Allgemeine Berichte | 11.10.2021

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Besuch in Ahrweiler

Steinmeier zu Besuch im Ahrtal: „Wir werden euch nicht vergessen!“

An der Ahr besichtigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die vom THW errichtete Behelfsbrücke. Foto: JOST

Ahrweiler. „Das Ausmaß der Zerstörung wird erst klar, wenn man in Ahrweiler durch die Straßen geht, einen Blick in die Häuser wirft und mit den Leuten spricht“, zeigte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Sonntag erschüttert über das Leid, das die Starkregenkatastrophe in der Nacht zum 15. Juli über die Rotweinmetropole gebracht hatte. Bei einem Rundgang gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen stellvertretenden Ministerpräsidentin Anne Spiegel (Grüne), dem rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz, dem Ersten Kreisbeigeordneten Horst Gies (CDU) und dem Ersten Beigeordneten der Kreisstadt, Peter Diewald (CDU), durch die historische Altstadt von Ahrweiler, die durch die Flutwelle fast komplett zerstört worden ist, wurde dem Staatsoberhaupt vor Augen geführt, dass auch fast drei Monate nach der Flutkatastrophe noch längst keine Normalität eingekehrt ist.

„Die Kameras sind weg aus Ahrweiler und von der Ahr, aber das Unglück ist immer noch da“, sagte Steinmeier im Anschluss an seinen Rundgang vor dem Obertor. Die Trauer über die Toten, über den Verlust von Haus und Hof, von Hab und Gut und von den Dingen, die einem wichtig seien, sei nach wie vor spürbar. Deshalb sei es wichtig, dass man immer wieder an die Situation hier erinnere und den Betroffenen Mut mache. Steinmeier versicherte den Menschen in der Region: „Wir werden euch nicht vergessen!“

Dankbarkeit über die Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer

Aus Gesprächen, die er mit den Bewohnern geführt habe, nehme er aber noch etwas anderes mit. In dem Gefühl des Unglücks herrsche viel Dankbarkeit über die Hilfe, die den Menschen hier zuteilgeworden sei. Zunächst von Nachbarn, Freunden und Bekannten, mehr und mehr dann aber auch von Menschen, die von weit herkamen, von Fremden, die hier in der Not zu Freunden geworden seien. „Wenn wir heute an einem sonnigen Tag durch Ahrweiler gehen, ist die Erinnerung an den Tod überhaupt nicht verblasst. Aber es wird deutlich, wie viel Arbeit noch vor uns liegt bis zum Wiederaufbau all dessen, was zerstört worden ist.“ Das verlange Geduld und viel Kraft von den Menschen, die im bevorstehenden Winter ihre Häuser gar nicht bewohnen könnten, in Behelfswohnungen oder bei Freunden unterkommen müssten. Der Dank an die zahlreichen Helfer verband er mit der Bitte, auch in Zukunft nicht nachzulassen und den Menschen an der Ahr weiterhin zur Seite zu stehen.

Sein Besuch in der Kreisstadt startete jedoch an einem Zeichen der Hoffnung, nämlich der vom Technischen Hilfswerk errichteten Behelfsbrücke über die Ahr vor dem Ahrtor, die den nördlichen Teil der Stadt mit dem südlichen Teil wieder verbindet. Die eigentliche Ahrtorbrücke war bekanntlich in der Nacht vom 14. zum 15. Juli durch die Wucht der Wassermassen, die nach tagelangem extremem Starkregen die Ahr in einen reißenden Strom nie gekannten Ausmaßes verwandelt hatte, zerborsten.

