Allgemeine Berichte | 22.02.2022

Mehmet Yilmaz ist der Inhaber eines Floristikgeschäftes in Bad Neuenahr, das von der Flut völlig zerstört wurde. Doch er kümmerte sich nicht nur um seinen eigenen Laden, sondern half zuerst anderen Betroffenen

„Ein Neuenahrer Jung gibt nicht auf“

In der Nordstraße geht der Betrieb weiter. Mehmet Yilmaz möchte aber unbedingt in die Telegrafenstraße zurück. Fotos: ROB

Bad Neuenahr. Wer heute in der Telegrafenstraße direkt vor der Rosenkranzkirche in Bad Neuenahr steht und auf die gegenüberliegende Straßenseite schaut, weiß: Hier hat die Flut auch so richtig zugeschlagen. Die Schaufenster des Geschäftes von Mehmet Yilmaz namens Floraldesign Lersch zeugen immer noch von Wasser- und Schlammmassen. Alles ist schmutzig und irgendwie noch feucht. Wenn Yilmaz gefragt wird, wann er wieder öffnen könnte, zuckt er mit den Achseln. „Wir hoffen vor dem 1. Advent“, sagt er. „Aber ob das klappt, weiß ich noch nicht.“

Die Flutnacht hat er noch gut im Gedächtnis. Gute zwei Meter stand das Wasser in seinem Laden. Und Blumen und anderen Pflanzen sind zerbrechliche Waren. Kurzum: Yilmaz hatte einen Totalschaden. „Ich hätte auch nie gedacht, dass uns das mal passiert“, gibt er zu und beschreibt das, was viele im Ahrtal dachten. Am 14. Juli hatte er sich noch gar keine Gedanken gemacht, dass es sinnvoll sein könnte seinen Laden zu sichern. Stattdessen half er lieber anderen. So war er bereits nachmittags unterwegs um seinen Mitbürgern beim Füllen von Sandsäcken zu helfen, stellte seine Firmenwagen zu Verfügung um die Säcke von A nach B zu transportieren. Gebracht haben die im Nachhinein nichts, denn auch die Barrieren wurden fortgespült. Trotzdem ist er sicher, das Richtige gemacht zu haben. Erst als ein älterer Herr ihm sagte: „Komm, Junge, guck´ mal nach deinem eigenen Laden,“ ging er zurück in die Telegrafenstraße. Und nur wenig später kam die Flut, das Wasser schoß aus Kanaldeckeln. In kürzester Straße war alles um ihn herum geflutet. Selbst als Yilmaz gegen Mitternacht in hüfthohem Wasser watete – so recht glauben wollte er, was da gerade passiert immer noch nicht. Er durchlebte brenzlige Situationen in seinem Geschäft. Als das Tor einer Tiefgarage eingedrückt wurde und das Wasser hineinschoss, hatte dies eine Wirkung wie ein Strudel. Der Florist klammerte sich an einen Tisch, um nicht in die Garage gesaugt zu werden.

Trotzdem versuchte er zu retten, was zu retten ist. Er hielt erst innen und dachte nach, als sein Handy klingelte. Seine Frau war am anderen Ende und sagte: „Komm nach Hause.“ Und so ging er nach Hause, in die Straße Im Dellmich, die sich deutlich erhöht durch die Bad Neuenahrer Hügel schlängelt. Glücklicherweise blieb sein Heim von der Flut verschont.

Yilmaz: „Natürlich mache ich weiter“

Am nächsten Tag sind er und seine Kollegen und Freude einmal an den Laden gegangen. Der Anblick, der ihn erwartete, war bitter. Aber zwei Gedanken schossen ihm durch den Kopf. „Es kam für mich nicht in Frage, das Geschäft nicht mehr weiter zu betreiben,“ so Yilmaz. „Ich bin ein Neuenahrer Jung, ich bin hier groß geworden. Natürlich mache ich weiter.“ Und dann fragte er sich: Wenn es schon bei ihm so grausam aussah – wie sieht es dann wohl an der Mittelahr aus.

So fuhr er mit einigen Helfern zunächst nach Mayschoß um dort den Menschen zu helfen, bevor er sich um seinen eigenen Laden kümmerte. Dort packte er mit an, brachte Stirn- und Taschenlampen zu den Menschen, die im wahrsten Sinne alles verloren hatte. Erst nach einiger Zeit kümmerte er sich um sein Geschäft, dass schließlich auch mit Tatkraft und der viel zitierten „Eimerkette“ ausgeräumt wurde. Noch laufen hier die Bautrockner und einen Zeitplan gibt es nicht.

Doch bei Floraldesign Lersch ging es schon im Oktober letzten Jahres weiter. In der Nordstraße haben Yilmaz und sein Team zusätzliche Räumlichkeiten. Hier wurden in der Vergangenheit Events veranstaltet. Kurzerhand wurde hier ein Blumenshop geschaffen und Kunden können sich wieder mit bunten Blüten und schicken Arrangements eindecken. „Wir sind froh, dass wir hier weitermachen können“, sagt er. Mehmet Yilmaz und seine Mitarbeiter freuen sich darauf, wieder in die Telegrafenstraße zurückzukehren. „Doch das dauert wohl noch etwas“, sagt er. ROB

Auch im Geschäft von Yilmaz hinterließen Wasser und Schlamm enorme Schäden.

