Allgemeine Berichte | 06.10.2021

Viele Menschen stören sich an der Bezeichnung der Karnevalsveranstaltung

Politisch inkorrekt: Rheinbrohler „Nejerbiwak“ soll umbenannt werden

Das „Nejerbiwak“ist bestimmt von sehenswerten Aufführungen auf der Bühne. Foto: Archiv

Rheinbrohl. Für die Einwohner von Rheinbrohl wurde einst ein spöttischer Beiname geschaffen: „Nejer“ lautet der und jeder, der weiß, dass sich im rheinischen Dialekt ein „g“ zu einem „j“ verschiebt, ist sich um die Bedeutung des Wortes bewusst. Im örtlichen Brauchtum ist der Begriff als Eigenbezeichnung fest verankert, insbesondere im Karneval. Eine beliebte Rheinbrohler Musikkombo nennt sich beispielsweise „Drei Nejer un en Bunn“. Die „Bunn“, also Bohne, ist eine Bezeichnung für ein Mitglied aus der Nachbarstadt Bad Hönningen, die so ebenfalls ihren Necknamen weg haben.

Und die größte Sitzung der fünften Jahreszeit heißt „Nejerbiwak“. In jeder Session werden tolle Aufführungen auf der Bühne präsentiert. Die Veranstaltung ist beliebt - viele Karnevalsfans kommen gerne zum Biwak. Gestemmt wird das Programm von Ehrenamtlern aus dem Ort und die Bezeichnung ist keinesfalls diskriminierend gemeint. Problematisch ist sie dennoch. Ausrichter des Vereins ist der Karnevalsverein „Stammtisch Rheinbrohler Karnevalisten von 1994 e.V.“. Die Mitglieder hielten kürzlich ihre Jahreshauptversammlung ab. Auf der Agenda stand auch die Diskussion, ob der Name „Nejerbiwak“ in der heutigen Zeit überhaupt noch tragbar sei. Im Rahmen der Sitzung gab der 1. Vorsitzende Thorsten Zwick zu Protokoll: „Bereits seit 2018 ist der Name „Nejerbiwak“ gerade in den Sozialen Medien ein Stein des Anstoßes und führt zu Unverständnis.“ Auch Menschen, die nicht aus Rheinbrohl stammen, stören sich an der Bezeichnung, so Zwick gegenüber seinen Mitstreitern. „Es fanden verschiedene Treffen mit Menschen statt, die sich gegen Diskriminierung einsetzen und es wurde erläutert, wie der „Nejer“ in Bezug zu Rheinbrohl steht. Aber längst ist unsere Veranstaltung über die digitalen Medien bekannt und die Thematik zum Thema „Nejer“ hat sich durch die vielen Vorkommnisse in der Welt verändert“, so Zwick. Und weiter: „Die teilnehmenden Mitglieder sehen den „Nejerbiwak“ als Marke, wissen aber auch, dass sich Sprache, Weltanschauung und unsere Gesellschaft verändert.“ Man müsse also mit der Zeit gehen.

Angesichts der breiten Diskussion gibt es für den Vorstand und den Verein nur eine Möglichkeit: Das „Nejerbiwak“ soll umbenannt werden. Der Vorstand versprach, sich in den nächsten Sitzungen auf Namenssuche zu begeben.

ROB

Das „Nejerbiwak“ist bestimmt von sehenswerten Aufführungen auf der Bühne. Foto: Archiv

Leser-Kommentar
07.10.202100:08 Uhr
Siegfried Kowallek

Bei der Diskussion um die Umbenennung des „Nejerbiwak“ muss ich an die Auseinandersetzung in Mainz denken, als das Firmenlogo des Dachdeckers Thomas Neger problematisiert wurde, einem Enkel des Karnevalisten und Sängers der Mainzer Fastnacht Ernst Neger. Als sich vor über 300 Jahren Neger als Synonym für einen Schwarzen durchsetzte, gab es den Nachnamen „Neger“ schon längst, etwa 400 Jahre zuvor. Herkunft und Bedeutung dieses Familiennamens sind als eine der mundartlichen Abwandlungen des Berufsnamens des Nähers eindeutig geklärt. Beim von der Kommentatorin erwähnten „Zigeunerschnitzel“ muss ich daran denken, dass mich vor etlichen Jahren der Besuch einer Veranstaltung mit bewusst so genannter „Zigeunermusik“ in Kruft zu einem sicherlich auch bedenkenswerten anderen Blickwinkel anregte. Veranstalter war die mir zuvor völlig unbekannte Sinti-Union, die die Sinti als autochtone Volksgruppe begreifen, die seit mehr als 600 Jahren in Deutschland lebt. Auf der einen Seite gibt es also diejenigen, die die Darstellung der Zigeuner als Sinti und Roma favorisieren, weil der Begriff „Zigeuner“ etwa durch die Assoziation „ziehender Gauner“ diskreditiert sei, auf der anderen Seite nennen sich die Mitglieder der Sinti-Union aber selbst selbstbewusst Zigeuner, was zweifelsohne durch die Tatsache untermauert wird, dass die Herkunft des Begriffs „Zigeuner“ zwar nicht wirklich geklärt ist, es aber doch eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass er auf das altindisch-byzantinische Wort „Atsiganoi“ für die Kaste der Unberührbaren zurückgeht. Mahatma Gandhi nannte sie “Harijan“, vereinfacht als „Kinder Gottes“ übersetzt. Dass der „Nejerbiwak“ jetzt doch umbenannt werden soll, weil man mit der Zeit gehen müsse, und dass die Kommentatorin diesen Weg fatal findet, weist meines Erachtens leider deutlich darauf hin, dass es in unserer Gesellschaft zunehmend an Ambiguitätstoleranz fehlt. Damit ist die Fähigkeit gemeint, Mehrdeutiges und Widersprüchliches auszuhalten. Das Ideal wäre der ambiguitätstolerante Mensch, der es schafft, Widersprüchlichkeiten, kulturell bedingte Unterschiede, mehrdeutige Informationen zur Kenntnis zu nehmen, ohne darauf aggressiv zu reagieren bzw. ohne diese auf eine schlichte und einseitige Weise negativ abzuwerten oder ohne Vorbehalte positiv wertzuschätzen. Ambiguitätstoleranz ist die Anerkennung einer zweifelsohne genauso legitimen anderen Sicht der Dinge, verbunden mit der Akzeptanz der Möglichkeit, dass der andere sogar richtiger liegen könnte als man selbst.

Siegfried Kowallek, Neuwied

06.10.202111:50 Uhr
Nicole Bernard

Warum müssen wir unsere deutsche Sprache und unser Kulturgut so verstümmeln?
Ein Nejerkuss oder ein Zigeunerschnitzel sind meiner Meinung nach nichts anstößiges. Diskriminieren niemanden.Diese Wörter sind Bestandteil unserer Sprachkultur. Warum sieht man sich gezwungen alles anzupassen? Liegt es vielleicht an dem ewigen schlechten Gewissen der Deutschen es allen recht machen zu müssen? Ich finde es absolut fatal unsere Sprache so zu beschneiden. Man sollte diese und andere Wörter immer im Zusammenhang seher, wer sie wie und wann benutzt. Und gerade im Karneval, in Traditionsvereinen, sollte jedem klar sein , das der Name nichts mit einer Beschimpfung oder Verunglimpfung einer bestimmten Rasse, Glaubens oder Minderheit zu tun hat. Es beschreibt lediglich etwas Umgangssprachliches, Regional bezogenes.

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