Bitte um Unterstützungfür „Zeliha’s Treff“

Dort bat ihn auch Zeliha Atac um Gehör, die selbst betroffen ist vom Hochwasser und dennoch ehrenamtlich in „Zeliha’s Treff“ auf dem Gelände der KBM-Mercedes-Werkstatt täglich etwa 1000 Menschen versorgt. Doch da gebe es jetzt leider Probleme, bat sie das Staatsoberhaupt um Beistand. „Wir haben Leid und Schmerz in unseren Seelen, wir leben nicht mehr, unsere Herzen bluten.“ Sie biete in den auf Spendenmitteln errichteten Versorgungszelten den betroffenen Mitbürgern einen Anlaufpunkt, an dem es nicht nur etwas zu essen gebe, sondern auch helfende Gespräche und Unterstützung aller Art. Doch nun habe die Stadt sie aufgefordert, die Zelte abzubauen. Das wäre insbesondere für die älteren Mitbürger ein herber Schlag. Steinmeier solle sich auf ihre Seite stellen. „Ihre Botschaft ist bei mir angekommen und ich bin sicher, dass die Stadt das Gespräch mit ihnen suchen wird und eine angemessene Versorgung derjenigen, die noch Not leiden, gewähren wird“, antwortete er mit Seitenblick auf den Stadtbeigeordneten Diewald.

Der Weg des Bundespräsidenten führte weiter durch das Ahrtor hindurch und durch die Ahrhutstraße zum Marktplatz, vorbei an beschädigten Häusern und Geschäften, aber auch an Plakaten mit der Aufschrift: „Wir machen weiter!“ oder „1000 Dank an die Helfer“. Auf dem Marktplatz suchte Steinmeier spontan den Stand der privaten Initiative „Heute für morgen“ und sprach mit der ehrenamtlichen Helferin Tamara Segers aus Havixbeck bei Münster, die dort mit ihrem Mann und Freunden einen ständigen Anlaufpunkt für praktische Hilfe und Gespräche bei Kaffee und Kuchen eingerichtet hat. Sie habe sich über das unerwartete Gespräch mit Steinmeier gefreut, sagte sie. „Den Menschen hier ist es wichtig, dass sie nicht vergessen werden.“ Im benachbarten Pfarrbüro der Kirchengemeinde St. Laurentius traf sich der Bundespräsident mit zwei Ehepaaren, die in der Flut Angehörige verloren haben.

Hoffnung auf dieRückkehr der Touristen

Auf dem weiteren Weg erfuhr er von Wolfgang Huste, dessen Antiquariat in Ahrweiler von der Flut zerstört wurde, dass er zusammen mit seiner Partnerin Marion Morassi an einem Stand an der Behelfsbrücke hilft, wo Lebensmittel und Kleidung ausgegeben werden. Er hoffe auf die Rückkehr der Touristen, die vor der Katastrophe 80 Prozent zu seinem Umsatz beigetragen hätten. Mit der erhofften Unterstützung aus Bundesmitteln will er neue Regale und Vitrinen kaufen und hoffentlich im März oder April wieder in den Laden zurückkehren.

Von Vorwürfen habe er relativ wenig gehört, bemerkte Steinmeier im Anschluss an seinen Rundgang vor dem Obertor. Die Trauer stehe bei den Menschen im Vordergrund, aber auch der Versuch, den Alltag in einer Ausnahmesituation zu bewältigen. Allerdings sei das System der Katastrophenwarnung das eine oder andere Mal ein Thema gewesen, „die Leute hätten sich gewünscht, dass die Warnungen früher gekommen wären.“ Mit Blick auf die bevorstehenden Winter hoffe er, dass es wenigstens provisorische Lösungen für alle gebe, die noch ohne Heizung und Stromversorgung seien. „Aber niemand kann kurzfristigen Lösungen versprechen, wenn man ehrlich ist. Es wird in der nächsten Zeit noch viel provisorische Lösungen geben müssen.“

Erste Signal der Hoffnung zu spüren

Die stellvertretende rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne) sah den Besuch des Bundespräsidenten im Ahrtal als sehr wichtiges Signal, das Trost spende und Mut mache. „Die Narben sind noch da, es ist unfassbares Leid über die Region hereingebrochen, doch gleichzeitig spürt man erste Signale der Hoffnung.“ Das habe hauptsächlich mit den vielen ehrenamtlichen Helfern zu tun, die hier im Ahrtal unermüdlich im Einsatz seien, aufräumten und den Menschen zur Seite stünden. Die Landesregierung stehe ebenfalls fest an der Seite der Kommunen und der Menschen vor Ort und werden alles tun, damit die Hilfe so schnell und unbürokratisch wie möglich bei den Betroffenen ankomme. Bislang seien schon mehr als 8300 Anträge gestellt worden.

