Allgemeine Berichte | 03.03.2023

Ein Jahr voller Herausforderungen liegt hinter der parteilosen Landrätin

Landrätin Cornelia Weigand zieht Bilanz nach einem Jahr im Amt

Landrätin Cornelia Weigand.  Foto: JOST

Ahrweiler. „Es war kein Standard-Amtsantritt“, so fasste Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) ihr erstes Jahr als Chefin des Kreises Ahrweiler zusammen. Vor fast zwei Dutzend Journalisten zog sie in einer Pressekonferenz Bilanz über ein Jahr voller Herausforderungen in einer von einer schweren Naturkatastrophe bis ins Mark getroffenen Region. Ihr Bericht drehte sich dementsprechend auch in erster Linie um die Bewältigung der Folgen der Starkregenflut, die im Juli 2021 mindestens 134 Tote gefordert und einen Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe verursacht hatte. Die Beseitigung der Schäden und der Wiederaufbau, besser noch der hochwasserangepasste und zukunftssichere Neuaufbau der Bereiche entlang der Ahr, die nach wie vor die größte Baustelle in ganz Deutschland seien, sieht sie nach wie vor als die große Hauptaufgabe an, die die meisten Ressourcen in finanzieller und personeller Hinsicht erfordert.

Wiederaufbaufonds als Problem

Doch das sei ein ziemliches Problem, denn aus Sicht der Geldgeber, die einen Wiederaufbaufonds von bis zu 30 Milliarden Euro für die Opfer der Flutkatastrophe bereitstellen, sei lediglich ein Wiederaufbau dessen vorgesehen, was vor der Flut vorhanden war. „Der Wiederaufbaufonds ist rückwärtsgewandt, weil er nur das finanziert, was vorher da war. Aber das ist nicht genug.“ Der Blick müsse nach vorn gerichtet und an den Klimawandel angepasst gebaut werden. „Unsere Region lebt vom Tourismus, und wir sind es auch unseren Gästen schuldig, aus der Situation zu lernen. Deshalb wollen wir hochwassersicher, zukunftsfähig und nachhaltig aufbauen.“ Die Förderrichtlinien und die Finanzierungsbedingungen bremsten hier viel zu sehr aus und nähmen zu wenig Rücksicht auf den Klimawandel. Diese „komplexen und leisen Themen“ würden meist im Stillen behandelt, machte Weigand klar, dass die Kreisverwaltung in vielen Themen durchaus aktiv sei, wenn es auch nicht immer jeder gleich mitbekomme.

Beispiel Brücken: Der Wiederaufbaufonds finanziere lediglich einen Wiederaufbau oder aber einen kompletten Neuaufbau am gleichen Ort. Doch das sei manchmal gar nicht gewollt, denn einige Brücken stünden künftig besser an anderer Stelle und sollten auch noch anders aussehen als zuvor. Laut Weigand seien etwa zwei Meter des Ahr-Pegels bei der Flut auf Verklausungen an Brücken zurückzuführen gewesen, also auf die Verstopfung des Querschnitts mit angeschwemmtem Treibgut. „Die Höhe eines ganzen Stockwerks“, wie Weigand zu bedenken gab. Daher müssten Flussquerungen künftig strömungsoptimiert mit einem größeren Abflussquerschnitt und standfesten Pfeilern geplant werden, doch das sei nicht durch die Förderrichtlinien abgedeckt. Hier müssen noch eine Menge Überzeugungsarbeit bei den Fördergebern geleistet werden.

Kreisverwaltung wurde umstrukturiert

Mittlerweile sei auch die Kreisverwaltung umstrukturiert worden, um die Herausforderung durch den Wiederaufbau besser bewältigen zu können. Zwar seien im Haushaltsplan für 2022 bereits 60 neue Stellen bewilligt worden, von denen aber nur zwei Drittel besetzt werden konnten. Auch der neue Etat für 2023, der in den nächsten Wochen vorgestellt wird, gehe von 33 weiteren Stellen aus, die benötigt werden, um die mit dem Wiederaufbau zusammenhängenden Aufgaben zu bewältigen. Zudem müssten auch die „normalen“ Aufgaben einer Kreisverwaltung nach wie vor erfüllt werden, wofür ebenfalls weiteres Personal benötigt werde.

