Stadtrat von Bad Neuenahr-Ahrweiler will Synergien heben
Ahr-Thermen und TWIN sollen zusammengelegt und um Thermenhotel ergänzt werden
Wiederaufbau scheint wirtschaftlich nicht sinnvoll –
Neubaukosten von 25,5 Millionen Euro allein für die Thermen veranschlagt
Bad Neuenahr. Das Ende der Ahr-Thermen an seinem bisherigen Standort ist besiegelt. Die Stattdessen soll auf dem Gelände des ehemaligen Freizeitbades TWIN ein Kombinationsbad errichtet werden. Das beschloss der Stadtrat jetzt einstimmig. Das Kombinationsbad soll sich aus einem Hallen- und Freibad samt Saunalandschaft sowie einer Therme zusammensetzen. Sogar ein Thermenhotel könnte noch dazukommen, diese Option soll geprüft werden. Zugleich beschloss das Gremium, an der Bebauung des Südwiese mit Wohnhäusern festzuhalten, die Verwaltung soll mit dem Investor diesbezügliche Verhandlungen zum Fortgang des Projektes aufnehmen.
Auch die Ahrthermen waren durch die Flutkatastrophe massiv geschädigt worden, so Bürgermeister Guido Orthen (CDU). Das Wasser stand mehrere Meter hoch im Gebäude, so dass die gesamte Badausstattung, die Sanitär- und Umkleidebereiche sowie der Eingangs- und Gastronomiebereich komplett zerstört worden seien. „Die Becken sind durch Schlammablagerungen und Treibgut ebenfalls erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden, ebenso wie der komplette Außenbereich. Der im Keller gelegene Saunabereich ist ebenfalls vollständig zerstört.“ Noch sehr viel gravierender seien indes die Schäden an der Anlagentechnik, die im Keller untergebracht war. In verschiedenen Bereichen seien zudem auch statisch relevante Schäden festgestellt worden.
Sanierung der Ahr-Thermen würde mehr als 24 Millionen Euro kosten
Die markante Dachkonstruktion sei zwar noch tragfähig, im Bereich der Sauna und der Gastronomie fänden sich jedoch Unterspülungen und Setzungen, die auf die Tragfähigkeit des Gebäudes Auswirkungen hätten. Alles in allem beziffere ein Gutachten der Kannewischer Ingenieurgesellschaft mbH (Baden-Baden) die Sanierungskosten auf rund 24 Millionen Euro netto. Weil darin die Kosten für die Außenanlage, die Außensaunen, die Anforderungen aus einer hochwasserangepassten Sanierung sowie die derzeitigen Baupreissteigerungen noch nicht berücksichtigt seien, scheinen Orthen jedoch 30 Millionen Euro eher realistisch zu sein.
Für einen möglichen Neubau der Therme sieht das Büro Kannewischer ein Potential von 205.000 Besuchern. Zum Vergleich: die Ahr-Thermen hatten im letzten Vorcoronajahr 162.000 Besucher. Dabei müsse sich die Ausrichtung aber auf das Profil eines echten Thermalbades konzentrieren, insbesondere also ein bademedizinisch wertvolles Badeangebot geschaffen werden. Hierfür wäre ein Raumprogramm von 6000 Quadratmetern mit etwa 400 Quadratmetern Wasserfläche erforderlich, etwas weniger als die jetzigen Ahrthermen mit 650 Quadratmetern Wasserfläche. Eine „vorsichtige“ Kostenschätzung geht von 25,5 Millionen Euro Gesamtkosten für einen Neubau aus, was im Bereich der ebenfalls vorsichtig errechneten Sanierungskosten von etwa 24 Millionen Euro liege. „Nach dem jetzigen Stand der Erkenntnis wäre somit ein Neubau der Ahrthermen mit leicht modifiziertem Raumprogramm unter spezieller Ausrichtung eine insgesamt sinnvolle Alternative zu einer Komplettsanierung“, heißt es in der Sitzungsvorlage.
Auch die Sanierung des TWIN-Beckens würde 2,5 Millionen Euro verschlingen
Hinzu komme, dass auch das nur 300 Meter entfernte Hallen- und Freizeitbad TWIN zum Zeitpunkt der Flutkatastrophe nicht mehr in Betrieb war und nach dem Willen des Stadtrates dessen Hallenbad ohnehin abgebrochen werden sollte. Das Freibad sollte erhalten bleiben und von einem neuen Hallenbad ergänzt werden. Bedauerlicherweise sei das Freibad durch die Flut ebenfalls schwer beschädigt worden. Die Kosten allein für die Sanierung des Beckens wurden auf 2,5 Millionen Euro geschätzt, eine konkrete Gesamtsumme könne derzeit noch nicht genannt werden, sagte Orthen.
