Ein Jahr Flutkatastrophe:

IHK zieht Bilanz über Wirtschaft im Ahrtal

IHK zieht Bilanz über Wirtschaft im Ahrtal

Am 14. Juli 2022 jährt sich die Flutkatastrophe im Ahrtal. Rund 800 IHK-Mitgliedsbetriebe wurden stark beschädigt oder zerstört. Wie die Wirtschaft heute dasteht, darum ging es im Gespräch mit der IHK Koblenz. Fotos: IHK Koblenz

IHK zieht Bilanz über Wirtschaft im Ahrtal

IHK-Vizepräsident Jörg Schäfer und IHK-Regionalberaterin Anne Glück.

IHK zieht Bilanz über Wirtschaft im Ahrtal

Großes Medieninteresse in Koblenz.

Koblenz/Ahrtal. Am 14. Juli 2022 jährt sich die Flutkatastrophe im Ahrtal. Rund 800 IHK-Mitgliedsbetriebe wurden stark beschädigt oder zerstört. Wie die Wirtschaft heute dasteht, darum ging es im Gespräch mit der IHK Koblenz.

„Im letzten Jahr sind zahlreiche Ideen für den Wieder- bzw. Neuaufbau bei den Zukunftskonferenzen entstanden „, erinnert sich IHK-Vizepräsident Jörg Schäfer, der mit seinem REWE Markt in Bad Neuenahr ebenfalls von der Flut betroffen war. „Bei all den guten Ideen ist es nun entscheidend, dass sie nicht vergessen, sondern zeitnah umgesetzt werden.“ Schnelle Umsetzung sei auch in Bezug auf die Infrastruktur das Stichwort: „Straßen, Wege, Kanalisation und Fernwärme müssen jetzt in Stand gesetzt werden. Nur so können Handel und Tourismus wiederbelebt werden.“

Frist endet Mitte nächsten Jahres

Die Unternehmen ruft Jörg Schäfer dazu auf, ihren Antrag auf Wiederaufbauhilfe zeitnah bei der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) einzureichen. Insgesamt sind 265 Anträge von betroffenen Unternehmen und Freiberuflern aus ganz Rheinland-Pfalz bei der ISB eingegangen. „Das ist viel zu wenig. Die Zeit drängt“, so Schäfer. Die Frist zur Antragsstellung endet am 30. Juni 2023. „So ein Jahr vergeht wie im Flug, Unternehmen sollten nicht unterschätzen, wie lang allein die Erstellung des Gutachtens dauern kann.“

Mit Blick auf den komplizierten Beantragungsprozess der Wiederaufbauhilfe appelliert der IHK-Vizepräsident an die Unternehmen: „Wir lassen Sie mit der Antragsstellung nicht allein – melden Sie sich bei der IHK und holen Sie sich Unterstützung!“. Insgesamt hat die IHK im Laufe des Jahres mehr als 3000 Beratungsgespräche geführt, sowohl über die IHK-Hochwasser-Hotline als auch in der IHK-Regionalgeschäftsstelle oder bei den Betrieben vor Ort. Individuelle Fälle bespricht die IHK in regelmäßigen Austauschrunden direkt mit der ISB, dem Wirtschaftsministerium und weiteren Kammern. In dreißig Betrieben konnten ehrenamtliche IHK-Lotsen mit ihrer Expertise als ehemalige oder auch aktive Geschäftsleute und Führungskräfte, Hilfe vermitteln, wo sie dringend gebraucht wird.

Speziell für Unternehmen, die bisher noch keinen Antrag auf Aufbauhilfe gestellt haben, führt die IHK gemeinsame, kostenfreie Beratungstage mit der HwK, dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz sowie der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) in der Ahr-Akademie in Bad Neuenahr-Ahrweiler durch.

Das von der Politik gegebene Versprechen von unbürokratischer und schneller Hilfe habe hohe Erwartungen geweckt. „Doch mittlerweile merken die Unternehmen, dass diese nur teilweise erfüllt werden und vieles wieder den gewohnten, bürokratischen Genehmigungsprozessen nachgeht,“ berichtet IHK-Regionalberaterin Anne Glück. Vor allem im Baurecht müssten Entscheidungen schneller getroffen werden.

Entlastung für die Unternehmen

Eine Entlastung für die Unternehmen wäre eine Verlängerung der Unterstützungszahlungen, wie das Kurzarbeitergeld oder der Ausgleich der Einkommenseinbußen. „Die Fristen von zwölf bzw. sechs Monaten reichen nicht aus. Viele Unternehmen können wegen der großen baulichen Herausforderungen erst nächstes Jahr wieder eröffnen. Doch hier versteckt sich die Politik hinter EU-Richtlinien, statt Perspektiven, wie beispielsweise neue Sonderförderprogramme, zu eröffnen,“ so Glück.

Ein weiterer Faktor, der den Wiederaufbau für Unternehmen erschwert, sei die Kostenerstattung von lediglich 80 Prozent des Zeitwerts: „Es ist unrealistisch, damit ein Unternehmen wieder aufzubauen, die Betroffenen müssen hohe Kredite aufnehmen“, erklärt die Regionalberaterin.

Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Ahrtal: „Vor allem Betriebe aus dem Hotel- und Gastronomiebereich haben hohe Kredite aufgenommen, um ihren Gästen ein Wohlfühlerlebnis zu ermöglichen und das Ahrtal in neuem Glanz erscheinen zu lassen. Überall gibt es Angebote zu neuen Wanderwegen oder Ausflugszielen, die nicht von der Flut betroffen waren, da alles andere zu lange dauert.“

Für den Handel ist es nun besonders wichtig, dass das touristische Angebot wieder angenommen wird. „Viele haben neue Konzepte ausgearbeitet, mit denen sie an den Start gehen oder auch den Onlinehandel stärker in den Fokus genommen,“ ergänzt Jörg Schäfer. „Hier ist es besonders wichtig, dass Straßenzüge nicht genau dann wieder aufgerissen werden, wenn die Händler gerade wieder startklar sind.“

Hochwassersichere Standorte dringend benötigt

Die Industrie ist auf hochwassersichere Gewerbegebiete angewiesen. Auch hier klagen die Unternehmen über zu lange Entscheidungswege. Außerdem machen sich Lieferschwierigkeiten bei den Maschinen bemerkbar: „Hier geht der Dank an viele überregionale Betriebe, die sich sehr solidarisch gezeigt haben und selbst ihre Mitbewerber mit Lagerflächen und Maschinenkapazität unterstützt haben. Nun gilt es aber auch vor Ort neue Gewerbeflächen auszuweisen,“ so Glück.

Unternehmen, die Unterstützung bei der Antragsstellung benötigen oder sonstige Anliegen zum Wiederaufbau haben, können sich an die IHK-Regionalgeschäftsstelle Bad Neuenahr-Ahrweiler, an die zentrale Hotline (0261-106-502) oder per E-Mail unter fluthilfe@koblenz.ihk.de wenden. Die nächsten Beratungstage finden am 27.7., 14.9., 26.10. 2022 oder auf Nachfrage statt.

Außerdem bietet die IHK - auch in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern - zahlreiche Veranstaltungen für die Unternehmen im Kreis Ahrweiler zum Thema Wiederaufbau nach der Flut an: www.ihk.de/koblenz/andieahrbeit.

Pressemitteilung

IHK Koblenz