Auch im Geschäft von Yilmaz hinterließen Wasser und Schlamm enorme Schäden.

In der Nordstraße geht der Betrieb weiter. Mehmet Yilmaz möchte aber unbedingt in die Telegrafenstraße zurück. Fotos: ROB

Leser-Kommentar
Bildergalerien
Neueste Artikel-Kommentare

Lesung von Marco Martin fand begeisterte Zuhörer

  • Ute Schäfer : Ein wahnsinnig emotionales Buch. Gänsehaut pur... manchmal Tränen, aber auch mal ein befreiend Lachen. Muss man gelesen haben.
  • Michael Krah: Dies betrifft doch eher die gesamte Innenstadt. Das man spätestens besser nicht die Altstadt besucht ist doch bekannt,wenn man dies zum Thema macht ist man rassistisch und diskriminierend. Bewusst werden...
  • Michael Krah: Was passiert dann mit den Anwohnern? Wo sollen die ihre Autos abstellen? Oder wird zwischen Alte Burg und Deutscher Kaiser nur noch an Radfahrer vermietet? Was kommt als nächstes? Wegfall der Anlegestellen...
Dauerauftrag 2025
Imageanzeige
Daueranzeige
Stellenanzeige
"Herbstbunt“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler, 25. – 26.10.25
Sonderpreis wie vereinbart
Allerheiligen -Filiale Dernbach
Imagewerbung
Festival der Magier
Empfohlene Artikel

Kreis Ahrweiler/Brüssel. Mit einer bewegenden Eröffnung wurde am Dienstag im Europäischen Parlament in Brüssel die Ausstellung „Flut – Juli 2021. Eine Katastrophe im Herzen von Europa“ eröffnet. Vier Jahre nach der Katastrophe, die Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Ostbelgien erschütterte, präsentierte die Schau künstlerische Positionen, persönliche Zeugnisse und Erinnerungsarbeiten. Die Präsidentin...

Weiterlesen

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler mbH (AuEG) und die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler laden alle interessierten Bürgerinnen und Bürger zu einer Informationsveranstaltung zur Baumaßnahme im Bereich Kreuzstraße und Platz an der Linde ein. Diese findet am Mittwoch, 12. November, um 18 Uhr im Firmensitz der AuEG in der Hauptstraße 136a statt.

Weiterlesen

Kreuzberg. Die L 76 in der Ortslage Kreuzberg muss vom 22. Oktober bis einschließlich 4. November 2025 für den Verkehr voll gesperrt werden. Grund hierfür sind notwendige Brückenbauarbeiten im Zuge des Aufbaus nach der Flutkatastrophe. Die Umleitung erfolgt von Altenburg kommend über die B 257 durch Brück über Lind, Plittersdorf und Binzenbach, aus der entgegengesetzten Richtung kommend entsprechend umgekehrt.

Weiterlesen

Weitere Artikel

Der Premiumwanderweg feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen

Unkel: Rheinsteig-Portal auf dem Stuxberg eröffnet

Unkel. Auf dem Stuxberg in Unkel ist am 22. Oktober 2025 ein Rheinsteig-Portal eingeweiht worden. Die Tourismus Siebengebirge GmbH, der Naturpark Siebengebirge, der Naturpark Rhein-Westerwald sowie die Verbandsgemeinde und die Stadt Unkel hatten zu der Eröffnung auf den Stux eingeladen.

Weiterlesen

Landtagsabgeordnete Lana Horstmann lädt zum Austausch mit Bildungsminister Sven Teuber

Dialog über Bildung

Neuwied. Zu einem offenen Dialog über aktuelle Herausforderungen und Perspektiven im Bildungsbereich hatte die Neuwieder Landtagsabgeordnete Lana Horstmann (SPD) eingeladen – und zahlreiche Schulleiterinnen sowie Vertreterinnen von Kindertagesstätten aus dem gesamten Kreis Neuwied waren der Einladung gefolgt.

Weiterlesen

Hausmeister
Wir helfen im Trauerfall
Illustration-Anzeige
Baumfällung & Brennholz
Maschinenbediener
Image Anzeige
Vorabrechnung, Nr. AF2025.000354.0, Oktober 2025
Herbstbunt
Nachruf Regina Harz
Doppelseite Herbstbunt
Anzeigenauftrag #PR106350-2025-0453#
Vorabrechnung, Nr. AF2025.000354.0, Oktober 2025
Anzeigenauftrag #PR106350-2025-0461#
150 Jahre Schuhhaus Rollmann in Bad Neuenahr-Ahrweiler
150 Jahre Schuhhaus Rollmann in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Kurse November