Deshalb biete es sich an, über eine Zusammenfassung beider Projekte an einem gemeinsamen Standort nachzudenken, denn dadurch dürften sich nach Ansicht der Stadtverwaltung einige Synergieeffekte ergeben. Dies betreffe im betrieblichen Ablauf vorrangig einen gemeinsamen Eingangs- und Kassenbereich, im Bau hauptsächlich die gemeinsame Haustechnik, im Betrieb sicherlich das Personalwesen.
Für den Bau eines solchen Kombination komme nur einer der beiden bisherigen Standorte in Frage, wobei der Standort der Ahrthermen, weitgehend umgeben von Wohnbebauung, allein schon aus Immissionsschutzgründen eine Kombination aus Hallen- und Freizeitbad und Thermen nicht zulasse. Dadurch verringere sich die Standortwahl auf das TWIN-Gelände. Dort reiche nach Berechnungen des Büros Kannewischer der Platz aus, um ein Kombinationsbad zu errichten. Wobei der dabei entstehende Stellplatzbedarf wohl nur den Bau eines mehrgeschossigen Parkdecks zu befriedigen sei.
Machbarkeitsstudie sieht Möglichkeit für ein Thermenhotel
Bereits während des Betriebes der Ahrthermen habe es Überlegungen gegeben, das Bad durch die unmittelbare Ansiedlung eines Hotels aufzuwerten. Daher wurde das Büro Kannewischer gebeten, auch eine solche Option zu prüfen. Die Machbarkeitsstudie zeige, dass auch ein Hotel mit etwa 1600 Quadratmetern Grundfläche auf dem TWIN-Gelände untergebracht werden könnte. Sollte der Stadtrat dieser Idee nähertreten, seien jedoch noch eine Vielzahl planerischer Entscheidungen zu treffen und Grundlagenermittlungen durchzuführen, sagte Orthen.
Auch bei der Finanzierung eines solchen Projektes gebe es noch eine Menge Fragezeichen. Deshalb sei die Stadtverwaltung im Gespräch mit der Landesregierung, um eine belastbare Aussage über die mögliche Förderung zu erhalten. Aus Sicht der Verwaltung sollte ein Ausschreibungs- und Vergabeverfahren gewählt werden, das sowohl Planung und Bau als auch den Betrieb eines künftigen Kombibades mit attraktiver Saunaanlage umfasse und eine etwaige Planung, den Bau und den Betrieb eines Thermenhotels optional beinhalte. Diese Aufgabe soll von einer Düsseldorfer Vergaberechtskanzlei für 75.000 Euro übernommen werden.
Runder Tisch TWINsoll einberufen werden
Namens der CDU stimmte Peter Ropertz den Plänen zu, da die Sanierung der Ahr-Therme keine geeignete und zukunftsfähige Lösung sei. „Für uns als CDU hat die Errichtung eines Bades für die Menschen in unserer Stadt Priorität“, stellte Ropertz klar und beantragte, die Verwaltung solle zeitnah den „Runden Tisch TWIN“ einberufen und dessen Mitglieder über die neuen Planungsüberlegungen informieren. Dies fand die einhellige Unterstützung des Stadtrates.
Auch Wolfgang Schlagwein (Grüne) räumte ein, dass die Ahr-Thermen am bisherigen Standort nicht zu retten seien. Werner Kasel (SPD) sah eine Vielzahl von offenen Fragen, die es zu beantworten gelte. Gregor Sebastian (FWG) fand es sinnvoll, die erwarteten Synergien zu nutzen und mit einem Kombinationsbad den Standort Bad Neuenahr aufzuwerten. Rolf Deißler (FDP) mahnte, dennoch die bisherige Exklusivität der Ahr-Thermen beizubehalten. Dem Wunsch von Marion Morassi (Die Linke), wenigstens das markante Dach zu retten, erteilte Orthen eine Absage: „Dessen Lebensdauer ist vorbei, außerdem sprechen energetische Gründe dagegen.“ Dennoch werde auch die neue Therme eine gute Architektur erhalten, versprach er.
JOST