Hans-Dieter Gassen im Gespräch mit Hermann Krupp und Susanne Tack.

Am 10.05.2023

Politik

Redaktionsgespräch mit Hans-Dieter Gassen

Gründungspräsident der SGD Nord wurde 80

Hans-Dieter Gassen sieht man nicht an, dass er 80 Jahre alt ist – und man merkt es ihm nicht an. Der Gründungspräsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord) sprüht vor Energie und Lebensfreude. Er ist nach seiner Karriere nach wie vor aktiv und engagiert sich für die Region und für die Menschen seiner Heimat. Und man merkt im Gespräch mit ihm, dass er den Menschen noch viel zu geben hat. Hermann Krupp und Susanne Tack empfingen ihn kurz vor seinem Geburtstag zum Redaktionsgespräch im Krupp-Medienzentrum in Sinzig.

Sinzig. 80 Jahre, „wie schafft man das?“ fragt Hermann Krupp. Die Antwort beeindruckt: „Mein ganzes Leben ist eine Glückssträhne“, sagt Hans-Dieter Gassen. Geplant war in seinem Lebenslauf eigentlich gar nichts, überlegt er. Alles sei „durch glückliche Umstände und Entscheidungen“ so gekommen wie es kam. Und natürlich, fügt er an, weiß er um die Wichtigkeit guter Gesundheit, um mit 80 noch so fit zu sein.

Gassen stammt „aus einfachen Verhältnissen“, erzählt er. In Urmitz-Bahnhof wurde während seiner Schulzeit von einem Pater für ein Internat geworben. Da wollte er hin. Die Mutter war dafür, der Vater dagegen, „das Schulgeld war schon eine Anstrengung“. Aber die Mutter setzte sich durch, Hans-Dieter Gassen durfte das Gymnasium besuchen. Die Bildungssituation der 1960er Jahre, die Bildungsungleichheit sei ein Grund dafür gewesen, dass er später Sozialdemokrat wurde, berichtet er.

„Tun Sie etwas, um sich fit zu halten?“ Er wandert gerne. Und das kann er auch nach zwei Hüftoperationen auch wieder tun, wie er ausgiebig testete. Grundsätzlich gilt: „Ich halte mich fit!“ Hausmittel braucht es da nicht.

„Dann wurde ich das“

Susanne Tack spricht an, wofür Hans-Dieter Gassen bekannt ist: „Sie waren Gründungspräsident der SGD Nord. Wie kam es dazu?“ Wieder spielt er auf sein Glück an: Als Offizier bei der Bundeswehr wurde er nie aus Koblenz versetzt. Dadurch konnte er sich dort auch kommunalpolitisch engagieren. So kam es, dass er 1991 Erster Kreisbeigeordneter wurde („auch nicht geplant“). Bevor schließlich im Jahr 2000 die SGD Nord gegründet wurde, schlug ihn der damalige Chef der Staatskanzlei in Mainz zum Präsidenten der neuen Landesbehörde vor. „Dann wurde ich das.“

„Mehr Mut zur Verantwortung“

Insbesondere „meine militärische Erziehung“ habe ihn in seiner achtjährigen Amtszeit geprägt, sagt er, der „Mut, Verantwortung zu übernehmen“. Das sei es, was wir in allen Ebenen bräuchten, fügt er an: „Mehr Mut zur Verantwortung.“ Ein Beamter habe „immer Spielräume“ bei seinen Entscheidungen. Aber natürlich sei es einfacher, sich an Vorschriften zu orientieren. Dies und „die Entschlackung des Staates“ ist für Hans-Dieter Gassen „ein Zukunftsthema“. Wie er denn die gänzlich neue Behörde aufgebaut habe, will Susanne Tack wissen. „Der Regierungsbezirk war nie eine Klammer“, antwortet Gassen. „Das gab es im Norden von Rheinland-Pfalz nicht.“ Durch die Urwahlen seien Landräte „sehr selbstbewusst“ und nicht auf die Idee einer Zusammenarbeit über Kreisgrenzen hinweg gekommen.

Vertrauen als Grundlage, „damit sich etwas bewegt“

Als Präsident wusste er zudem um die Gefahr, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich „degradiert“ fühlten, weil sie zuvor eben einer „Bezirksregierung“ angehörten. Es war also Feingefühl gefragt. Nach einer Evaluation fünf Jahre nach Start der Behörde, wurde ihm in einer anonymen Befragung bescheinigt, dass er immer ein offenes Ohr für die Beschäftigten habe.

Und er ist bis heute davon überzeugt, dass alle in Führungsverantwortung eine Führungsausbildung und eine Führungsweiterbildung brauchen. Bei der Arbeit in einer Behörde gehe es um „Verantwortung, nicht um Gefälligkeit“, sagt er. Zusätzlich ist Vertrauen von großer Bedeutung – das, so Gassen, sei die „Grundlage überhaupt, damit sich etwas bewegt“.

Als die SGD Nord die Arbeit aufnahm, war sie politisch umstritten, erinnert er sich, in der Bevölkerung weniger (sie war einfach zu weit weg). Daher war sein Ziel, „so lautlos wie möglich“ zu arbeiten. Auf diese Weise kam die Überzeugung nicht auf, dass es in der alten Bezirksregierung besser gewesen sei. Darüber hinaus bemühte sich Hans-Dieter Gassen die sehr konzentrierten Bereiche der Struktur und Genehmigungsdirektion Nord zur Vernetzung zu führen, was für viele zu Beginn nicht selbstverständlich war.

