Deutsche Polizeigewerkschaft NRW zu Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen

Polizeigewerkschaft fordert Tempolimit 130 auf Autobahnen

Polizeigewerkschaft fordert Tempolimit 130 auf Autobahnen

Quelle: Straßenverkehrs-Ordnung, DIN-Normen und Verkehrsblatt

NRW. Am 28. Juli 2022 berichtete u. a. die Rheinische Post, dass schon jetzt der sogenannte „Erdüberlastungstag“ erreicht sei – die Menschheit „lebt über ihre Verhältnisse“. Der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine leitete eine Zeitenwende ein – das betrifft insbesondere auch den Umgang mit den zur Verfügung stehenden Energieressourcen.Das hat vielfältige Auswirkungen, so beschließt die Europäische Union eine „Gasnotlage“, die Industrie spart Energie in den Produktionsprozessen ein, Kommunen reduzieren den Energieeinsatz in Schwimmbädern und die Bürgerinnen und Bürger bereits jetzt den persönlichen Energieverbrauch, beispielsweise durch die Montage sparsamer Duschköpfe. Vor diesem Hintergrund ist es nur äußerst schwer nachvollziehbar, dass eine leicht zu realisierende Energiesparmaßnahme nicht aufgegriffen wird, und zwar das „Tempolimit 130 km/h auf Autobahnen“. Nur Deutschland verzichtet als einziges europäische Land auf diese Maßnahme. Ein gewichtiges Argument „Pro Energieeinsparung“ lieferte das Umweltbundesamt (UBA) bereits am 28. Februar 2020, als der UBA-Präsident Dirk Messner ausführte: „Ein Tempolimit auf Autobahnen hilft uns, die Treibhausgasemissionen des Verkehrs in Deutschland zu senken. Bei Tempo 120 km/h liegen die Einsparungen bei 2,6 Millionen Tonnen jährlich. Selbst ein Tempolimit von 130 km/h reduziert die Emissionen bereits um 1,9 Millionen Tonnen –und zwar sofort und praktisch ohne Mehrkosten.“. Die Berechnungen des UBA basieren auf Verbrauchsdaten von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen; zudem wurden Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen zu Geschwindigkeiten auf Autobahnen herangezogen.