Schon in den nächsten Monaten soll den Bürgern der Maßnahmenkatalog des Kreises zur Wiederherstellung der Gewässer vorgestellt werden. Dabei gehe ich es auch darum, dass an manchen Stellen Uferabschnitte der Ahr zurückversetzt und damit mehr Retentionsraum geschaffen werden könnte, um dem Fluss bei Hochwasser mehr Raum zu geben. Auch eine flächendeckende Starkregen- und Hochwasservorsorge sei in Arbeit, allerdings bei einem Wassereinzugsgebiet von 900 Quadratkilometern der Ahr, auf zwei Bundesländer, vier Landkreise und eine Vielzahl von Kommunen verteilt, sei dies kein einfaches Vorhaben. Die Ahr sei deshalb in fünf Abschnitte aufgeteilt worden, die von jeweils einem Ingenieurbüro beackert worden seien, und die Teilergebnisse würden derzeit zu einem Gesamtkonzept zusammengefügt.

Zum Thema „Hochwasserangepasstes Bauen“ ist Weigand mittlerweile ohnehin bundesweit gefragt, denn aus den Problemen beim Wiederaufbau können auch andere Regionen in Zukunft bei ähnlichen Naturkatastrophen profitieren. Und auch die Katastrophenschutz-Organisationen hätten viel gelernt aus dem Geschehen. Der Neuaufbau müsse einerseits schnell und anderseits nachhaltig sein, was jeden Tag neue Abwägungsprozesse erfordere. Im Zusammenwirken mit anderen Behörden seien im Laufe des Jahres zahlreiche Stellschrauben nachjustiert worden. Besonders erfreulich sei es, dass die Antragsfrist für die Regulierung von Flutschäden um drei Jahre verlängert worden sei. Denn sonst hätten viele Bürger und Unternehmen keine Chance gehabt, die notwendigen Anträge zu stellen, um Geld aus dem Wiederaufbaufonds zu bekommen.

Erfreulicherweise nehme der Neuaufbau der kommunalen Infrastruktur, der Schulen und der Sportanlagen so langsam Gestalt an, hier werde derzeit überlegt, wie eine künftige Clusterung aussehen könnte. Zudem wollten mehrere Kommunen entlang der Ahr eine Nahwärmeversorgung aufbauen, was aber viel Zeit für die Planung erfordere und teuer in der Umsetzung und im Betrieb sei. Hier sei die Kreisverwaltung in Gesprächen mit der Landesregierung, um Fördergelder zu generieren, damit die Rentabilität solcher Nahwärmenetze erhöht werde.

Schritt für Schritt geht es voran

Auch beim Wiederaufbau der kreiseigenen Schulen gehe es voran, praktisch alle Schulgebäude seien von der Flut beschädigt oder sogar zerstört worden. Direkt nach der Flut habe man ein dreistufiges Vorgehen beschlossen. Zunächst sollten nach den Sommerferien alle Schüler wieder unterrichtet werden. Dafür seien viele provisorische Lösungen gefunden wurden, auch dank der Unterstützung durch weniger betroffene Kommunen. Derzeit würden zahlreiche mittelfristige Provisorien geschaffen, um die Schulgemeinschaften wieder an einen Ort zusammenzuführen und den Fachkundeunterricht zu ermöglichen. Nicht weniger als 136 Klassenräume seien als Interimslösungen errichtet worden. Derzeit stehe die Sanierung der Sporthallen an, womit ein Generalunternehmer für alle Turnhalle beauftragt worden sei. Allerdings gebe es auch hier Lieferprobleme, die die schnelle Wiederinbetriebnahme verhinderten. Doch für die Zukunft liege das Augenmerk auf der Planung für die Wiederherstellung oder den Neubau der kreiseigenen Schulen. Aber auch Weigand musste zugeben: „Gefühlt sollte alles schneller gehen, aber manches geht einfach nicht schneller.“

JOST

Landrätin Cornelia Weigand. Foto: JOST

Leser-Kommentar
Bildergalerien
Neueste Artikel-Kommentare

Trauer um Wolfgang Schlagwein

  • K. Schmidt: Wolfgang war einer dieser Grünen, denen man einerseits bei Ideen und Grundhaltung schon deutlich anmerkte zu welcher Partei sie gehören, die gleichzeitig in der Diskussion aber offen, praxisnah/realistisch,...
  • Detlev Koch: Der Tod von Wolfgang Schlagwein hat mich sehr betroffen gemacht. Ich habe ihn während der Zusammenarbeit im Rat der Stadt Bad Neuenahr -Ahrweiler als einen ausgesprochen kompetenten und unglaublich angenehmen Politiker und Menschen wahrgenommen.
  • K. Schmidt: Wenn die SPD von "Mehrheit" spricht, darf die Anmerkung sein: 83,6% haben bei der Bundestagswahl die SPD nicht gewählt. Auf Landesebene werden es nach aktuellen Umfragen ca. 77% nicht tun. Ich persönlich habe es auch schon lange nicht mehr getan.
  • Hans.E: sind eigentlich die Pflastersteine aus China mittlerweile angekommen?
Dauerauftrag 2025
Dauerauftrag 2025
Illustration-Anzeige
Daueranzeige "Rund ums Haus"
Imageanzeige
Herbstbunt - Anzeige 150 Jahre Schuhhaus Rollmann
Herbstbunt Bad Neuenahr-Ahrweiler
Einladung Mitgliederversammlung
Empfohlene Artikel

