Achtung, Starenkasten!
NABU Bonn eröffnet Aktion zum Vogel des Jahres 2018
Dünstekoven. Mit einem originellen „Starenkasten“, der seit Neustem im Eingangsbereich des Naturschutzgebiets Dünstekoven steht, möchte die NABU Kreisgruppe Bonn auf den diesjährigen Jahresvogel der Naturschutzbundes aufmerksam machen. Hinter dem täuschend echt blinkenden Rotlicht einer Blitzerattrappe verbirgt sich ein ganz normaler Nistkasten für Stare und andere Vögel! Der in diesen Tagen vom Naturschutzbund vorgestellte Vogel des Jahres 2018 ist keine seltene Vogelart. Vielmehr handelt es sich um einen jener häufigen Allerweltsvögel, die schon von jeher die Nähe menschlicher Siedlungen sucht und sich in unseren Kulturlandschaften besonders wohl fühlt.
Doch die scheinbare Häufigkeit, mit der die Stare besonders im Herbst und Winter unterwegs sind, täuscht: Der Star ist ein Paradebeispiel dafür, wie es heute um unsere eigentlich häufigsten Vogelarten steht. Trotz der durchschnittlich ca. 3,65 Mio Brutpaare bundesweit gehen auch beim Star die Bestände seit vielen Jahren deutlich zurück. Auch die Beobachtungen der NABU-Vogelschützer aus dem Rhein-Sieg-Kreis sowie die Aufzeichnungen von Dr. Goetz Rheinwald (ehemaliger Leiter der Ornithologischen Abteilung im Zoologischen Forschungsmuseum A. Koenig), zeigen einen beunruhigenden Trend bei den Starenpopulationen der ganzen Region. Aktuellen Schätzungen zufolge sind die Populationen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis seit den 1970er Jahren um 50-80% geschrumpft auf weniger als 1000 Brutpaare. Hauptgründe hierfür liegen einmal wieder in dem dramatischen Schwund an geeigneten Lebensräumen, also Habitaten mit ausreichend Nahrung und Brutmöglichkeiten. Der Star braucht Flächen mit kurzer Vegetation, auf denen er vor allem während der Jungenaufzucht nach Würmern und Insekten sucht, sowie geeignete Bruthöhlen in hohen Bäumen. Beides ist in den großflächigen Monokulturen von Getreide und Energiepflanzen immer seltener zu finden. Hinzu kommt die intensive Viehhaltung, bei der auch Rinder fast nur noch in geschlossenen Ställen gehalten werden. Gerade in der Nähe von Weidetieren fanden Stare früher immer reichlich Insektennahrung für sich und ihre Brut.
Der Gesang der Starenmännchen, die alljährlich mit ihrem schillernden Brutgefieder in der Frühlingssonne leuchten, ist extrem abwechslungsreich und durch die Einlage seltsamer Zisch- und Schnalzlaute kaum mit anderen Arten zu verwechseln. Hinzu kommt, dass Stare perfekt Umgebungslaute nachahmen können und vorzugsweise den Gesang anderer Vogelarten oder sogar Hundegebell oder Handy-Klingeltöne in ihre Strophen einbauen.
Zu den eindrucksvollsten Naturschauspielen gehören die ab dem Spätsommer immer größer anwachsenden Starenschwärme, die auch in unserer Region von jeher den nahenden Herbst und baldigen Vogelzug ankündigen. Eine solche aus Tausenden von Vögeln bestehende Flugformation ähnelt aus der Entfernung einer riesigen schwarzen Wolke, die mit synchronen Wellenbewegungen Städte und Felder überfliegt. Kurz darauf ziehen die meisten Stare in ihre Überwinterungsquartiere in Südeuropa und Nordafrika. Je nach Lebensort ist unser Jahresvogel aber auch Standvogel oder Teilzieher. Viele verbringen die relativ milden Winter hier bei uns.
Auch wenn der Star nicht immer und überall ein gern gesehener Gast am Futterhäuschen oder im Kirschbaum ist – ein weiterer Rückgang der Starenpopulationen wäre zweifellos ein enormer Verlust für die heimische Tierwelt und ein deutliches Alarmsignal für die Bedrohung der Artenvielfalt auch in unserer Region. Dabei kann man viel tun, um dem Star und anderen Vögeln zu helfen, zum Beispiel mit einem naturnahen Garten mit heimischen, fruchttragenden Heckengehölzen, die auch Insekten anlocken – anstelle des leider allzu weit verbreiteten „sterilen Einheitsgrüns“. Nur durch die Pflege und Erhaltung von offenen Grünlandflächen mit einem guten Angebot an Nahrung und geeigneten Nisthilfen kann man für den Vogel des Jahres in unseren Städten und Agrarlandschaften wieder bessere Lebensbedingungen schaffen.