Die Filialkirche St. Andreas wird aufgrund schwerer Flutschäden abgerissen
Schmerzhafter Abschied in Ahrbrück
Gelände soll zukünftig als Überflutungsgebiet für die Ahr dienen
Ahrbrück. Einmal noch haben die Glocken von Sankt Andreas in Ahrbrück am 16. September geläutet, ein letzten Mal haben sich die Gläubigen auf der Wiese an der Ahr unterhalb der Kirche versammelt, um mit einem Gottesdienst Abschied von ihrer Filialkirche zu nehmen.
Das Gebäude mit dem angrenzenden Pfarrhaus war während der Flutkatastrophe vom Juli 2021 so schwer beschädigt und durch Schadstoffe kontaminiert worden, dass sie nicht mehr für Gottesdienste genutzt werden konnte. Die Kirchengemeinde und das Bistum hatten gemeinsam entschieden, dass das Gebäude sowie das angrenzende Pfarrhaus abgerissen werden und die Flächen künftig als Überflutungsflächen für die Ahr genutzt werden sollen. Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg und Pfarrer Axel Spiller zelebrierten den Freiluft-Gottesdienst, an dessen Ende das Dekret zur so genannten „Profanierung“, also Entwidmung der Kirche, verlesen wurde.
Ort mit heiligem Boden
„Eine Kirche ist immer auch Heimat, sie steht bei frohen und traurigen Lebensereignissen der Menschen im Mittelpunkt, ob bei Taufen, Kommunionen, Trauungen oder Beerdigungen. Sankt Andreas wurde von heimischen Architekten entworfen, aus heimischem Grauwacken gebaut, die Menschen haben in den 1960er Jahren Haussammlungen für ihren Bau durchgeführt. Sie hat der Gemeinde 60 Jahre lang gedient. All das hat uns eine nie zuvor da gewesene Flutkatastrophe genommen“, sagte von Plettenberg in seiner Predigt. Eine Profanierung sei ein wenig wie eine Beerdigung – ein schmerzlicher Abschied.
Doch dies bleibe „heiliger Boden“: „So oft haben sich hier Menschen in Freud und Leid versammelt, so viele Gebete sind hier gesprochen worden, Gott gelobt worden – und diese Verbindung wird diesen Ort immer prägen, auch im Gedenken an diejenigen, die in der Flutnacht ums Leben kamen und verletzt wurden. Behalten Sie sich Ihre persönlichen Erinnerungen an besondere Momente in der Kirche, an Gegenstände, an die Atmosphäre im Herzen. Das kann keine Flut der Welt wegschwemmen“, versuchte der Generalvikar den Menschen Mut zu machen.
Trauer, Wut, Unverständnis
Pfarrer Axel Spiller ging in seiner Begrüßung auf die unterschiedlichen Reaktionen der Menschen auf die Nachricht der Profanierung ein und begrüßte auch eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, die sich für den Erhalt des Gebäudes einsetzen und am Rand des Gottesdienstes zum Gespräch und zu frisch gebackener Pizza einluden. Es gebe Trauer, Wut, auch Unverständnis über die Entscheidung. Es sei selbst für Nicht-Gläubige ein unvorstellbarer Gedanke, eine Kirche abzureißen. Doch man dürfe die Augen auch nicht vor den Fakten verschließen: Die Kirche stehe quasi im Überschwemmungsgebiet und schon 2016 seien die Räume der Unterkirche komplett geflutet gewesen. Damals hatte das Bistum bereits 60.000 Euro in die Sanierung investiert. Die Häuser direkt angrenzend an das Pfarrhaus seien weggespült worden, Menschen starben hier. „Wir müssen mit der Natur leben und dürfen nicht vermessen sein und ihr alles abringen wollen“, so Spiller. Ein weiterer Punkt, den der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann und Spiller schon im Sommer in einem Brief angesprochen hatten: Große Kirchenräume wie der von Sankt Andreas mit seinen 340 Plätzen würden einfach in Zukunft noch weniger gebraucht – die Gläubigen würden einfach immer weniger. Zuletzt hatte man regelmäßig rund 60 Gottesdienstbesucher gezählt. Ackermann und Spiller hatten in einem offenen Brief betont, dass sie unter diesen Umständen eine Renovierung für nicht vertretbar hielten: „Ein Gebäude, das nicht genutzt wird, ist ein uneingelöstes Versprechen“.
Die evangelische Kirchengemeinde habe bereits angeboten, ihre Auferstehungskapelle und das benachbarte Gemeindezentrum mit zu nutzen, was die ökumenische Verbundenheit stärken könne. Zudem gebe es mit der Pfarrkirche in Kesseling und drei Kapellen vor Ort weitere Möglichkeiten, den Glauben zu leben. Spiller wiederholte die Einladung zu einem offenen Workshop Mitte November, bei dem über die künftige Gestaltung des Geländes gesprochen werden soll. Hier könne es auch Raum für einen Gebets- und Gedenkort geben.
Hintergrund:
Im April hatten Bischof Dr. Stephan Ackermann und Mitarbeitende der Fachabteilungen des Bischöflichen Generalvikariats sowie Pfarrer Axel Spiller über die geplante Profanierung und den Abriss der stark beschädigten Filialkirche und des Pfarrhauses informiert. Ein Sachverständigengutachten hatte die reinen Wiederaufbaukosten mit 2,5 Millionen Euro beziffert. Diese könnten zwar durch den staatlichen Wiederaufbaufonds gefördert werden, die Restsumme hätte die Kirchengemeinde jedoch selbst mit Zuschüssen des Bistums nicht aufbringen können. Hinzu kämen bei einer nachhaltigen Sanierung aber noch weitere Kosten, etwa für eine neue Heizung oder das Dach, die nicht förderungswürdig wären. Zudem steht die Kirche direkt im Hochwasserbereich und wäre durch künftige Starregenereignisse weiter gefährdet. Die Kosten für den Abriss schätzt das Bsitum auf 750.000 Euro, die zu 80 Prozent durch den staatlichen Aufbaufonds getragen werden könnten – eine finanzielle Entlastung der Kirchengemeinde.
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