Gemeinde Dernau gedenkt den Opfern der Flutkatastrophe vor zwei Jahren

„Hoffnung, Zuversicht, Mut zum Weitermachen“

„Hoffnung, Zuversicht, Mut zum Weitermachen“

Anna Gieler und Nele Poppelreuter verteilten für jeden Toten ein buntes Band. Rechts Heinz Schaumann. Foto: wite

Dernau.  Unter dem Motto „Hoffnung, Zuversicht, Mut zum Weitermachen“ lud die Ortsgemeinde Dernau aus Anlass des zweiten Jahrestages der  Flutkatastrophe im Ahrtal in der Nacht vom 14.  auf und 15. Juli zu einer Gedenkfeier ein.  „Wir gedenken dabei insbesondere den elf Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die wir in Dernau durch die Flut verloren haben,“ führte Ortsbürgermeister Alfred Sebastian aus. „Getreu dem Motto unseres diesjährigen Gedenkens möchten wir hoffnungsvoll und zuversichtlich in die Zukunft schauen, und Mut verbreiten zum Weitermachen.“ Bereits zum ersten Fluttag, am 14. Juli, hatte es Freitag Abend in der Pfarrkirche St.-Johannes-Apostel ein Orgelkonzert mit Impulsen gegeben. Für Samstag waren dann Dernauer Bürger und alle interessierten Menschen zur Gedenkfeier eingeladen. Wegen der angekündigten Gewitter hatten die Organisatoren diese sicherheitshalber kurzfristig in die Pfarrkirche verlegt. Und nach dem offiziellen Teil nutzten viele Menschen die Möglichkeit zum Zusammenbleiben und zu Gesprächen in der überdachten Dagernova bei der Kirche. 

Würdig und einfühlsam

Die Gedenkfeier wurde würdig und einfühlsam moderiert von Heinz-Wilhelm Schaumann, der auch Mitglied des Gemeinderates Dernau ist. An der Orgel begleitet wurde die Feier von Markus Prange. Zur Eröffnung gab es  fünf Minuten Glockengeläut für ein stilles Gedenken. Dann trug der Männergesangverein Loreley Dernau die Komposition „Wohin soll ich mich wenden“ von Franz Schubert vor. Anna Gieler und Nele Poppelreuter verteilten für jeden Toten vom Altar aus jeweils ein farbiges Band. Danach trugen diese auch jeweils eine Fürbitte vor. Unter dem Motto „Mut zum Weitermachen“ folgte eine einfühlsame, tiefgründige und in sechs Abschnitte unterteilte Gedenkrede des Dernauer Bürgermeisters Alfred Sebastian zum zweiten Jahrestag der Flutkatastrophe im Ahrtal vom 14./15. Juli 2021. Hier hatte es an der Ahr 134 Tote gegeben. Den elf Toten aus Dernau wurde bei dieser Feier gedacht. Inzwischen sei ist ein weiteres Jahr seit der Flutkatastrophe  vergangen. „Und wir stehen hier und heute zusammen, da wir alle immer noch im Bann dessen sind, was wir in dieser Nacht erlebt haben. Unsere wunderschöne Heimatort Dernau hatte sich für immer und unwiederbringlich verändert. Heute haben wir uns hier unter dem Motto „Hoffnung, Zuversicht und Mut zumWeitermachen“ versammelt, denn wir wollen, nein, wir müssen nach vorne blicken, ohne aber dabei zu vergessen, den Menschen aus unserer Mitte zu gedenken, die wir in dieser furchtbaren Nacht der Flutkatastrophe verloren haben. Der Verlust wiegt immer noch schwer, aber wir haben uns vor einem Jahr vorgenommen, schon allein im Sinne unserer Flutopfer in Dernau und der Flutopfer, darüber hinaus die Herausforderung anzunehmen und mit voller Motivation den Wiederaufbau anzugehen,“ so Sebastian weiter.

Wiederaufbau

„Der Wiederaufbau bedeutet für nicht wenige im ganzen Tal, und vor allem für uns als Gemeinde, Neuaufbau, der mit vielen Widrigkeiten verbunden ist. Gesetze, Bestimmungen, Planungsmodalitäten, Mangel an Handwerkern und Lieferschwierigkeiten an Material und nicht zuletzt die Bürokratie bei Antragstellung und Abruf von Fördermitteln machen nicht nur der Gemeinde, sondern auch Ihnen - somit vielen einzelnen unter uns, große Schwierigkeiten mit dem Wiederaufbau weiterzukommen.“

Wir brauchen Mut zum Weitermachen!

„Viele von uns haben seit der Flut mit vollem Elan die Dinge angepackt und sich der Aufgabe des Wiederaufbaus gestellt. Leider konnten bislang noch eine Vielzahl von Mitbürgerinnen und Mitbürger in ihr wiederaufgebautes Heim immer noch nicht zurückkehren. Wir haben uns der Realität stellen müssen, dass leider nicht alles so schnell geht, wie wir es uns wünschen. Und dennoch machen fast alle von uns das Beste daraus. Auch wenn heute viele von uns erschöpfter sind, als noch vor einem Jahr, treibt uns der feste Wille an, unsere Heimat wieder aufzubauen, fertig zu werden und so etwas wie ein „normales Leben“ führen zu können.“

Und Sebastian weiter: „So wie im ersten Jahr sind wir auch im Jahr danach beschenkt mit vielen Menschen, die uns bei der großen Herausforderung Wiederaufbau zur Seite stehen. Nicht nur innerhalb unserer Dorfgemeinschaft stehen wir eng zusammen. Wir erfahren nach wie vor eine überwältigende Solidarität von Menschen, die sich seit der Flut sich mit Dernau eng verbunden fühlen. Viele Freundschaften und Partnerschaften zwischen Familien und Vereinen sind entstanden, die uns dauerhaft erhalten bleiben. Das haben wir zum Beispiel vor einer Woche alle erleben dürfen, als unsere Feuerwehr ihr wiederentstandenes und erweitertes Feuerwehrhaus feierlich eingeweiht hat. Viele Feuerwehr-Einheiten aus der Nachbarschaft, aber auch von weit entfernt waren gekommen, um ihre Freude mit uns zu teilen, aber auch ihre Verbundenheit mit uns zu vertiefen. Insgesamt nahmen an der Feier mehr als 800 Feuerwehrleute aus ganz Deutschland teil.“

Sie machen uns Mut zum Weitermachen!

