Weinfest in Heimersheim: Buntes Trieben beim Bauern- und Handwerkermarkt

Rein ins mittelalterliche Getümmel

19.08.2013 - 16:57

Heimersheim. Mittelalter mitten in Heimersheim: Am Wochenende war die Verwandlung wieder perfekt, und Zehntausende tauchten ein in die Welt der Ritter, Gaukler und Edelleute. Beim 18. Historischen Weinfest im Ort zum Fuße der Landskrone herrschte wieder buntes Treiben. Am Freitag proklamiert, lächelte Weinkönigin Vanessa I. (Sion) ihren Untertanen vom Wagen zu. Nach dem Festzug am Samstag feierte man in Heimersheim wie immer nach „eygen Art“ in den aufwendig hergerichteten Höfen und auf dem Marktplatz. Für Familien eignete sich besonders der Sonntag, als Bauern und Handwerker die Regie übernommen hatten.


Eine Entdeckungsreise


Schon aus der Ferne waren sie zu hören, die Sackpfeifen, Schalmeien, Lauten und Fideln in den Gassen des Ortes. Und wer den verlockenden Geruch von Flammkuchen und frisch geräucherten Forellen wahrnahm, konnte schon fast nicht mehr umkehren. Wer den Wegezoll bei den Möhnen aus Heimersheim und Ehlingen entrichtet hatte, um eines der vier Einfallstore nach Heimersheim passieren zu können, war mittendrin im mittelalterlichen Getümmel des Historischen Weinfestes. Was fehlte, waren die Tonmedaillen als „Eintrittskarte“, für viele schon seit Jahren ein lieb gewonnenes Erinnerungsstück. Stattdessen musste man sich mit Papierbändchen begnügen. Die Reaktionen waren geteilt: „Das finde ich schade“, sagt eine Besucherin aus der Kreisstadt. „Die Medaillons hatten immer was.“ Insgesamt habe es nach Angaben von Oliver Piel, Ahrtal-Tourismus, „keine großen Diskussionen“ gegeben.


Ritter, Gaukler und Edelleute


War man erst einmal auf dem Markt, kreuzten Ritter, Recken, Knappen, Gaukler, Mägde, Vagabunden und Edelleute den Weg. Der ganze Ort hatte sich für ein Wochenende wieder in ein mittelalterliches Dorf verwandelt, um mit Tausenden Besuchern ein Fest nach ganz „eygen Art“ zu feiern. Dazu gehört dann auch, dass die Straßenbeleuchtung abgeschaltet wurde und Kerzenschein den Weg erleuchtete, oder Parkschilder gänzlich verhüllt waren. In den Gassen herrschte reges Treiben: Krämer, Schmiede, Bogner, Mollenhauer, Wippdrechsler und Specksteinkünstler boten ihre Waren an und ließen sich gerne über die Schulter schauen - besonders von den Kindern. Kultig verkleidete Edelleute und Geschäftsmänner boten bunte Tücher - ob klassisch oder modern - an, und echt keltischer Schmuck blinkte im Sonnenschein. Hier schnitzte man Holz, und dort roch es nach mittelalterlichen Düften.

Apropos Duft: Frisch geräucherte Forellen aus der Mönchsklause der Alten Herren der SG Landskrone oder doch lieber Flammkuchen aus dem Steinofen? Die Gerüche kreuzten sich, die Entscheidung fiel schwer. Bei den Mönchen im Hof ging Fisch für Fisch über die Theke. „450“ hatten die Fußballoldies besorgt, und schon am frühen Sonntagabend waren sie ausverkauft, berichtete Hermann Hecker, der Mann am Räuches. Die Klause ist ein Geheimtipp. Stimmungsvolle Musik und leckeres Essen, dazu der passende rote oder weiße Tropfen - hier stimmte das Gesamtbild. Mit seinem flotten Mundwerk animierte der „Mäusemann“ Walter Rath Kinder und Erwachsene, einen Taler auf eine seiner Wüstenrennmäuse „Wotan“, „Thor“ oder „Odin“ zu setzen. An der „Kreiselei“ von Brigitte Rath aus Wetzlar galt es zunächst, ein Feld zu bestimmen, danach den Kreisel zu drehen und mit Glück sein Feld wieder zu treffen. Als Hauptpreis winkten Anhänger, kleine Strümpfchen und süße Beutelchen. Im Hof des Hotels zum Stern feierte Zuberkönig Mario standesgemäß sein zehnjähriges Jubiläum. Bei schweißtreibenden Temperaturen verharrte das Mitglied der Feytaler Ritterschaft den ganzen Tag im lauwarmen Wasser des geliehenen Badezubers. Und auch der zwischenzeitliche Regen von oben machte ihm nichts aus. Ob er denn irgendwann auch mal sauber sei, wollte eine Besucherin wissen. „Körperlich schon, aber gedanklich nicht“, so Mario, der Zuberkönig. Nur wenige Schritte entfernt hatten Landsknechte zu Köln ihr Lager aufgeschlagen, um von der fünf Meter langen Pike über Ritterschwerter bis hin zum Katzenbalger ihr Waffenarsenal auszustellen. In der Brettchenweberei gab es eine Jahrhunderte alte Tradition zu bestaunen. Erstmals konnten die jüngsten Besucher bei einer Rallye durch die Höfe teilnehmen. Mit ihren Zetteln machten sich mehrere Hundert Kids auf die Suche nach dem Lösungswort.


Ortsvereine waren mit von der Partie


Geöffnet waren der „Kesselflickerhof“, der Gasthof „Zur Alten Wache“ oder die „Sängerschenke“ geöffnet, um vielerlei Gäste mit schmackhaftem Wein, geräuchertem Fisch, Küchlein und auch gegrillten Würstchen zu verwöhnen. Im Königinnen-Hof von Maria I. (1967/68) und Julia I. (2000/01) serviert man „Flammkuchen und Gesöff“, und bei den Kellerkindern steckte der Duft von frischem Backesbrot an. Die Heimersheimer Sänger boten Bardenschmaus und Bardenhappen an. Wie so oft in den Höfen war es der Weißwein, der bei den hitzigen Temperaturen am Festwochenende am besten ankam.

Der Ortsverband Bad Neuenahr-Ahrweiler des Deutschen Roten Kreuzes war unermüdlich im Einsatz. Anders als in den Vorjahren blieb es dieses Mal erstaunlich ruhig im eigens eingerichteten Lazarett im Heimersheimer Feuerwehrhaus. Die Hitze im Vorjahr war für einige Gäste in Kombination mit Alkohol zu viel. Das galt auch für die Polizei, die zu später Stunde so gut wie keine Zwischenfälle vermelden konnte.

Angenehm war der Sonntagabend, als der Charme des mittelalterlichen Weinfestes einmal mehr deutlich wurde und in den liebevoll hergerichteten Hinterhöfen von Mönchen und Bauern oder im Gedränge auf dem Marktplatz noch einmal die große Sause stieg. Ein Höhenfeuerwerk bildete den Abschluss des Wochenendes. Und auf der Bühne am Marktplatz unterhielt die Schar der „Spielleyt“ die Besucher. Erstmals ins Heimersheimer Getümmel hatten sich die Sauenscheucher der Formatio „Porcae Pellere“ und die Artistinnen der „Luscinia Obscura“ gestürzt.

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