Landesbühne im Neuwieder Schlosstheater
Bewährtes stärken und Neues wagen
Lajos Wenzel, designierter Intendant, stellt das neue Konzept und den Spielplan 2019/2020 vor
Neuwied. Bunter könnte ein Spielplan kaum sein, als ihn Lajos Wenzel für seine erste Spielzeit als Intendant des Neuwieder Schlosstheaters und gleichzeitig der Landesbühne Rheinland-Pfalz „zusammengebaut“ hat. Es finden sich darin Komödie, Tragödie, Drama, Krimi, hochaktuelle brisante Problematik und „großer, lustiger Quatsch“, wie Lajos Wenzel selbst eines seiner ausgewählten Stücke bezeichnet. Das soll jedoch nicht despektierlich sein, denn zum Stück „Brandheiß – gelöscht wird später“ im April 2020 wurde sogar die Deutsche Meisterin im Pole-Dance verpflichtet. Dies sagt Lajos Wenzel mit einem Augenzwinkern in Richtung der dann stattfindenden Fußallmeisterschaften.
Überhaupt hat er viel Sorgfalt und Zeit in die Vorbereitungen investiert. „Ich hatte das große Glück, mir den Spielplan für die erste Theatersaison meiner Tätigkeit am Neuwieder Theater selbst erarbeiten zu können, und ich habe damit schon vor eineinhalb Jahren angefangen. Vor zwei Jahren inszenierte ich hier das Stück „Martin Luther“ als damals freier Regisseur. Ich habe Schauspiel studiert und kam über diese Tätigkeit zur Inszenierung. Ich dachte, dies sei mein weiterer Berufsweg, doch in die Zeit meiner Regieführung hier am Theater fiel die Ausschreibung der Stelle des Intendanten.“
Walter Ullrich geht, aber nicht ganz
Nach 40 Jahren Intendanz wird Walter Ullrich diese Tätigkeit zum 31. August beenden. „Aber bald danach werden die Neuwieder Theaterbesucher ihn auf der Bühne erleben dürfen, und zwar als Großinquisitor in ‚Don Carlos‘ mit dem markanten Schlusssatz: ‚Gutes bleibt!‘“ Im Dezember gibt es dann Kalle Pohl mit „Floh im Ohr“, ein bekannter Comedian, der sein ganzes Können auf der Neuwieder Bühne zeigen wird, sehr zum Vergnügen des Publikums.
Besonders stolz ist Lajos Wenzel auf die Kooperationen, die er mit anderen Theatern schließen konnte. „Wir sind als Landesbühne in Rheinland-Pfalz zu wenig unterwegs“, so seine Maxime. Der Trierer Intendant Manfred Langner wird die Regie führen in dem kritischen und hochbrisanten Stück „Blackbird“, bei dem es um Kindesmissbrauch geht. Täter und Opfer begegnen sich viele Jahre später, sozusagen „auf Augenhöhe“. Dies verspricht Spannung und Konfrontation. „Ich möchte Fragen aufwerfen, keine Antworten liefern“, so Lajos Wenzel, auch im Blick auf das sozialkritische Stück „Reichsbürger“ unter der Regie von Rüdiger Pape aus Köln. „Ich finde es wichtig, dass diese Themen in diesem Spielplan vorkommen“, urteilt Lajos Wenzel.
„Dieses bescheuerte Herz“ ist ein Theaterstück, das der neue Intendant, wie er betont „ergattern konnte, weil ich auf der Suche nach guten Stoffen für die Bühne manchmal Geschichten finde, die noch garnicht als Bühnenstück existieren“. Und wenn dann andere diesen Stoff entdecken, bemerken sie, „da ist ja schon einer“. Dies beschreibt Lajos Wenzel mit einem gewissen Stolz, denn jetzt zeigt die Landesbühne als erstes Theater überhaupt das Bühnenstück unter der Regie von Andreas Lachnit, das erst als Buch und dann als Film herauskam.
Lajos Wenzel selbst führt natürlich auch Regie an „seinem Theater“, nämlich gleich bei der Eröffnung des Hauses unter seiner Leitung im August bei den „Comedian Harmonists“, im März bei dem Stück „Die Niere“ und beim letzten Stück der Spielzeit, dem Klassiker „Die Mausefalle“.
