Schon in früheren Zeiten wurde das Ahrtal von Hochwasser heimgesucht - Teil 2: Das Hochwasser von 1804
Als das Wasser Entsetzen, Tod und Zerstörung brachte
Kreis Ahrweiler. Die Nacht des 21. Juli 1804 war eine Schicksalsnacht für die Bewohner der Ahrtals. Nachdem bereits das Vorjahr einen ungewöhnlich heißen Sommer hervorbrachte, kletterten auch in diesem Juli die Temperatur auf Höchstwerte. Die Folge waren Gewitterparzellen, die zwar in der Fläche nur kleine Gebiete betraf, diese aber umso heftiger. Im Gebiet kleiner Ahrzuflüsse wie dem Trierbach, dem Adenauer und Kesselinger Bach, aber auch an Brohl und der Nette gingen Sturzfluten nieder. Während bei letzteren Gewässern die Flut überschaubar blieben, rauschte durch das Ahrtal eine zerstörerische Welle. Dokumentiert hat dies ein gewisser Herr Chaban, seines Zeichens Präfekt des Rhein-Mosel-Departements – das Ahrtal war im Jahre 1804 französisch besetzt und Teil jenes Departements. Chaban schrieb so gut wie möglich die Schäden im Tal nieder um seinen Bericht anschließend nach Paris zu schicken. Die Aufzeichnungen Chabans bringen auch ein paar Probleme mit sich. Hier und dort brachte er die Ortschaften durcheinander (Heimersheim ist nicht Hemmessen) und auch mit den damals üblichen Maßen zum Bestimmen des Wasserstandes schwankte er ein bisschen. Ziemlich fest steht, dass in Rech der Pegel der Ahr 2,50 Meter über der Steibrücke betrug. Doch das traurige Resultat der Katastrophe ist recht gut dokumentiert und traurig zu gleich. 63 Menschen starben in jener Nacht, in der sich um etwa drei Uhr nachts die Geschichte des Ahrtals änderte. Zu dieser Uhrzeit prallten Gewitterfronten auf Müsch, zogen ostwärts und entluden ihren Regen bis sie etwa um 5 bis 6 Uhr am Rhein angekommen waren.
Ein wirtschaftlicher Super-GAU
Die Folgen waren katastrophal: Im Ahrtal und seinen Nebentälern wurden 129 Wohnhäuser, 162 Scheunen bzw. Ställe, 18 Mühlen und acht Schmieden gänzlich zerstört. Schwer beschädigt wurden 469 Wohnhäuser, 234 Scheunen bzw. Ställe, zwei Mühlen und eine Schmiede wurden schwer beschädigt. Dokumentiert ist der Verlust von 78 Rindern oder Pferden, die genauen Zahlen dürften jedoch ungleich höher sein. Für die Talbewohner war dies damals ein Super-GAU. Der wirtschaftliche Schaden war enorm. Zahlreiche Winzer verloren ihre Anbauflächen, die Getreideernte fiel komplett aus. Viele Felder waren mit Sand, Schlamm und Kies derart zugeschüttet, dass die schockierten Mitarbeiter der französischen Verwaltung vermuteten, dass dort niemals mehr etwas gedeihen könne.
Altenahr kam glimpflich davon
Dort wo die Wassermassen zuerst zuschlugen, an der Oberahr, variierten die Schadensbilder. Schwere Verwüstungen waren in Müsch und Schuld zu verzeichnen und auch in Barweiler waren die Schäden erheblich. Recht glimpflich kamen Insul, Dümpelfeld, Liers und Hönningen davon. In Pützfeld gab es überhaupt keine Schäden. Auch an der Mittelahr änderte sich das Bild innerhalb von wenigen Kilometern. Während Altenahr praktisch verschont bliebe, schlug das Hochwasser in Altenburg, Brück (heute Ahrbrück) und Kreuzberg entsetzlich zu. Dies ist ein interessanter Aspekt: Beim diesjährigen Hochwasser ist die Zerstörung Altenahrs massiv. Es muss jedoch auch beachtet werden, dass das Wasser 2021 bedeutend höher stand. Altenahr wurden bereits hingegen 2016 in Mitleidenschaft gezogen. Dort stand das Wasser in jenem Jahr bei etwa 3,80 Metern. Das nahegelegene Mayschoß war weniger betroffen, gleiches gilt für Rech. Dort gab es zwar wenige Sachschäden, aber fünf Menschen fanden in den Fluten in den Tod. Von allen Ortschaften an der Jahr wurde Dernau am schwersten getroffen. 103 Wohnhäuser wurden zerstört. Ähnlich hart wurde Marienthal getroffen, Walporzheim entkam offensichtlich der Katastrophe. Der heutige Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde erst gar nicht im Bericht erwähnt.
Es schien, dass die Flut in Ahrweiler nochmals an Kraft gewann. Das Wasser rauschte durch das Obertor und trug dabei Holz und Trümmer mit sich, die auf die Häuser der Altstadt immer und immer wieder einschlugen. Viele Wohnhäuser wurden fortgeschwemmt. Bis zum zweiten Stock soll das Wasser gestanden haben. Auch die Stadtmauer wurde von Stämmen durchstoßen. Das sollte sich als Glücksfall herausstellen. Denn so hatte das Wasser zumindest Abflüsse. Verwüstungen gab es ebenfalls in Bad Neuenahr, das damals noch aus den Ortsteilen Beul, Wadenheim und Hemmessen bestand. Wie groß die Zerstörung östlich vom heutigen Bad Neuenahr war, ist nur schwerlich zu ermitteln. Der damalige Bürgermeister Sinzigs berichtete, dass die große steinerne Brücke eingerissen wurde und somit eine wichtige Verkehrsachse, wie es heißt. Dabei unterscheidet sich die Flut von damals nur wenig mit dem 2021er Hochwasser.
Die Infrastruktur trug schon damals massive Schäden davon. Und ebenso wie bei dem Hochwasser von diesem Jahr führten fortgespültes Holz und entwurzelte Bäume zur Zerstörung der meisten Ahrbrücken. Insgesamt 30 Ahrquerungen wurden vollständig fortgerissen und der Wiederaufbau dauerte Jahre.
Quelle: Das Heimatjahrbuch von 1804 im Kreis Ahrweiler von Dr. Hans Frick in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler.
ROB