernehmen will.

Einen Ausweg aus der finanziellen Misere des GKM würde ein weiterer Vorschlag sein, der sich aus der Privatisierungsdiskussion ergab und der als vierter Teil des Beschlussvorschlages aufgenommen wurde. „Die Verwaltung wird beauftragt, mit der Landesregierung - und hier mit Herrn Gesundheitsminister Hoch – zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen das Land Rheinland-Pfalz zur Übernahme wesentlicher Geschäftsanteile der Gemeinschaftsklinikum gGmbH und – über die Landesförderung von Investitionen hinaus – auch als mitfinanzierender Gesellschafter bereit ist.“ SPD-Fraktionsvorsitzender Achim Hütten zeigte sich überzeugt, dass das Landeskrankenhausgesetz keine Beteiligung des Landes ermöglicht. Jörg Lempertz interpretierte für die CDU den §2 des Gesetzes vollkommen anders. Der Auftrag an die Verwaltung wurde mit 35 Stimmen gebilligt gegen neun Stimmen der SPD. Sollte das Land jedoch wider Erwarten als mitfinanzierender Gesellschafter infrage kommen, kann sich Gesundheitsminister Clemens Hoch sicherlich auf eine lange Schlange notleidender rheinland-pfälzischer Kliniken gefasst machen, die bei ihm mit einem gleichem Ansinnen erscheinen würden.

Abschließend erteilte der Kreistag an den gebildeten Rechnungsprüfungsausschuss noch einen Prüfauftrag, der sich aus der letzten regulären Kreistagssitzung Anfang Juli ergab. Seinerzeit war beim Modellprojekt Smart Cities festgestellt worden, dass der Kreisverwaltung bei der Beantragung von Fördermitteln ein Fehler unterlaufen war, der aller Wahrscheinlichkeit zufolge den Ausfall von über 4,3 Mio. Euro bedeuten wird. Der Auftrag lautet wie folgt: Prüfung aller Vorgänge im Fall „Smart Cities“, auch unter Beachtung der allgemeinen Haushaltsgrundsätze.