Schäden an der städtischen Infrastruktur von 1,7 Milliarden Euro sollen mit 1540 Maßnahmen behoben werden

Stadtrat beschließt Maßnahmenplanfür den Wiederaufbau nach der Flut

Stadtrat beschließt Maßnahmenplan
für den Wiederaufbau nach der Flut

Parkplatz am Ahrtor. Foto: ROB

Kreisstadt. Die Liste der Schäden, die in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler infolge der Starkregenkatastrophe vom 14. Juli entstanden sind, ist sehr lang. Das erfuhr der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung. Um diese Schäden zu beheben, müssen 1540 Einzelmaßnahmen umgesetzt werden, die vom Planungsbüro Juliusberger International (Wiesbaden) in einem 178 Seiten starken Maßnahmenkatalog aufgelistet wurden. Die Schäden allein an der städtischen Infrastruktur werden auf 1,7 Milliarden Euro geschätzt, wobei Bürgermeister Guido Orthen (CDU) und der der Erste Beigeordnete Peter Diewald (CDU) hoffen, den ganzen Neuaufbau oder zumindest große Teile davon über den Wiederaufbaufonds des Bundes finanzieren wollen. Doch zunächst muss der Maßnahmenplan noch dem Kreis vorgelegt werden, der ihn dann gemeinsam mit den Maßnahmenplänen der anderen Kommunen an das Land weiterleiten soll.

In den vergangenen Wochen wurden ortsteilbezogene Auszüge dieser Maßnahmenübersicht in sieben Einwohnerversammlungen der unmittelbar von der Flut betroffenen Ortsbezirke vorgestellt. Die dem Stadtrat vorgestellte Übersicht sei mit großer Sorgfalt und dem Ziel der Vollständigkeit erstellt worden, so Bürgermeister Guido Orthen. Dennoch sei der Plan „unvollendet, was „uns in Anbetracht der Schadenslage sicher jeder nachsehen wird. Der Plan kann und wird wohl auch noch fortgeschrieben werden müssen.“ Dies könne sowohl die Ergänzung oder auch die Streichung von Maßnahmen sowie die Anpassung der Schadenssummen betreffen. Ohnehin sei klar, dass nicht alles direkt und gleichzeitig umgesetzt werden könne. Deshalb werde bei der Wiederherstellung der Infrastruktur auch eine Prioritätenliste erstellt werden müssen.

Zahlen basieren

lediglich auf Schätzungen

Hinsichtlich der Ermittlung der Schadenshöhe wurde zum Teil auf bereits erstellte Gutachten, Kostenschätzungen oder -berechnungen zurückgegriffen. Teilweise basieren die Zahlen jedoch lediglich auf Schätzungen der Fachabteilungen im Rathaus. Sinn und Zweck des Maßnahmenplans sei es in erster Linie, die künftige Auszahlung von Zuwendungen für das Land planbar zu machen und für den Landkreis ein entsprechendes Regionalbudget zu bilden. Konkrete Förderanträge könne man ohnehin erst im Regelfall auf der Grundlage einer konkreten Kostenberechnung auf Basis einer realen Planung einreichen. Deshalb seien alle im Maßnahmenkatalog aufgeführten Projekte mit einem Steigerungsfaktor 2,56 unterlegt. Dieser setzt sich zusammen aus einer erwarteten Baukostensteigerung von fünf Prozent pro Jahr, einem Sicherheitsposten von zehn Prozent für „Unvorhergesehenes“, zudem einem „Sonderkonjunkturfaktor durch Angebotsverknappung im Ahrtal“ von 15 Prozent. Außerdem rechnet die Stadtverwaltung mit Kostensteigerungen bei der Projektsteuerung von bis zu 25 Prozent und addiert auf alle aufgeführten Werte auch noch die Umsatzsteuer von 19 Prozent.

So werden beispielsweise aus dem ursprünglich 30 Millionen Euro Wiederherstellungskosten für die Ahr-Thermen schließlich knapp 65 Millionen Euro. Über dieses Projekt müsse jedoch der Stadtrat noch einmal ganz konkret entscheiden, ob, und wenn ja, wo und wie die Ahr-Thermen wiedererrichtet werden sollen. In Ahrweiler rechnet man für die Sanierung des Bürgerzentrums mit Kosten von 5,1 Millionen, außerdem würde die Sanierung der Ahrweiler Marktgarage voraussichtlich 11 Millionen Euro kosten. Mehr als 15 Millionen Euro sind für die Kindertagesstätte Blandine-Merten-Haus veranschlagt, 6,4 Millionen Euro für den Kindergarten „Arche Noah“ im Mehrgenerationenhaus Bad Neuenahr, 1,8 Millionen Euro für die Kindertagesstätte „Rappelkiste“ in Bachem, 9 Millionen für die Kita Sankt Mauritius in Heimerzheim und 6,7 Millionen Euro für die Kita Sankt Pius in Bad Neuenahr. Die Wiederherstellung des Lenné-Parks schlägt mit rund 13 Millionen zu Buche, die Grundschule Bad Neuenahr soll 30 Millionen und die Bachemer Brücke 22 Millionen Euro kosten. Nicht zuletzt wird die dringend notwendige Intensivierung der städtischen Öffentlichkeitsarbeit einschließlich der kommunikativen Begleitung der Baumaßnahmen auf 6,2 Millionen Euro taxiert. In den kommenden fünf Jahren sollen so viele Maßnahmen wie möglich durchgeführt werden, so Orten, „auch wenn das ein sportlich ambitioniertes Ziel ist.“

Ungeeignet für

politische Auseinandersetzung

Im Namen der fünf im Stadtrat vertretenen Fraktionen CDU, SPD, Grüne, FDP und FWG dankte CDU-Fraktionschef Christoph Kniel zunächst allen Beteiligten für die Auf- und Ausarbeitung dieser sehr umfangreichen Vorlage in einem knappen Zeitfenster und signalisierte Zustimmung. „Dies geht nur mit besonderem Fleiß und Engagement im Interesse unserer Stadt und deren Aufbau nach der Flutkatastrophe.“ Der Maßnahmenplan sei jedoch im Wesentlichen rein technisch zu sehen und eignet sich nicht für eine politische Auseinandersetzung im Stadtrat. So seien die Anmerkungen aus dem Haupt- und Finanzausschuss bereits in die Ergänzungsvorlage eingeflossen. „Und das zeigt die Ergänzungsvorlage auch: dieses Werk insgesamt lebt, wird ergänzt und fortgeschrieben.“ Die Zahlen seien als Annäherungswerte zu verstehen und besäßen keine Vollständigkeit. Trotzdem habe der Stadtrat eine solide Basis für die Auf- und Abarbeitung der mehr als 1500 Maßnahmen im öffentlichen Bereich. Vieles wird bei der Wiederherstellung praxisnah über die Fachabteilungen der Verwaltung zu erledigen sein, dennoch bedürfe die eine oder andere Maßnahme der politischen Vorberatung in den zuständigen Gremien oder auch der vorherigen Aufbereitung durch die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft.