Im Ahrdorf Hönningen werden die Segel in Richtung Zukunft gesetzt
Hönningen. Ortsbürgermeister Jürgen Schwarzmann sitzt in seinem Büro, das eigentlich nur ein Container ist. Hier ist die Schaltzentrale Hönningens, dort läuft in der Ahrgemeinde alles zusammen. An der Wand lehnen überdimensionale, symbolische Spendenchecks, die noch übergeben werden müssen, Akten stapeln sich und das Handy bimmelt. Wer ein Getränk haben möchte, hat die Auswahl zwischen Kräuterlimo und Energy-Drinks. Aber der Kaffee sei das Wichtigste hier, sagt Schwarzmann. Er ist seit der Flut praktisch nur auf den Beinen. Und auch wenn Hönningen von der Zerstörung nicht verschont blieb, möchte er nicht in Schockstarre verweilen.
„Es war schlimm, was passiert ist“, sagt Schwarzmann, der im Hauptberuf Jugendpfleger in der Verbandsgemeinde Adenau ist. „Aber wir müssen jetzt in die Zukunft blicken!“, so der ehrenamtliche Bürgermeister. Besonders getroffen hat es die Kapellenstraße. Viele Häuser sind dort beschädigt. Auch die Umgehungsstraße hat unter den Fluten arg gelitten. Doch der Fortschritt ist sichtbar. Vieles wirkt aufgeräumt. In der Kapellenstraße fehlt nur noch die Teerdecke auf wenigen Metern. Aber dann sei die Fahrbahn wieder fertig, so Schwarzmann.
Jetzt gelte es, eine Chance zu ergreifen, so Schwarzmann. „Neu denken“, will man hier. Und die Pläne für das Dorf inklusive des Ortsteils Liers sind groß. So wünscht sich der Bürgermeister neue Baugebiete. Und bei deren Ausweisung müsse man Kompromisse eingehen. „Wenn es um hochwassersicheres Bauen geht, können wir künftig auf Umweltschutz und seltene Schmetterlinge nur bedingt Rücksicht nehmen,“ sagt Ortsbürgermeister Schwarzmann. „Die Menschen brauchen nach der Flut wieder eine Perspektive für die Zukunft.“ Ideen gibt es jede Menge. Eine Pipeline wäre denkbar um die Hönninger mit Gas zum Heizen zu versorgen. Frieren müsse übrigens keiner im Dorf, die Heizungen funktionieren.
Auch im Tourismus müsse man neue Wege gehen. Auch die Verwendung des Sportplatzes soll neue konzipiert werden. Schwarzmann wünscht sich eine Sportstätte, die von den Vereinen von Hönningen, Schuld, Insul und Dümpelfeld gemeinsam genutzt werde. Und dann wäre das „Projekt Gemeindehaus“. Man wünscht sich wieder einen großen Versammlungsort für den Ort. Vielleicht klappt das bis Juli 2022 – dann feiern Hönningen und Liers das 50. Jubiläum der Zusammenlegung.
Nicht nur bei den Zukunftsplänen ist man emsig. Schwarzmann hat nur lobende Worte für die Helfer, die in Hönningen anpackten und es immer noch tun. Ein Trupp freiwilliger Helfer aus Stuttgart hat sich den kaputten Kindergarten als Herzensprojekt ausgesucht. „Die kommen jedes Wochenende zum Anpacken und das, bis die Einrichtung fertig“, sagt er. „Das ist einfach der Wahnsinn.“
Aber auch die Dorfgemeinschaft funktionierte. Die Mitglieder des Ortsbeirats packten, an wo es nur ging, und die Vereine ebenso. So säubern die jungen Männer des Junggesellenvereins die Kanaleinläufe. Kostenpunkt der Reinigungsaktion: Zwei Kisten Bier. Und mit jedem Stück getaner Arbeit steigt der Optimismus. Dazu zitiert Jürgen Schwarzmann einen Hönninger Einwohner. „Mit jedem Schritt wird eine Wunde geschlossen.“ ROB