Heimersheim: Jürgen Saess möchte Ortsvorsteher werden - Wahl am findet am 12. Juni statt

„Ortsvorsteher in den Flutgebieten brauchen mehr Kompetenzen“

„Ortsvorsteher in den Flutgebieten brauchen mehr Kompetenzen“

Jürgen Saess im Heimersheimer Ortskern: Auch der Weinort soll wieder bunt werden. Foto: ROB

Heimersheim. Für die schwer von der Flut getroffenen Ortsteile Heimersheim und Ehlingen ist die Situation durchaus schwierig. Nachdem im März diesen Jahres der engagierte Ortsvorsteher Willi Schneider seinen Rücktritt von diesem Amt bekannt gegeben hatte, ist der Posten vakant. Am Sonntag, 12. Juni wird neu gewählt und nur ein Kandidat ist bereit, sich der Aufgabe als Ortschef der drei östlichen Ortsteile Bad Neuenahr-Ahrweilers anzunehmen. Jürgen Saess ist 66 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Ein „Eingeborener“ ist Saess nicht, aber durch seinen ehemaligen Job bei der Bundeswehr kam er schon vor vielen Jahren an die Ahr. 1994 zog er nach Ehlingen, 1996 nach Heimersheim und dort blieb er bis heute. Im Vereinsleben ist Saess kein Unbekannter und sehr aktiv. Mitglied ist er bei den Kellerkindern, macht beim Elferrat der KG Närrischer Landkrone mit und bei der SPD ist Saess auch - doch für die Sozialdemokraten tritt er ausdrücklich nicht an. Saess möchte ein Ortsvorsteher für alle sein. Deshalb geht er als unabhängiger und überparteilicher Kandidat in die Wahl. „Bei uns sind 487 Haushalte von der Flut betroffen“, sagt er. „Da können wir uns Parteigezänk nicht leisten.“

Viele Baustellen

Auch wenn die Flut fast ein Jahr her ist, brennt es in Heimersheim noch gewaltig, und in Ehlingen ist es nicht besser. Der letztgenannte Ortsteil liegen ebenfalls im Verantwortungsbereich des Heimersheimer Ortsvorstehers und wurden massiv von den Wasser- und Schlammmassen am 14. und 15. Juli getroffen. Saess schildert die Lage: „Der Neuaufbau dauert einfach. Es fehlt an Handwerkern und Material. Erst vor wenigen Wochen wurde in einem Haus der Strom wieder angeklemmt.“ Probleme gäbe es auch der Erstattung durch Versicherungen und - wie so oft an der Ahr - bei den Zahlungen der ISB. „Und wo sind eigentlich unsere Spendengelder in Höhe von 15 Millarden Euro abgeblieben?“, möchte wissen. Saess hat viele Fragen und, sollte er Ortsvorsteher werden, wird im Sinne der Einwohnerinnen und Einwohner, diese auch an der richtigen Stelle anbringen. „Die Politiker müssen einfach mehr aus sich herauskommen“, sagt er. Zu viele Details blieben ungeklärt. Es gäbe viel zu viele Fragezeichen. Deshalb seien die Leute auch langsam genervt. Kurzum: Es soll und muss schneller weitergehen, ist sich Saess sicher.

Mühlenteich gleicht einer „Fäkaliengrube“

Ein weiteres Sorgenkind ist auch der Mühlenteich, der kleine Bach der durch Heimersheim fließt. Der ist seit der Flut trockengelegt. „Im Prinzip ist das eine Fäkaliengrube“, sagt er. Hier müsse sich dringend etwas tun. Und nicht nur da: Generell sollten Ortsvorsteher - aber auch die Ortsbürgermeister der Ahrdörfer - mit mehr Kompetenzen ausgestattet sein. Gerade in der akuten Flutzeit zeigte sich, dass es galt, viele Entscheidunge treffen zu müssen. Und das so schnell wie möglich. Ewige Rücksprachen behindern diese Prozeduren, ist er sich sicher. Handlungsabläufe sollen generell transparenter werden.

Dringliche Fragen zu klären

Auch in Sachen Verkehr müsse sich etwas tun. So fuhr bis vor kurzem nicht mal ein Bus nach Ehlingen - ein für Saess nicht nachvollziehbarer Zustand. Und wer aus Heimersheim kommt und mit der Bahn reisen möchte, muss zu Fuß die Bundesstraße entlang um den Bahnhof zu erreichen. Das ist mitunter recht gefährlich. Und Fahrradwege? „Die gibt es praktisch gar nicht mehr im Ortsgebiet“, zieht Saess ein Fazit.

Für einen neuen Ortsvorsteher gibt es also genug Baustellen. Die Zukunft der Umgehungsstraße, der B266, bleibt ebenfalls unklar. Erfolgt der Wiederaufbau vierspurig oder bleibt es bei den zwei Spuren? Für Jürgen Saess ist dies eine Frage, die dringend geklärt werden muss. „Und diese Dringlichkeit müssen wir uns permanent vor Augen halten.“

Ein vitaler Ort

Dabei war Heimersheim vor der Flut gut aufgestellt und ist es immer noch. Es gibt einen kleinen Supermarkt, Metzger, Apotheke, Bäcker und Ärzte. Die Nahversorgung funktioniert hier. Und das Gewerbegebiet am Wiesenweg ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Gesamtstadt. Viele junge Familien zog es hier hin, die Vereinslandschaft blüht und Veranstaltungen wie das Weinfest locken Gäste von nah und fern. „Ich wünsche mir, dass wir an die Zeiten vor der Flut anknüpfen können. Ganz ohne politisches Gezänk und im Dienste der Einwohnerinnen und Einwohner“, so der Kandidat.

ROB