Am 20. Januar 2022 berichtete die WELT unter Berufung auf das Bundesumweltamt, dass der CO2-Ausstoß im Verkehr im Jahr 2020 147,2 Millionen Tonnen betrug.3Alleine durch ein Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen könnte man somit ad hoc rund 1,3 Prozent des CO2-Gesamtausstoßes im Verkehr einsparen. Laut ZEIT ONLINE vom 17. April 2022 ist zudem die Mehrheit der Menschen in Deutschland vor dem Hintergrund steigender Energiepreise für ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen. In einer aktuellen Befragung unter mehr als 2.000 Menschen über 18 Jahren äußerten sich 57 Prozent der Befragten zustimmend, 33 Prozent waren dagegen, zehn Prozent waren unschlüssig. Deutlich erkennbar ist, dass der Zustimmungsanteil über die Jahre kontinuierlich zugenommen hat.Zudem forderte die deutsche Umweltministerkonferenz am 13. Mai 2022 ein Tempolimit auf Autobahnen. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Nordrhein-Westfalen Erich Rettinghaus erklärt: „Für den Landesverband Nordrhein-Westfalen der Deutschen Polizeigewerkschaft steht die Verkehrssicherheit im Fokus.“Unter diesem Aspekt ist die Auswertung des Statistischen Bundesamtes vom 7. Juli 2022 relevant. Danach ging die Zahl der Unfälle mit Personenschaden innerorts im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 3,5% auf etwa 177.000 Unfälle und auf Landstraßen um 0,3% auf 65.500 zurück. Innerorts wurden 746 Menschen bei Verkehrsunfällen getötet, das waren 7,9% oder 64 Personen weniger als 2020; auf Landstraßen kamen 1.498 Menschen ums Leben (-5,9% oder 94 Personen weniger). Demgegenüber ist die Zahl der Autobahnunfälle, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden, um 7,7% auf 16.407 angestiegen; die Zahl der auf Autobahnen Getöteten nahm dabei um eine Person zu und lag damit bei 318. Bei den von der Polizei im Jahr 2021 auf Deutschlands Autobahnen erfassten Verkehrsunfällen mit Personenschaden handelte es sich zwar nur um einen Anteil von 6,3 % aller Verkehrsunfälle dieser Kategorie, dabei kamen aber 12,4% der bei Unfällen im Straßenverkehr Getöteten ums Leben. Eine bereits im März 2022 vorgelegte Untersuchung der Unfallforschung der Versicherer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. zeigt auf, dass auf den etwa 13.000 km Bundesautobahnen (2 % des gesamten deutschen Straßennetzes) knapp ein Drittel der Gesamtfahrleistung der in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeuge abgewickelt wird. Mit Bezug auf die Fahrleistung gelten Bundesautobahnen als sicherste Straßen Deutschlands im Vergleich zu Landstraßen und Innerortsstraßen. Jedoch weisen sie mit insgesamt 2.500 Verletzten und 32 Getöteten je 1.000 Kilometer die größte Dichte an Verunglückten auf Außerortsstraßen auf. Internationale Untersuchungen zur Wirkung eines Tempolimits weisen abhängig von der jeweiligen Ausgangslage nach, dass die Anzahl der Verkehrstoten deutlich reduziert wer-den kann.Im Jahr 2018 legten das International Transport Forum (ITF) und die International Traffic Safety Data and Analysis Group (IRTAD) einen Bericht mit Fallstudien aus zehn Ländern zu den Wirkungen geschwindigkeitsbezogener Maßnahmen auf das Unfallgeschehen vor. Bei einer generellen Reduzierung der Geschwindigkeit von 110 auf 100 km/h in Schweden gab es einen deutlichen Rückgang der Anzahl der Getöteten und Schwerverletzten.

Demgegenüber musste bei der Erhöhung des bestehenden Tempolimits von 110 auf 130 in Dänemark eine erhebliche Steigerung bei den Personenschäden konstatiert werden. Es kann daher nicht mehr argumentiert werden, die Wirkung eines Tempolimits auf die Anzahl der Verkehrstoten sei nicht belegbar. Von allen europäischen Nachbarländern, in denen schon heute Autobahntempolimits gelten, wird immer wieder berichtet, wie harmonisch dort der Verkehr läuft. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die Verkehrsunfälle auf den deutschen Autobahnen aufnehmen, stellen fest, dass die in Deutschland zulässige „freie Fahrt“ erst die hohen Differenzgeschwindigkeiten ermöglicht, die dann oftmals für dramatische Autobahnunfälle ursächlich sind. Erich Rettinghaus dazu: „Will Deutschland das im Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregierung 2021 bis 2030 selbstgesteckte Ziel erreichen, die Zahl der im Straßenver-kehr getöteten Verkehrsteilnehmenden in diesem Zeitraum um 40% zu reduzieren und die Zahl der Schwerverletzten signifikant zu senken, muss ein Bündel an Maßnahmen realisiert werden. Ein generelles Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen gehört an vorderster Stelle dazu.“ Und es wäre so einfach: In Anlehnung an § 3 Abs. 3 Ziff. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) „Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h“ könnte mit einer verwaltungstechnisch einfach zu realisierenden autobahnbezogenen Anpassungsmaßnahme in § 18 Abs. 5 StVO eine neue Ziff. 4 eingefügt werden, in der die Aussage getroffen wird „für alle anderen Kraftfahrzeuge 130 km/h“. Fazit Erich Rettinghaus: „Es ist an der Zeit, mit konsequenten Entscheidungen Menschenleben, Gesundheit und Umwelt zu schützen!“

Pressemitteilung DPolG Nordrhein-Westfalen