„Mit der Bundeswehr, die in den Wochen und Monaten nach der Flut uns hier im Ahrtal zur Seite stand, haben wir als Gemeinde eine Partnerschaft mit dem Standort Gelsdorf geschlossen, und pflegen einen regen Austausch. Ihre Verbundenheit mit uns zeigt sich nicht nur durch die Teilnahme an der heutigen Veranstaltung. Vielen Dank dafür.“ Vom Bundeswehrstandort Gelsdorf war eine Abordnung von einem Dutzend Soldaten von Heer, Marine und Luftwaffe gekommen, darunter auch der Dienstellenleiter. „Nach wie vor stehen uns Hilfsorganisationen zur Seite, die unserer Dorfgemeinschaft vieles geben. Sei es der ASB mit dem Seniorencampus, oder die Aktion Habitat mit ihrem Werkzeugverleih, oder seien es die Johanniter, die neben der Beratung zu Wiederaufbaufragen und dem Handwerkerdorf sich vor allem um unsere Jugend kümmern, und vor wenigen Wochen mit der feierlichen Eröffnung der neuen Jugend- und Begegnungsstätte „Treffpunkt vor Müllert“ ein gemeinsames Leuchtturmprojekt verwirklichen konnten. Aber auch viele andere Hilfsorganisationen sind nach wie vor an den verschiedensten Stellen in unserem Ort aktiv.“ Gekommen waren auch Polizei, Deutsches Rotes Kreuz sowie Freunde des Ortes aus Augsburg. 

Aber auch im Bereich der kommunalen Zusammenarbeit seien nachhaltige Freundschaften und bleibende Projekte entstanden. „Davon zeugt beispielhaft in unserem Ortsteil Marienthal das neue Freundschaftshaus, und nicht ohne Grund haben wir als Gemeinde den neu entstehenden Platz „Donau-Ries-Platz“ genannt. Allen, die uns in den vergangenen beiden Jahren unterstützt und uns ihre Zeit geschenkt haben, uns Mittel beschafft und damit in die Lage versetzt haben weiterzukommen, oder auch nur einfach für uns da waren, als wir sie gebraucht haben, danke ich im Namen aller Bürgerinnen und Bürger sehr herzlich für alles, was sie geleistet haben.“

Wir haben den Mut zum Weitermachen!

„Unsere Heimat wird nie mehr so sein, wie sie einst war. Dennoch glaube ich nach wie vor fest daran, dass wir von Jahr zu Jahr, wenn hier zusammenkommen und feststellen werden, dass sich zwar vieles verändert hat, aber doch das meiste besser und schöner geworden ist, als wir uns dies heute vorstellen können. Wir werden vermutlich mehr Zeit benötigen, als wir es uns wünschen, aber wenn wir hartnäckig und zuversichtlich uns allen Herausforderungen stellen, und die Geduld aufweisen, die wir dazu brauchen, dann kommen wir auch ans Ziel. Wir gedenken heute in besonderer Weise den Menschen, die wir in der Flutnacht verloren haben. Ja, und wir trauern auch immer noch um sie, denn sie sind aus unserer Mitte gerissen worden, und wir fühlen uns nach wie vor mit ihnen verbunden. Sie haben auf ihre Weise unser Dorfleben geprägt und Spuren hinterlassen. Darum ist es unsere Aufgabe als Dorfgemeinschaft, sie nicht zu vergessen und dankbar zu sein, dass wir sie hatten. In deren Sinne bauen wir unsere Heimat für uns und kommende Generationen wieder auf.“

Darum haben wir den Mut zum Weitermachen!

Danach stimmte der Kirchenchor Cäcilia Dernau „Auf Gott allein will hoffen ich“  ein - eine Komposition von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Mit Hoffnung und Zuversicht und „Gedanken zum Gedenken“ verbreitete anschließend auch die Pastoralreferentin, Elisabeth Hauröder, Mut. Zunächst habe es nach der Flut eine große Fassungslosigkeit darüber gegeben, was alles zu ertragen gewesen war. Schließlich sei aber mit vielen Helferinnen und Helfern dauerhafte Freundschaften entstanden. Danach ging es musikalisch weiter mit „Gott tröste uns“ (Komponist Gustav Flügel), vorgetragen vom Männergesangverein Loreley Dernau. Dann erfolgte am Gedenkstein der Kirche die Kranzniederlegung für die elf Dernauer Flutopfer mit Fürbitten und Abschlussgedanken. An der gesamtem Ahr hatte diese Katastrophe 135 Menschen in den Tod gerissen. Es folgte das vom „Kirchenchor Cäcilia“ vorgebrachte Lied „Wirf dein Anliegen auf den Herrn“ - eine Komposition von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Mit Abschlussgedanken sowie das gemeinsam gesungene Schlusslied „Kleines Senfkorn Hoffnung (Komponist: Ludger Edelköder) endete der offizielle Teil der würdigen Gedenkfeier. Die Möglichkeit des Zusammenbleibens bei der überdachten Dagernova nutzten sehr viele Menschen für Gespräche und zum Austausch.

wite