Start in Initiative Region Mittelrhein: „Die kannten sich alle nicht“

Kommen wir zu einem anderen Betätigungsfeld, das eng mit seinem Namen verbunden ist. Hermann Krupp fragt ihn, warum er einer der Initiatoren der „Initiative Region Mittelrhein“ (heute „Initiative Koblenz Mittelrhein“) war. Welche Idee steckte dahinter? „Es gab so gut wie keine Kommunikation und Kooperation untereinander“, antwortet er. Gerade dieses Thema habe ihn jedoch immer „umgetrieben, seit ich in der Verwaltungstätigkeit war“. Als stellvertretender Landrat konnte er da wenig tun, als Präsident der SGD Nord schon.

Die Region gehört zusammen, das ist historisch nachweisbar schon lange so. Doch nach dem zweiten Weltkrieg zerfiel diese Zusammengehörigkeit. Heute sieht er die Bemühungen der Initiative „auf einem erfolgversprechenden Weg“.

Aber das muss doch auch in die Köpfe der Menschen, überlegt Hermann Krupp. Ja, diese Überlegung ist richtig. Wie kann man die Menschen für den Gedanken begeistern? Es muss, so Gassen, von Unternehmen, der Wissenschaft und der Politik ausgehen. Er erinnert sich an erste Einladungen der Initiative Region Mittelrhein. „Die kannten sich alle nicht.“ Alle geladenen Akteure arbeiteten „stramm aneinander vorbei“. Zweiflern gibt er mit: „Wir können nur langfristig erfolgreich sein, wenn wir erfolgreiche Unternehmen haben.“ Diese hätten „viele gemeinsame Interessen“. Wo sieht Hans-Dieter Gassen dringende Aufgaben? Die Regiopol-Region sei zu begrenzt, sagt er. Immerhin sei ein Bemühen zur Ausweitung erkennbar, Erfolge kämen schrittweise.

Bereitschaft zu Veränderungen muss da sein

Die Liste der Herausforderungen in dieser Zeit ist lang. Mit seinen langjährigen Erfahrungen in der Verwaltung, so Susanne Tack, hat er Ratschläge, wie Veränderungsprozesse nachhaltig angegangen werden können? „Von unten muss die Bereitschaft da sein“, antwortet er. Zentral ist, dass eine Veränderung nie mit Angst verbunden sein darf. Und: „Es darf keine zentrale Besitzstandswahrung geben.“ Das sei eine menschliche Eigenschaft. „Wer liebt schon Veränderungen?“ Aber um voranzukommen, müsse man das, was man tut, in Frage stellen. „Stehen bleiben ist Rückschritt, auch weil sich um uns herum alles verändert.“ Daher gelte es, stets eine Standortbestimmung zu machen: Sind wir noch auf dem richtigen Weg?

Dass er gehört wird, darüber mache er sich „keine Illusionen. Ich bin auch nicht beleidigt.“ Er unterstreicht, dass er ein kritisches Vertrauen will, dass auf einem kritischen Dialog aufgebaut ist. Schon zu Bundeswehrzeiten wurde ihm in seiner Beurteilung als Offiziersanwärter bescheinigt, er sei „geneigt zum Widerspruch“, erzählt Hans-Dieter Gassen lachend. „Aber das braucht auch Vorgesetzte, die damit umgehen können“, weiß Hermann Krupp. „Die nicht beleidigt sind“, ergänzt Gassen. Beim Militär, erzählt er, gab es Treffen, bei denen die Hierarchie keine Rolle spielte. „Das alles mündet in Vertrauen.“

Menschen helfen, die sich nicht selbst helfen können

Ein Thema darf zum 80sten Geburtstag von Hans-Dieter Gassen nicht fehlen: Der Sozialdemokrat, der sein Leben lang Staatsdiener war, engagiert sich sozial. „Was liegt Ihnen besonders am Herzen?“ fragt Hermann Krupp. „Mitzuhelfen, dass Menschen die Einstellung gewinnen, es lohnt sich für mich, in dieser Gesellschaft zu leben“, so seine beeindruckende Antwort. Als Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt in seiner Heimatgemeinde Brey (deren Ortsbürgermeister er noch von 2014 bis 2019 war) achte er darauf, „wo wir helfen können“. Da werden Kinderfreizeiten organisiert, ein Dorfcafé und Geld für Schulen und Kindergärten gesammelt. Menschen, die sich nicht selbst helfen können, wolle man nicht alleine lassen, sagt er. Hilfreich ist ihm dabei auch seine gute Vernetzung.

„Man muss die Menschen mitnehmen“

Ob er einen persönlichen Geburtstagswunsch für die Region habe, fragt Susanne Tack abschließend. „Wie soll der Norden von Rheinland-Pfalz in zehn Jahren aussehen?“ Die Menschen in der Region, überlegt Hans-Dieter Gassen, „haben es begriffen, dass eine Zukunft nur erfolgreich sein kann, wenn wir regional zusammenarbeiten und damit eine Stärke gegen die konkurrierenden Regionen beweisen können.“ Wo sich ein Unternehmen in der Region ansiedele, sei „völlig egal, wenn es in der Region geschehe“.

Dieses Ziel dürfe man nicht aus den Augen verlieren, man dürfe nicht resignieren. In einer demokratischen Gesellschaft sei es eben schwieriger. Doch auch hier zeige sich: „Man muss die Menschen mitnehmen. Man kann es nicht anordnen.“

Text/Foto: WPA

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