Sängervereinigung 1892 Koblenz-Metternich beschließt Auflösung
Wehmütiges Aus nach 124 Jahren
Koblenz-Metternich. „Möge das 120-jährige Stiftungsfest neue Stimmen in Metternich wachrufen, damit noch viele Jahre der weltliche Chorgesang in Metternich gesichert ist“. Dieser fromme Wunsch in der Vereinschronik der Sängervereinigung 1892 Koblenz-Metternich zum Jubiläum vor vier Jahren erfüllte sich leider nicht. Wie auch andere Männerchöre in Koblenz und der Region fehlte der Nachwuchs – die Aktiven wurden immer älter, viele langjährige Sänger starben oder mussten wegen Krankheit ihre Aktivität einstellen. Die Vereinsauflösung folgte nun als letzter Schritt.
Viele Höhen und Tiefen hatte der Verein durchgemacht. Eigentlich waren es zwei Vereine, die 1892 (Liederkranz) bzw. 1902 (Liedertafel) in Metternich parallel zueinander entstanden und deren Sänger sich 1946, nachdem viele Sänger im Zweiten Weltkrieg ihr Leben lassen mussten, zur Sängervereinigung zusammenschlossen. In den 1950er- und 1960er-Jahren war der Chor sehr stark und erfolgreich und heimste viele Preise bei Wettstreiten ein. In den 1990er-Jahren schlossen sich die Sänger des Koblenzer Eisenbahnergesangvereins und des MGV Cäcilia Bubenheim an, da sie allein nicht mehr auftreten konnten. Doch zuletzt hatte der gesamte Chor nur noch 18 aktive Sänger, von denen 14 regelmäßig die Singstunde besuchten. Chorleiter Werner Göbel, der den Chor 26 Jahre lang dirigierte, musste aus gesundheitlichen Gründen zum Jahresende kündigenk, und so nahmen die Sänger dies zum Anlass, die Notenblätter beiseite zu legen.
Im Kreis der Sängerfamilie verabschiedeten sich die aktiven Sänger musikalisch. Vorsitzender Friedel Flöck und Geschäftsführer Hermann Barz hatten in die Pizzeria Mille Miglia geladen, wo ein tolles Büffet die Wehmut etwas versüßte.
Sänger engagierten sich sozial
Zwei Wochen zuvor hatte der letzte öffentliche Auftritt im Metternicher Theresia-Haus stattgefunden. Dieses Ortspflegehaus basiert auf der großen Spendenaktion, die die Sänger anlässlich ihrer 100-Jahr-Feier im Jahr 1992 starteten und sogleich in die Tat umsetzten. Dazu wurde die seit 1923 bestehende vereinseigene Sterbekasse „Hilfe am Grabe“ aufgelöst. Aus deren Mitteln, zahlreichen Spenden und der Eigenleistung von Mitgliedern der Sängervereinigung wurde ein Wohngebäude in der Trierer Straße zum Ortspflegehaus mit 13 Betten umgebaut. Am 2. Mai 1994 konnte Eröffnung gefeiert werden. 1997 wurde aus Platzgründen ein neues Gebäude mit 27 Betten für die Kurz- und Langzeitpflege In der Weglänge bezogen, das inzwischen mehrmals erweitert wurde und unter anderer Trägerschaft steht.
Eine andere Tradition war das Krebbelchensfest, zu dem die Sänger und ihre Frauen von 1983 bis 2010 insgesamt 28 Mal einluden. Leider zwangen der sinkende Reingewinn sowie Anzahl und Alter der Mitglieder zur Aufgabe des beliebten Festes mit Musik bei Krebbelcher und Bier vom Fass.
Musikalischer Höhepunkt der letzten Jahre war der Auftritt bei der Bundesgartenschau 2011. Auf der Festung Ehrenbreitstein traten die Metternicher Sänger verstärkt durch die rechtsrheinischen Männerchöre von Chorleiter Werner Göbel auf. Als aus über 100 Männerkehlen „Ein Loblied auf den Rhein“ erschallte, folgte ein minutenlanger Beifall mit mehreren Zugaben.
Ein wichtiger Kulturträger
Die Sängervereinigung Metternich hat den Kampf um das musikalische Überleben verloren. Zwölf Jahrzehnte war er der musikalische Kulturträger im zweitgrößten Koblenzer Stadtteil. Neben den Auftritten beim Kreischorverband und bei befreundeten Chören in der Region waren es immer wieder die kleinen Auftritte und Ständchen, mit denen der Chor die Veranstaltungen im Ort bereicherte, wie im Theresia-Haus, bei den Schützen, beim VdK oder auf der Kirmes.
Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 9. Mai wurde von den 17 erschienenen Mitgliedern einstimmig die Vereinsauflösung beschlossen. Die Protokollbücher wandern ins Stadtarchiv, alles Sammlungsgut aus zwölf Jahrzehnten hat seinen Platz in einem Vitrinenschrank im Theresia-Haus gefunden. Dort wird der Verein in der Erinnerung fortleben. Nach Abschluss der Liquidation wird das bare Vermögen satzungsgemäß der katholischen Kirchengemeinde St. Johannes Koblenz-Metternich zufließen für deren gemeinnützige Tätigkeiten.
Mit Wehmut, aber auch Dankbarkeit für langjähriges Engagement und Treue, erklang zum letzten Mal aus allen Kehlen der Sängerspruch des Landes Rheinland-Pfalz. Abschließend wurde vereinbart, dass man sich weiterhin jeden Montag ab 19 Uhr zum Stammtisch in der Gaststätte Kasper treffen wird.