„Geschwisterlicher Gottesdienst“ anlässlich „750 Jahre Stadtrechte Sinzig“

Alle Sinziger sind Geburtstagskinder

Jubiläumsveranstaltung mit Bischof Ackermann und Vizepräses Christoph Pistorius war auch ein Fest für die Ökumene

13.06.2017 - 18:30

Sinzig. Die Sinziger Turmbläser füllten den hohen Raum, und mit dem klingenden Empfang zogen die Sinziger Geistlichen Pfarrerin Kerstin Laubmann und Dechant Achim Thieser zur Feier des Tages mit hohen kirchlichen Würdenträgern, dem Trierer Bischof Stephan Ackermann und dem stellvertretenden Präses der Rheinischen Landeskirche, Christoph Pistorius, in die mehr als gut gefüllte Sinziger Pfarrkirche St. Peter ein. Messdiener aus allen Sinziger Stadtteilen gaben ihnen das Geleit beim ökumenischen Festgottesdienst am Sonntag anlässlich „750 Jahre Stadtrechte Sinzig“.

Gesang und Reden, einschließlich der Begrüßung durch Dechant Thieser, der neben den Geistlichen zum „geschwisterlichen Gottesdienst“ Bürgermeister Wolfgang Kroeger und in Vertretung des Landrates Friedhelm Münch willkommen hieß, standen im Kontext der 750 Jahre. „Sie alle repräsentieren eine lebendige Stadt. Rund 2.000 haben mitgewirkt beim Festumzug. Schön, dass so viele Sinziger Bürger und Bürgerinnen gekommen sind. Letztlich sind Sie die Geburtstagskinder“, betonte Thieser.


Danken und bitten


Um die Zusammenkunft der Gläubigen als „einen Gottesdienst der Dankbarkeit und der Bitte um den Segen Gottes“ zu veranschaulichen, ging Bischof Ackermann auf zwei Bilder aus der Bibel ein.

Vom Garten Eden, der aus Misstrauen verloren ging, leitete er in „einem Bogen der Heilsgeschichte“ über zum Schlussbild der himmlischen Stadt Jerusalem aus der Johannesoffenbarung. Die prophezeite neue Stadt Gottes, deren zwölf Tore Tag und Nacht offen stünden und die dennoch den Sündern verschlossen sei, nannte der Bischof „eine starke, beschützende, offene Stadt“, ein wunderbares Bild, nach dem sich auch Sinzig ausrichten solle: „Stark, offen und dankbar für den Reichtum der Kulturen sein.“ Dies sei schwer. „Wenn nicht der Wächter das Haus beschützt, ist alles Bauen umsonst“, lenkte Ackermann den Blick auch auf die Notwendigkeit des Segens.


Ein Herz und eine Seele


Pfarrerin Kerstin Laubmann, die moderierte, sprach eingangs an, warum man den Gottesdienst feiere: „Weil es gut ist; weil die Stadt, in der wir leben, feiert; weil wir Gott brauchen für diesen Tag, für unser Zusammenleben, für die Zukunft dieser Stadt.“

Sie lud die Besucher zum Wechselgebet des Psalms 133 ein, in dem es heißt: „Etwas Wunderbares ist es, wenn Geschwister in Frieden leben. Und Du hast uns Menschen zu Geschwistern gemacht, guter Gott.“

In diesem Sinne hatte das Vorbereitungsteam den Arbeitstitel „Ein Herz und eine Seele“ gewählt. Verschiedene Einwohner traten vor, um aus ihrer Sicht zu erzählen, wie es ist, in dieser Stadt zusammenzuleben.

Svenja Marcovic, die bei der Stadtverwaltung ein Praktikum absolviert, sprach für die jungen Menschen. „Sinzig ist meine Heimat. Ich kann mir nicht vorstellen, anderswo zu leben. Ich fühle mich hier aufgehoben.“ Wilma Tietz kam vor 52 Jahren durch ihre Heirat nach Franken. Dort ist sie froh über die Nähe zur Kirche, und durch die Vereine am Ort sei sie schnell in die Dorfgemeinschaft aufgenommen worden. An der Kernstadt schätzt sie: „Man kann alles kaufen, es gibt Ärzte, und ich besuche gerne die Cafés.“ Auch im Kirchencafé ist Tietz öfter zu Gast.


