Die Firma des Heimersheimer Getränkehändler Michael Juchem wurde von der Flut stark in Mitleideschaft gezogen. Nun zählt für ihn nur eines: Selber helfen, wo es nur geht

Nach der Hilfe kommt das Helfen

Nach der Hilfe kommt das Helfen

Michael Juchem mit seinem Flutwein: „Es ist wichtig, etwas zurückzugeben.“ Foto: ROB

Nach der Hilfe kommt das Helfen

Nach der Flut herrschte auf dem Firmengelände das pure Chaos.

Heimersheim. Ein normaler Werktag nach der Flut sieht bei Getränke Michel so aus: Michael Juchem sitzt am Lenkrad seines Gabelstaplers und rangiert Kisten mit Limo. Eigentlich alles so wie immer, oder? Geht so. „Das Telefon klingelt von 4 Uhr morgens bis Mitternacht“, blickt er auf die letzten sechs Wochen zurück. Denn wenn der Getränkefachmann mal nicht im Stapler sitzt, telefoniert er und das meistens den ganzen Tag. Schließlich hat Michael Juchem einen Job zu erledigen: Getränke an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Dass der Weg bis zur Wiedereröffnung des Getränkeshops im Heimersheimer Gewerbegebiet hart war, sieht man dem Einzelhändler an. Einen Friseur hat er schon länger nicht mehr gesehen, aber das ist für ihn auch absolut egal. Wichtiger: „Wir machen auf jeden Fall weiter hier“, sagt er entschlossen. Aber primär geht es ihm jetzt um eines: Unterstützen wo es geht. Die Hilfe die Juchem und sein Team erfahren haben, war absolut grandios. „Wir sind so dankbar,“ sagt er. „Das kann man einfach nicht in Worte fassen.“ Nun möchte man etwas zurückgeben. „Wir haben Flutwein, aber auch Flutlimo und Flutbier im Angebot und stellen unsere Verkaufsräume den Winzern zur Verfügung, die alles verloren haben.“ Alle diese Getränke, die mit der Vorsilbe „Flut-“ anfangen, haben eine Besonderheit. Sie sind allesamt etwas schmutzig und auf den Glasflaschen pappt Ahrtaler Schlamm und Heimersheimer Staub. Außerdem entstand dort bei Getränke Michel ein kleiner Markt. Dort können Weingüter und Co. ihre Produkte zum Verkauf anbieten. Die Erlöse von den Flaschen, die dort über den Verkaufstresen wandern, gehen an die betroffenen Kollegen, „ausnahmslos“, wie Juchem hinterherschiebt. Ein anderes Angebot richtet sich an alle: Alle diejenigen, die viel oder alles verloren haben, können dort bei Getränke Michel nur gegen den Pfandpreis beziehen.

Unverstellbares Chaos

Das Thema Dankbarkeit spielt generell eine große Rolle. Wer das Areal am 15. Juli gesehen hat, wundert sich, dass es heute wieder manierlich aussieht. Das Chaos war riesig. „Uns wurden in einem Rutsch mehrere 10.000 Euro vom Hof gespült“, so Juchem. 30.000 Getränkekisten wurden in Mitleidenschaft gezogen. Wirklich überall lagen Getränkekisten und Europaletten. Ein Drittel des Fuhrparks war nicht nur kaputt, sondern komplett weg. Und auch das Leergut schwamm mitunter kilometerweit. Das musste erst einmal wieder eingesammelt werden. In zwei Teams klaubten die Heimersheimer Pullen und Fässer aus Bäumen und Sträuchern, von Straßen und Schlammackern, die irgendwann einmal grüne Wiesen waren.

Dank an Helfer

Eine Mammutaufgabe. „Ohne diese tollen privaten Helfer wäre das niemals machbar gewesen,“ so Juchem. „Jeden Tag stand jemand hier und fragte: Wo kann ich anpacken?“, blickt er zurück. Und noch heute kommen die Menschen ins Heimersheimer Gewerbegebiet um Unrat wegzuschaffen oder Getränkekisten von A nach B zu verfrachten. Die Nachbarschaft sieht mitunter noch stark angeschlagen aus. Doch dank Helfern, die unter anderem durch das BNI Rhein-Ahr-Eifel rekrutiert wurden, war Juchems Firma schneller wieder arbeitsfähig. „Am 2. Montag nach der Flut konnten wir wieder Altenheime mit Getränken beliefern“, sagt er. Eine wichtige Ausgabe. Und eine weitere Woche später konnte der Betrieb im Wiesenweg weitergehen. Zwar eingeschränkt, aber dennoch gilt das als Meisterleistung. „Das hätten wir am Anfang sicher nicht gedacht“, so der Getränkehändler. Jetzt, wo es weiter geht, wird weiter angepackt. Um das Ahrtal zu unterstützten, fährt Juchem die „Flutbier“-Kisten überall dort hin, wo sie zuvor gekauft wurden. „Überall“ ist nicht übertrieben. Gerade steht wieder eine Nachttour an. Nach Freiburg, Bahlingen und Pfaffenweiler geht es diesmal. Die Fracht: Flutweizenbier. Oder auch mal Flutkölsch. Aber egal, was sich auf der Ladefläche stapelt – das Wichtigste ist für Juchem, dass es mit dem Ahrtal und den dort ansässigen Winzern und Kollegen weitergeht. Michael Juchem ist sich sicher: Wir machen das so lange, wie es geht. Wird er gefragt, wie man ihm persönlich danken kann, hat Juchem auch eine Antwort parat. „Ein Gutschein für einen Friseursalon, das wäre doch mal was!“, sagt er lachend.