JOST

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier versprach Zeliha Atac (links) Unterstützung bei ihrem Bemühen, das Helferzelt an der KBM-Niederlassung zu erhalten.Foto: JOST

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier versprach Zeliha Atac (links) Unterstützung bei ihrem Bemühen, das Helferzelt an der KBM-Niederlassung zu erhalten.Foto: JOST Foto: Volker Jost

Durch das Ahrtor hindurch machte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf einen Rundgang durch die historische Altstadt von Ahrweiler, die durch die Starkregenflut vom 15. Juli schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde.Foto: JOST

Durch das Ahrtor hindurch machte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf einen Rundgang durch die historische Altstadt von Ahrweiler, die durch die Starkregenflut vom 15. Juli schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde.Foto: JOST Foto: Photographer: Volker Jost Auf de

An der Ahr besichtigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die vom THW errichtete Behelfsbrücke. Foto: JOST

Leser-Kommentar
12.10.202101:26 Uhr
juergen mueller

Man wiederholt sich.
Auch ein Steinmeier plaziert seine Worte in ein vorgegebenes Shema, das sich andauernd wiederholt, dem Anlass entsprechend in Wort und Ton angepasst.
Politik lebt davon, sich jedem Szenario mit entsprechenden Worten anzupassen, die dem Zeoitpunkt entsprechen.
Wer mehr erwartet, ist fern jeder Realität.
Politik ist ein Anpassungsmonstrum ohne jegliche Wahrheit und Ehrlichkeit, ein Machtzentrum, in dem Wahrheit nur eine untergeordnete Rolle spielt, ein Spielfeld, in dem jeder sich nach seinem Gutdünken seiner politischen Spielleidenschaft hingeben kann.
Eine neue Regierungsbildung, auf die der Wähler ohnehin keinen Einfluss hat, WER welchen Ministerposten bekommt, ist für einen Wahlentscheid von untergeordneter Bedeutung.
Letzten Endes geht es immer nur darum, das Amt mit erkauftem Wissen ausüben zu können.
Ohne externes, teuer mit Steuergeldern erkauftes Wissen geht in der Politik NICHTS.

Bildergalerien
Neueste Artikel-Kommentare
  • H. Scüller: Dem vermeintlichen Fortschritt im Bahnverkehr werden nicht nur zahlreiche Bäume geopfert, sondern nebenbei auch tausende Tiere, die im Oberleitungsnetz und den bahneigenen Hochspannungstrassen jährlich...

Lesung von Marco Martin fand begeisterte Zuhörer

  • Marco Martin: Ich bedanke mich recht herzlich für die Einladung des Bürgertreffs Bachem. Ich bin stolz dort mein neues Buch präsentieren zu können. Es war eine tolle Veranstaltung mit wunderbarem Publikum und empathischen Menschen.
  • Ute Schäfer : Ein wahnsinnig emotionales Buch. Gänsehaut pur... manchmal Tränen, aber auch mal ein befreiend Lachen. Muss man gelesen haben.
  • K. Schmidt: Was ich nicht machen werde: Brandmauern sinnvoll finden, wenn Mehrheiten dadurch nicht mit Grundschulmathematik zu begründen sind, sondern von linken Minderheiten vorgegeben werden. Erst recht wenn sowas auf kommunaler Ebene probiert wird.
  • K. Schmidt: Was ich gegen Rechtsaußen mache? Ich differenziere. Ich kann den unterschiedlichen Anteil der Ausländer an der Kriminalstatistik und der Gesamtbevölkerung kritisch sehen, und trotzdem integrationswillige Migranten in ihren Bemühungen unterstützen.
  • H. Schüller: Und was denken Sie gegen Rechtsaußen zu tun? Das ist nämlich das Thema hier.
Dauerauftrag
Stellenanzeige Hartkorn Gewürzmühle GmbH
Imageanzeige
Titel- o. B. Vorkasse
Herbstbunt - Anzeige 150 Jahre Schuhhaus Rollmann
Anzeigenauftrag #PR106350-2025-0453#
Anzeigenauftrag #PR106350-2025-0461#
Stellenanzeige "Kombi"
Festival der Magier
150 Jahre Schuhhaus Rollmann in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Empfohlene Artikel