Leben in Sinzig


Noura aus Syrien, noch neu in der Stadt, machte deutlich, dass sie versucht, Deutsch zu lernen. Denn sie hat erkannt: „Die Sprache ist sehr wichtig.“ Dankbar ist sie für die im evangelischen Kirchencafé erfahrene Unterstützung und Ermutigung. Der junge Hossein Haidari kam vor 15 Monaten aus dem Iran nach Sinzig, hat eine Genehmigung für drei Jahre Aufenthalt und wurde evangelisch getauft. Die Menschen seien freundlich zu ihm, sagte er, beklagte aber eine beengte Wohnsituation mit vier Menschen in einem Zimmer.

Aus seiner Kinderzeit berichtete Hans-Peter Floter, engagiert in der Karnevalsgesellschaft und bei den St. Hubertus-Schützen. Das Ehrenmal hätten er und Spielgefährten wie eine Burg gegen Angreifer verteidigt. Floter erinnerte sich an ein „eiskaltes Kristallbad“, an Kinobesuche für 50 Pfennig, an Kinderpflichten wie Straße kehren und einkaufen. Ob Sinzig früher schöner gewesen sei? Das wisse er nicht, wohl aber, dass es sich sehr verändert habe.

Eine Alleinerziehende fokussierte dagegen das Heute, wie sie dankbar für Hilfe vom Arbeitsamt sei, dass sie mit wenig Geld auskommen müsse und es wehtue, wenn andere abfällig über einen redeten. Dennoch: „Wir halten in der Familie zusammen.“

Wichtig war auch, was ein Mitarbeiter der Tafel mitteilen ließ: Er hoffe, dass es in Sinzig Orte und Gelegenheiten gebe, wo Arm und Reich zusammenkommen. Die Tafel jedenfalls sei kein Begegnungsraum, „weil in diesem Kontext eine Begegnung auf Augenhöhe zwischen Nutzern und Helfern unmöglich ist“.

Winfried Kraatz, seit drei Jahren Sinziger, setzt sich bei der Feuerwehr und in der Pfarrei für die Menschen in Sinzig ein. Er hob hervor, dass die Feuerwehr in der Bevölkerung respektiert werde. Doch merkte er an: „Leider sind nur deutsche Menschen in der Feuerwehr“.


Miteinander in einer Stadt, die für viele offen sein soll


Es tat gut, nach all den Denkanstößen über die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten der Sinziger einem erhebenden Instrumentalstück des Orchesters des Rhein-Gymnasiums zu lauschen, das Andreas Dietl in bewährter Manier dirigierte. Neben dem Orchester und den Turmbläsern bereicherte auch die SakroSpontiBand, in der Protestanten und Katholiken mitwirkten, den Gottesdienst musikalisch.

Eins griff ins andere, und so stellte auch Vizepräses Christoph Pistorius in seinem vierteiligen Anforderungsprofil einer Stadt als erstes „die immerwährende Aufgabe“ heraus, für viele Menschen offen zu sein. Neben diesem generellen Miteinander sei die Stadt zweitens gefordert, einzurichten, dass „Arme und Reiche in ihr gut leben können“. Drittens sei zu fragen, „Wie gelingt es, offen und freundlich Fremden zu begegnen?“, und viertens „Wie hält es die Stadt mit der Religion?“ Pistorius erläuterte: „Wer betet, vertraut auf mehr als sein eigenes Vermögen, er kennt die eigenen Grenzen und hofft auf Gott,“ ob in der Synagoge, in der Moschee oder in der Kirche.


Sinziger Wasser und bischöflicher Wein


Schließlich luden Pfarrerin Laubmann und Dechant Thieser ins Paradiesgärtlein zu Sinziger Wasser und bischöflichem Wein. An einem ökumenischen Stand lagen gut aufgemachte Informationen zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden des Glaubens aus, die die Kirchengemeinden der Protestanten und Katholiken gemeinsam erarbeitet hatten.

Bevor jedoch die Gläubigen aus voller Kehle „Großer Gott wir loben Dich“ sangen, die Turmbläser in Posaunen und Trompeten stießen und die Gäste nach draußen strömten, brachte Bürgermeister Kroeger zum Ausdruck: „Wir wissen alle, zur Stadt gehört Religion.“ Er sei gegen eine absolute Grenze zwischen Kirche und Staat: „Man kann keine Kirche zum Nulltarif haben.“ Gerne trugen sich Bischof Stephan Ackermann und Vizepräses Christoph Pistorius ins Goldene Buch der Stadt ein, das Kroeger ihnen daraufhin reichte.

HG

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