Das alles lässt auf eine spannende Spielzeit 2019/2020 hoffen, aber es genügt dem neuen Intendanten noch nicht. „Wir möchten auch in der Zeit der Tourneezeit der Landesbühne nicht, dass das Haus leersteht. So wird es großes Ballett mit dem Rumänischen Staatsballett, modernes Tanzspektakel „Don’t stop the music“ und zeitgenössisches Ballett zur Musik von Ludwig van Beethoven geben. Aber auch die fünfte Jahreszeit kommt im neuen Plan nicht zu kurz. Der Regisseur, Autor und Produktionsleiter der Divertissementchen in der Oper Köln konnte Boris Weber von der Freien Bühne Neuwied bewegen, ein Stück extra für die Neuwieder Bühne zu schreiben: Das lachende Schlosstheater, eine Geschichte, die auf, vor und hinter der Bühne des Karnevals spielt. Und im Sommer folgt dann Stefan Masurs Varietéspektakel.
Zur Person
Lajos Wenzel wurde 1979 geboren, studierte an der Staatlichen Schauspielschule Charlottenburg in Berlin und wurde nach mehreren Engagements Künstlerischer Leiter der Kammeroper Köln und später stellvertretender Intendant am Jungen Theater in Bonn. Zurzeit lebt er mit seiner Familie in Lohmar bei Köln. „Die Neuwieder lieben ihr Theater“, weiß er, „wir werden auch nicht alles ändern, sondern nur an den Stellschrauben drehen. Ich freue mich schon sehr auf die Zusammenarbeit mit dem Team des Theaters, das eine sehr gute Arbeit leistet, jeder an seinem Platz.“
Kinder- und Jugendtheater
Beim Theater für Kinder und Jugendliche gibt es eine neue Altersgliederung. Lajos Wenzel möchte Theater für Kinder ab drei Jahre, eine weitere Zielgruppe ab sechs Jahre und das Jugendtheater anbieten. „Diese weitere Unterscheidung scheint mir zweckmäßig, denn als Vater kann ich sagen, dass in diesen Altersgruppen sich ganz verschiedene Interessen entwickeln. So können wir mit dem Sponsoring der Kreissparkasse verschiedene Stücke anbieten“, bemerkt Wenzel.
Um die Präsenz der Landesbühne in Rheinland-Pfalz zu erhöhen, hat Lajos Wenzel einen besonderen Coup gelandet: Mit Mitteln des Bundes, des Landes Nordrhein-Westfalen und der Bundesstadt Bonn wird die Landesbühne Rheinland-Pfalz im Mutter Beethovenhaus in Koblenz Ehrenbreitstein ein Stück über Beethovens Mutter produzieren. Dank einer Förderung von mehr als 50.000 Euro kann das Stück vor allem auch für Schüler den Menschen Beethoven am Originalschauplatz ganz nah erlebbar machen.
„Es sieht so aus, als habe Mutter Beethoven ihren Sohn nach Wien zu Mozart schicken wollen, um aus ihm einen ebenso erfolgreichen Komponisten zu machen. Dieses Ansinnen scheiterte am Tod der Mutter, die Begegnung kam nicht zustande“, so Wenzel. „Solche Geschichten sind spannend, sie fordern geradezu eine Umsetzung ins Theater.“
Bald geht es los
Es stehen also buchstäblich spannende Zeiten ins Haus des Neuwieder Schlosstheaters. Auch der Ticketverkauf wird sich ändern. So kann man Karten ab Mitte Mai für alle Vorstellungen bis zum Jahresende und ab November die bis zum Ende der Spielzeit erwerben. „Die Preise werden stabil bleiben“, bestätigt Lajos Wenzel.
Gratulation für diesen Artikel
Alles was ich bisher von Lajos Wenzel gesehen habe war großartig. Ich freue mich mit ihm auf seine nächste Zukunft und bin sicher, wir werden interessante, spannende, dramatische und komödiantische Inszenierungen erleben.