Kreis Ahrweiler/Brüssel. Mit einer bewegenden Eröffnung wurde am Dienstag im Europäischen Parlament in Brüssel die Ausstellung „Flut – Juli 2021. Eine Katastrophe im Herzen von Europa“ eröffnet. Vier Jahre nach der Katastrophe, die Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Ostbelgien erschütterte, präsentierte die Schau künstlerische Positionen, persönliche Zeugnisse und Erinnerungsarbeiten. Die Präsidentin...

Weiterlesen

Kreuzberg. Die L 76 in der Ortslage Kreuzberg muss vom 22. Oktober bis einschließlich 4. November 2025 für den Verkehr voll gesperrt werden. Grund hierfür sind notwendige Brückenbauarbeiten im Zuge des Aufbaus nach der Flutkatastrophe. Die Umleitung erfolgt von Altenburg kommend über die B 257 durch Brück über Lind, Plittersdorf und Binzenbach, aus der entgegengesetzten Richtung kommend entsprechend umgekehrt.

Weiterlesen

Ahrweiler. Wer an dem Mühlenteich vorbeigeht, mag sich wundern. Der einst quirlige Bach, der durchaus das Stadtbild prägte, ist seit der Flut versiegt. Wie geht es weiter mit dem Gewässer? Vor knapp zwei Jahren wurde bei BLICK aktuell über den Zustand des Mühlenteichs in Ahrweiler berichtet. Die Stadtverwaltung lieferte eine Antwort auf die damalige Anfrage: Seinerzeit hieß es, die freiliegenden Bereiche...

Weiterlesen

Weitere Artikel

Allgemeine Berichte

Martinskaffee der Senioren Kretz

Kretz. Die Ortsgemeinde und der Seniorenbeirat laden auch in diesem Jahr Kretzer Senioren zum Martinskaffee herzlich ein. Die Veranstaltung findet am Sonntag, 9. November 2025 um 15 Uhr auf dem Hummerichsaal der Gastwirtschaft Bauernschänke statt. Bitte die Teilnahme bis zum 5. November 2025 anmelden bei: Ortsgemeinde Kretz, Schulstraße 10, 02632/953336 oder Wilfried Heinz, Ringstraße 3, 02632/5574 oder Friedhelm Uenzen, Hauptstraße 16, 02632/71464, Mobil 01604706055.

Weiterlesen

Unkel. Gleich zwei Kindertagesstätten aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz dürfen sich Hoffnung auf den Deutschen Kita-Preis 2025 machen: die Inklusive Kita Unkel und die Kita St. Nikolaus aus Kirchen.

Weiterlesen

Alles rund ums Haus
Rund ums Haus
Anzeige Haushaltsauflösungen und Ankauf
Hausmeister
Illustration-Anzeige
Imageanzeige
Imageanzeige
Rund ums Haus
Herbstbunt in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Stellenanzeige Sozialarbeiter/Sozialpädagoge Adenau
Ganze Seite Ahrweiler
Neuer Katalog
Anzeige MAGIC Andernach
staatlich geprüfte Erzieher*innen (m/w/d)
150 Jahre Schuhhaus Rollmann in Bad Neuenahr-Ahrweiler
150 Jahre Schuhhaus Rollmann in Bad Neuenahr-Ahrweiler