
Am 01.09.2025
Allgemeine BerichteWegfall von Ausnahmegenehmigungen gefährdet Existenz der Höfe in Naturschutzgebieten am Laacher See
Kreis Ahrweiler: Bauern treibt die Angst um
Niederzissen. Die Bauern im südlichen Kreis Ahrweiler treibt die Angst um. Denn dort gibt es auf dem Gebiet der Verbandsgemeinde Brohltal seit geraumer Zeit die beiden Naturschutzgebiete „Laacher See“ und „Bausenberg“, die eigentlich zur Verhinderung von Basaltabbau initiiert wurden. Doch mit der Novelle der Pflanzenschutzanwendungsverordnung, die im September 2021 in Kraft trat, wurde die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Gebieten mit besonderer Bedeutung für den Naturschutz verboten. Die Möglichkeit, eine einzelbetriebliche Ausnahmegenehmigung zu beantragen, fällt mit der Herbstaussaat 2025 endgültig weg. Auf rund 400 Hektar landwirtschaftlicher Fläche droht das endgültige Aus für den Anbau von Ackerkulturen wie Getreide, Mais oder Körnerraps. Bäuerliche Existenzen stehen auf dem Spiel.
Treffen auf dem Vulkanhof
Aus diesem Grund trafen sich 40 betroffene Landwirte auf dem Vulkanhof bei Niederzissen, am Naturschutzgebiet Laacher See, das 2100 Hektar umfasst, um über das aktuelle Pflanzenschutzmittelanwendungsverbot in Naturschutzgebieten zu diskutieren. Dazu hatten haben die Kreisvorsitzenden des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau (BWV) Franz-Josef Schäfer (Grafschaft) und Wolfgang Karbaum (Mayen-Koblenz) den BWV-Präsidenten Marco Weber sowie Philipp Forst vom DLR Westerwald-Osteifel sowie Landtagsabgeordnete auf den Betrieb von Sebastian Schäfer eingeladen.
Bei der Veranstaltung wurde deutlich, dass die landwirtschaftlichen Betriebe unter dem Pflanzenschutzmittelverbot in Naturschutzgebieten wirtschaftlich und mental leiden. Dabei werde offensichtlich der Schutzzweck, die Flora und Fauna zu erhalten, nicht erreicht, da die eingeschränkte Bewirtschaftung zu Verschiebungen bei den Populationen führe.
Philipp Forst ging auf die geltenden Auflagen zum Pflanzenschutzausbringungsverbot in Naturschutzgebieten. Am Laacher See seien dabei rund 330 Hektar an Ackerflächen betroffen. Die nachteiligen Folgen des Anwendungsverbotes für Landwirtschaft und Naturschutz seien mittlerweile absehbar, nämlich negative Auswirkungen auf die Bodenbrüter sowie den Erosionsschutz. Die Artengesellschaften, so Forst, würden sich definitiv ändern, aber offensichtlich nicht in die gewünschte Richtung. Der den Betrieben gewährte Erschwernisausgleich, von den Bauern als „Trostpflaster“ bezeichnet, mildere die Verluste lediglich, könne sie aber nicht vollständig wirtschaftlich ausgleichen. (Franz Josef Schäfer: „Ich produziere doch nicht um Verluste einzufahren, dann lasse ich es besser ganz sein.“) Dazu trage auch das Anrechnen dieses Ausgleichs auf die Zahlungen für Agrarumweltmaßnahmen bei. Darüber hinaus würden sich die Betriebe noch abhängiger von Subventionen machen. Auch erhöhe sich das Anbaurisiko landwirtschaftlicher Kulturen deutlich, so Forst.
„Kalte Enteignung“
Gegenüber den Landtagsabgeordneten Petra Schneider, Horst Gies (beide CDU) und seinen Berufskollegen machte der Präsident des BWV, Marco Weber, der für die FDP im Mainzer Landtag sitzt, deutlich, dass die Landwirte ihre Flächen regulär bewirtschaften wollten und keine Wertverluste akzeptieren würden. Diese sprachen in Niederzissen gar von „kalter Enteignung“. Gerade der Deutsche Bauernverband habe vor der Verabschiedung der Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverordnung im Jahr 2021 intensive Gespräche mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner geführt. Diese hätten aber leider nicht den für die Bauern gewünschten Erfolg gezeitigt. Weber machte deutlich, dass es für ihn nun zwei Vorgehensweisen gebe. Es müsse schnell das Gespräch mit Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer gesucht werden. Dies sei notwendig, um in der Anwendungsverordnung dauerhafte Ausnahmen festzulegen. Über eine Öffnungsklausel könne dann das Land Herbizid- und Insektizid-Behandlungen sowie den Einsatz von Insektiziden genehmigen. In einem weiteren Schritt müssten die Flächen innerhalb eines Naturschutzgebietes in landwirtschaftlich nutzbare Flächen und „Nur-Naturschutzflächen“ differenziert werden. Die Landbewirtschaftung in Naturschutzgebieten müsse weiterhin aufrechterhalten werden, nicht zuletzt, um auch den Naturschutzzielen gerecht zu werden.
Der Betriebsleiter des am stärksten betroffen Betriebes, Sebastian Schäfer, kritisierte das Verbot des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in Naturschutzgebieten heftig. Er sei nun nicht mehr in der Lage, dort wie bisher Raps anzubauen, eine Kultur, die für seine Fruchtfolge von fundamentaler Bedeutung sei: „Ich habe mittlerweile hohe Investitionen für Bodenbearbeitungsgeräte tätigen müssen, um Pflanzenschutzmaßnahmen mechanisch durchführen zu können. Trotz dieser hohen Investitionen können die Kulturen qualitativ den Erfordernissen des Marktes nicht gerecht werden.“
„Bärendienst für Artenvielfalt“
Horst Gies ergänzte, dass die Absprachen zwischen Landwirtschafts- und Umweltministerium sehr zu kritisieren seien: „Der Artenvielfalt wird damit ein Bärendienst erwiesen.“ Außerdem gingen dadurch landwirtschaftliche Flächen verloren. Er unterstütze den Bauernpräsidenten bezüglich der Umsetzung schneller Sondergenehmigungen für die Betriebe, die in Schutzgebieten wirtschafteten. Petra Schneider gab zu bedenken, dass durch die enteignungsgleichen Auflagen Werte verloren gingen, die letztlich auch den landwirtschaftlichen Rentnern schaden würden. Letztlich gingen Einkommen verloren.
In der weiteren Diskussion kam man darin überein, dass die pauschalen und nicht an die Besonderheiten der jeweiligen Region angepassten Einschränkungen konventioneller landwirtschaftlicher Bewirtschaftung in Naturschutzgebieten der Artenvielfalt und Boden brütenden Tieren deutlich schaden könne, wie das Beispiel Maria Laach zeige. Außerdem würden erhöhte Investitionen die Betriebe wirtschaftlich schädigen und dem Erosionsschutz entgegenwirken. Dieser Entwicklung müssten Berufsstand und Politik weiterhin deutlich entgegentreten. GS

Horst Gies übt massive Kritik an der Kommunikation zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium. Foto: GS