Andernach erlebte ein Wochenende mit zwei musikalischen Höhepunkten
Eine musikalische Reise durch Deutschland
Frühlingskonzerte des Stadtorchesters bewiesen: Übung macht den Meister
Andernach. Sinfonische und traditionelle Blasmusik, aber auch moderne Stücke aus dem Pop- und Unterhaltungsbereich sind in den Notenschränken des Stadtorchesters Andernach zu finden. Mittlerweile liegen dort rund 1000 Arrangements für Blasmusik der „ganz besonderen Art“, Noten, auf die der führende Klangkörper am Mittelrhein in mehr als 200 Konzerten und Auftritten zurückgegriffen hat. Seit mehr als 30 Jahren lädt das Orchester im Jahresverlauf zu mindestens drei, meist ausverkauften, Konzerten ein. Am vergangenen Wochenende stand traditionell sein Frühlingskonzert im Kalender.
„Kein schöner Land … Lieder, Landschaften, Künstler“
Stadtkapellmeister Bertram Kleis, musikalischer Leiter des Stadtorchesters und fünfter Dirigent in der fast 50-jährigen Vereinsgeschichte, sowie die über 60 engagierten Musikerinnen und Musiker luden am vergangenen Wochenende in zwei Konzerten zu einer Deutschlandreise ein. Der erfahrene Moderator Helmut Jäger übernahm dabei die Rolle des Reiseleiters. Unter dem Motto „Kein schöner Land … Lieder, Landschaften, Künstler“ erlebte das Publikum die liebevolle musikalische Hommage an die Heimat. Die erste Station der Reise: Thüringen. Die Umsetzung der großen Chorszene „Einzug der Gäste auf der Wartburg“ aus Richard Wagners romantischer Oper „Tannhäuser“ stellt eine besondere Herausforderung für ein sinfonisches Blasorchester dar. Doch das Ensemble, das, bis auf seinen Dirigenten, aus Hobbymusikern besteht, ließ durch sein hingebungsvolles Spiel den festlichen Marsch zu einem unter die Haut gehenden akustischen Erlebnis werden. Mit seinem Werk „Deutschlandbilder“ schuf der Komponist Alfred Bösendorfer ein wunderbares Klanggemälde. Die sanfte Waldandacht, die elegante Polka und der majestätische Rhein – eine etwa sieben Minuten dauernde, würdevolle und andächtige Reise mit einem heiteren Augenzwinkern.
In „Metalla“ zeichnete der belgische Komponist Jan van der Roost die Bergbauregion von Westerwald und Siegerland nach. Fühlbar die triste Stimmung zu Beginn des Stücks. Im späteren Verlauf angedeutet das Plätschern des Flusses Sieg, ein wichtiges Element in der Landschaft um Altenkirchen. Da klang ein bisschen Stolz dieser Landsleute durch, aber auch, so Helmut Jäger, „richtig viel Arbeit“.
Frühlingsgefühle im „Frühlingskonzert“ vermittelten die gut ausgebildeten und geübten Musikerinnen und Musiker in einem Medley von Guido Rennert. Der Komponist kleidete einige der bekanntesten Frühlingslieder in ein neues Gewand und verband diese in einer fröhlichen Melodienfolge. Volkstümliche Lieder der letzten Jahrhunderte, vertonte Poesie, erfüllt von Freude über das Aufleben der Natur, Erinnerung an Kindertage – da ging so manchem Konzertgast das Herz auf.
Weiter ging es in die Hauptstadt. Im Jahr 1904 verstand es Paul Lincke, mit seinem frechen Operettenmarsch „Berliner Luft“ das oft gepriesene freie Lebensgefühl der Berliner akustisch zu vermitteln. Heute gilt das Lied als inoffizielle Hymne der Stadt. Die kannte wohl jeder, da wurde mitgeklatscht und gepfiffen.
