Die 1903 von Schützenkönig Leopold Kreuzberg gestiftete Truhe erstrahlt bald wieder in neuem Glanz

Flut: Restaurator Willi Vendel rettet Ahrweiler Kulturgut

Flut: Restaurator Willi Vendel rettet Ahrweiler Kulturgut

Restaurator Willi Vendel rettet in seiner Werkstatt Ahrweiler Kulturgut.

Flut: Restaurator Willi Vendel rettet Ahrweiler Kulturgut

Unter Schlammschichten in der Truhe entdeckte Restaurator Willi Vendel alte Dokumente.

Flut: Restaurator Willi Vendel rettet Ahrweiler Kulturgut

Aus dem von der Flut verwüsteten Schützenmuseum wurde die Truhe von Neusser Schützen gerettet

Ahrweiler. Sie ist ein Kleinod, ein Stück Ahrweiler Kulturgut, die vor 120 Jahren von Leopold Kreuzberg gestiftete Archiv-Truhe der Ahrweiler Bürgerschützen. Anlass für die Stiftung im 500. Jahr der Bürgerschützen war der bislang einmalige zweite Königsschuss von Kreuzberg. Denn nachdem er bereits 1883 Majestät der Sankt Sebastianer gewesen war, und aus diesem Anlass ein silbernes Königsschild gestiftet hatte, wollte er 1903 der Gesellschaft, die 1403 zum ersten Mal erwähnt wurde und heute 719 Mitglieder hat, ein nützliches und zugleich würdiges Andenken vermachen. So trug die Truhe denn auch ein zwei Hände großes feuervergoldetes Messingemblem mit dem alten Ahrweiler Wappen und der Widmung: „Dem Überkomm’nen zu Schutz und Nützen Bring ich dies Schreinlein euch wackre Schützen Dieweil in dem glanzvollen Jubeljahr zum zweitenmal euer König ich war. 1883 Leopold Kreuzberg 1903.“

„So trug die Truhe“ stimmt aktuell. Denn die nach der Flut von Neusser Grenadieren aus dem Schlamm im Schützenmuseum geborgene Truhe ist nach anderthalbjähriger Zeit des Trocknens in der alten Werkstatt von Restaurator Willi Vendel. Der 74-Jährige war vor 41 Jahren Gründungsmitglied des Unterleutnantsgliedes der Bürgerschützen. Und für ihn ist es Ehrensache, sein Fachwissen einzubringen und den Schrein samt Applikationen in neuem Glanz erstrahlen zu lassen, damit er wieder einen würdigen Platz im Schützenmuseum einnehmen kann.

Eine Arbeit, in die Willi Vendel ein halbes Jahrhundert Berufserfahrung einfließen lässt. „Ich verwende nichts, was nicht damals schon beim Bau der Truhe verwendet wurde“, sagt der Restaurator, dessen trockener Humor bei seinen Schützenbrüdern Legende ist. „Zunächst musste alles ab und auseinander“, berichtet der engagierte Ehrenamtler. „Denn der Schlamm, unter dem auch noch alte Urkunden lagen, saß auch in der letzten Ritze der Truhe aus massivem Eichenholz.“ Liebevoll wurde jeder Quadratmillimeter Holz in den vergangenen Wochen wieder auf Vordermann gebracht, die „englische Züge“ genannten Schubladen wieder instand gesetzt und auch das Schließen der Truhe mit der wieder hergerichteten Fronttür funktioniert wieder wie am ersten Tag. Und auch die hölzernen Verzierungen sind wieder an ihrem Platz. „Absolute Feinarbeit“, sagt Willi Vendel, der dem Holz mit einer Schellacktinktur, deren historisches Rezept er nicht verraten will, seinen ursprünglichen Glanz wieder verleiht. Noch fehlen das Wappenschild und die feuervergoldeten Beschläge, dann kann die Truhe nach rund 80 Stunden Restaurierungsarbeit wieder den Schützen übergeben werden.

Eine spannende Persönlichkeit

Genauso spannend wie Rettung und Restaurierung ist aber auch die Person des Stifters. Der 1858 geborene Leopold Kreuzberg war Enkel von Georg Kreuzberg, der im Jahr 1852 die Bad Neuenahrer Quellen entdeckt hat und Vater von Pitt Kreuzberg, der als Eifelmaler bis heute hoch im Kurs steht. Seine Zeit als König zum 500. Jubiläum der Ahrweiler Schützen wird von den Chronisten als „prachtvolle Präsentation“ beschrieben. Desto abrupter kam der Fall für den Weinhändler und Geschäftsführer der 1906 gegründeten Gleislosen Eisenbahn, die zwischen Walporzheim und dem damaligen Neuenahr pendelte. Denn wie etliche Bürger der Kreisstadt wurde er 1908 Opfer des Konkurses des Ahrweiler Bankhauses Maxrath und verlor sein Vermögen.

Das verkraftete der einst gefeierte Schützenkönig nicht. Zunächst als vermisst gemeldet, wurde er am 29. August 1908 In der Gemarkung Oberdürenbach unweit der Ruine Olbrück tot aufgefunden. „Neben ihm lag ein Revolver. Er hatte sich, weil bankrott, das Leben genommen“, so Heimathistoriker und Schützenkönig 2009 bis 2012 Hans-Georg Klein in seinen Ausführungen zum 200-jährigen Bestehen des Königsgliedes der Bürgerschützen im Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2020. Mit dem Königsglied ist der Name Kreuzberg übrigens über Jahrhunderte verbunden. Insgesamt 14 Mal trug ein Mitglied der Familie Kreuzberg zwischen 1802 und heute die Königskette, zuletzt Professor Dr. Bernhard Kreuzberg in den Jahren von 1984 bis 1987.