Kreis Ahrweiler/Brüssel. Mit einer bewegenden Eröffnung wurde am Dienstag im Europäischen Parlament in Brüssel die Ausstellung „Flut – Juli 2021. Eine Katastrophe im Herzen von Europa“ eröffnet. Vier Jahre nach der Katastrophe, die Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Ostbelgien erschütterte, präsentierte die Schau künstlerische Positionen, persönliche Zeugnisse und Erinnerungsarbeiten. Die Präsidentin...

Weiterlesen

Kreuzberg. Die L 76 in der Ortslage Kreuzberg muss vom 22. Oktober bis einschließlich 4. November 2025 für den Verkehr voll gesperrt werden. Grund hierfür sind notwendige Brückenbauarbeiten im Zuge des Aufbaus nach der Flutkatastrophe. Die Umleitung erfolgt von Altenburg kommend über die B 257 durch Brück über Lind, Plittersdorf und Binzenbach, aus der entgegengesetzten Richtung kommend entsprechend umgekehrt.

Weiterlesen

Ahrweiler. Wer an dem Mühlenteich vorbeigeht, mag sich wundern. Der einst quirlige Bach, der durchaus das Stadtbild prägte, ist seit der Flut versiegt. Wie geht es weiter mit dem Gewässer? Vor knapp zwei Jahren wurde bei BLICK aktuell über den Zustand des Mühlenteichs in Ahrweiler berichtet. Die Stadtverwaltung lieferte eine Antwort auf die damalige Anfrage: Seinerzeit hieß es, die freiliegenden Bereiche...

Weiterlesen

Weitere Artikel

Sponsorenlauf in der Bewegungskita St. Marien Kruft

Großer Einsatz für kleine Läufer

Kruft. Am 8. Oktober 2025 stand in der Bewegungskita St. Marien - wo Bewegung täglich eine zentrale Rolle spielt und fest im pädagogischen Konzept verankert ist - das gemeinsame Erleben und Bewegen besonders im Mittelpunkt. Im Rahmen des landesweiten Bewegungsaktionstages Rheinland-Pfalz veranstaltete die Kita von 15:00 bis 17:00 Uhr einen tatkräftigen Sponsorenlauf rund um das Kindergartengelände.

Weiterlesen

Meckenheimer Karneval: Spendenaktion sichert Zukunft des Straßenfests

Traditionelle Spendenaktion für den Karnevalszug

Meckenheim. Der Meckenheimer Straßenkarneval ist lebendig und wird vollständig durch Spenden finanziert. Der Festausschuss Meckenheimer Karneval e.V. (FMK) hat zur Sicherung des Karnevalszugs für die Session 2025/2026 wieder zwei Köttzüge organisiert, um Spenden zu sammeln. Der erste Köttzug beginnt am 15. November 2025 um 14 Uhr an der Wettkampfhalle des Schulzentrums Meckenheim und verläuft östlich der Giermaarstraße in Richtung Neuer Markt und Siebengebirgsring.

Weiterlesen

Bachem. Der Schriftsteller Marco Martin hat sein neues Buch „Nichts ist mehr wie es wAhr“ -Eine kurze Geschichte einer Flutkatastrophe- im Bürgertreff Bachem bei einer Lesung vorgestellt. Ein aufmerksames Publikum im „Wohnzimmer von Bachem“ war begeistert von der Vortragsweise und dem Buchinhalt des gebürtigen Bad Neuenahrers Marco Martin. Nach der Lesung wurde noch diskutiert und erzählt.“Im Juli...

Weiterlesen

Alles rund ums Haus
Dauerauftrag
Anzeige Haushaltsauflösungen und Ankauf
Wir helfen im Trauerfall
Anzeige Holz Loth
Rund um´s Haus
Maschinenbediener
Vorabrechnung, Nr. AF2025.000354.0, Oktober 2025
Anzeige Andernach
Stellenanzeige
Pflanzenverkauf
Rund ums Haus
Anzeige Tag der offenen Tür
Festival der Magier
Stellenanzeige "Logistik"
Image
Allerheiligen -Filiale Dernbach