Nach der Pause: Popmusik der besten Kategorie
Das wohlklingende Spiel der Querflöten, Klarinetten, Oboen, Fagotte, Saxophone, Trompeten, Posaunen, Hörner und Schlagzeuge widmete sich dann dem berühmtesten deutschen Fluss. Der Rhein, die geschichtsträchtige, sagenumwobene und romantische Lebensader, konnte mit seinen einzigartigen Flusslandschaften und der dort gelebten Fröhlichkeit schon viele Schriftsteller und Komponisten inspirieren, so auch Robert Kuckertz. Originell und erfrischend sein Medley „Am Rhein“, in dem er typische Rhythmen verschiedener Kontinente wie Afrika, Nord- und Südamerika mit deutsch-romantischem Liedgut vermischte. „Einmal am Rhein“ im Samba-Rhythmus - einmal etwas anderes, aber weiterhin erkennbar.
Moderator Jäger und das Stadtorchester nahmen ihr Publikum auch mit auf einen Ausflug ins „Abenteuerland“, das man als Kenner der deutschen Popszene sofort mit Pur, der erfolgreichsten Pop-Band Deutschlands, verbindet. Die Instrumentalfassung von Stefan Rabe begeisterte die Musikfreunde im Saal, die der gut aufgelegte Bertram Kleis zum Mitklatschen animierte.
„Gänsehaut pur“ versprach und hielt die gefühlvolle Interpretation des Orchesterwerks „Nessaja“ (Kurt Gäble) aus Peter Maffays erfolgreichem Märchen-Musical um den kleinen grünen Drachen Tabaluga.
Die Schildkröte Nessaja erzählt Tabaluga in diesem Lied, dass auch sie ein bisschen Kind geblieben ist. Jedes seiner Alben erreichte Platz 1 in den Hitparaden, und seine Lieder laufen täglich rund 100 Mal im deutschen Radio: Herbert Grönemeyer. Aus der Fülle seiner großartigsten Songs spielte das Orchester vier stilistisch gegensätzliche Titel. Am Ende durfte sich das Musikkollegium des Begeisterungssturms für seine fetzige Darbietung erfreuen.
Man hörte das Stadtorchester, doch irgendwie hatte man plötzlich Sandy, Jessi, Nadja, Lucy und Vanessa vor Augen und in den Ohren. „There must be an Angel“, „Rivers of Joy“, „Daylight in your Eyes“, diese Hits der populären Girlgroup „No Angels“, von Guido Rennert für große Blasorchester arrangiert, wurden von den Andernacher Vorzeigemusikern mitreißend präsentiert.
Sympathie und Dank des Publikums
Ein Lied, das als Konzertmotto herhält, muss natürlich auch gesungen werden. Mit dem bekannten und gefühlvollen Volkslied „Kein schöner Land“ unterstrich daher das Orchester, quasi als „Zugabe“, die einzigartige Liebe und Verbundenheit zur Heimat, und Textsichere im Kreis der rund 600 Zuhörer stimmten dazu gerne mit ein.
Rhythmisches Klatschen, Standing Ovations – den Künstlern wurde reichlich „Brot“ gegeben nach dem letzten Takt von „Let’s get Party Rock“ (Robert Kuckertz), ein Stück, mit dem das Stadtorchester Andernach seinem stehenden und mitklatschenden Publikum kräftig einheizte.
Andernachs Aushängeschild „Stadtorchester“ bescherte ein unvergessliches Musikerlebnis. Oberbürgermeister Achim Hütten, regelmäßiger Gast der Konzerte, stellte einmal gegenüber „Blick aktuell“ fest: „Wir Andernacher sind stolz auf unser Stadtorchester, das nicht nur uns Freude und Genuss bereitet.“ Die Eindrücke, die man an den beiden Konzertabenden gewinnen konnte, machen es leicht, diese Aussage zu unterschreiben.
Das Stadtorchester Andernach feiert im nächsten Jahr mit vielen musikalischen Höhepunkten sein 50-jähriges Jubiläum. Informationen zum Orchester und seiner herausragenden Nachwuchsarbeit finden sie im Internet unter www.stadtorchester-andernach.de sowie in Facebook.