Kreis verteilte Obstbäume – Streuobstwiesen sind Klima- und Umweltschutz
Heimische Apfelsorten werden wieder gefragter
Neuwied. Beim Streifzug durch die Supermärkte kann man der Äpfel schon mal überdrüssig werden.
Alle bieten die gleichen Apfelsorten an, nicht selten aus Neuseeland oder Südamerika kommend. Die Neuwieder, die an der Abtei Rommersdorf zusammenkamen, schütteln darüber nur den Kopf. Sie schätzen den „Rheinischen Krummstiel“ oder die „Rheinische Schafsnase“, gern auch die „Champagnerrenette“ oder die „Rote Goldparmäne“.
Der Kreis gab kostenlos rund vierhundert Obstbäume, darunter allein 48 alte Apfelsorten an Interessierte ab.
Der Ausgabeort war nicht zufällig gewählt. Rommersdorf ist die Keimzelle des heimischen Obstanbaus.
„In Rommersdorf wurde in klösterlicher Zeit (um 1780) der Mautapfel gezüchtet, wahrscheinlich auch dessen Mutter, der „Rheinische Bonapfel“, den die französischen Revolutionssoldaten zwischen 1793 und 1798 bereits wertschätzen und mit „bon“ belegten, woraus die spätere Bezeichnung erwuchs, und der 1922 als Reichsobstsorte weite Verbreitung fand“, erläuterte Michael Mahlert. Der 1. Kreisbeigeordnete und Umweltdezernent sprach der Abtei Rommersdorf Stiftung seinen Dank für die Organisation der Baumausgabe aus. Für den Stiftungsvorsitzenden und passionierten Obstbauer Reinhard Lahr war das Ehrensache und eine Herzensangelegenheit. Der Gastgeber hieß die Baumfreunde mit Apfelrauscher und dem Rommersdorfer Mautapfel-Calvdos willkommen. 13.000 Apfelbäume, so viele wie nirgends anders im Landkreis, gab es 1965 in Heimbach-Weis. Im Wappen der Ortsgemeinde Weis erinnert der Apfel an diese Zeiten. Heute sind viele Bäume verschwunden oder nicht mehr bewirtschaftet.
Für die Menschen war der Obstanbau damals Lebensgrundlage. Zu den Abnehmern gehörten die Essigfabrik Kühne und zahlreiche Fruchtsafthersteller. Von ihnen gibt es nur noch wenige. Auch das Bewusstsein der Menschen änderte sich: „Der Apfel aus dem eigenen Garten war irgendwann verpönt. Der Apfel aus dem Supermarkt dagegen etwas Besonderes“, erinnert sich Ina Heidelbach an ihre Kindheit. Heute zählt die Leiterin der Umweltbehörde zu den großen Unterstützern der Streuobstwiesen. Die seien Teil des Umwelt- und Klimakonzepts des Landkreises. Zahlreiche Tiere und Insekten finden hier ihren Lebensraum. Ein Biotop, das zu Biodiversität beiträgt. Bis zu 1.000 wirbellose Tierarten nennt das 2006, zu Beginn der vom Kreis gestarteten Initiative, aufgelegte Buch „Streuobstwiese“, die ein Baum beherbergen kann. Aber auch Gartenschläfer und Steinkauze fühlen sich hier wohl. Und schließlich, sagt Ina Heidelbach, seien Streuobstwiesen besonders zur Blüte hübsch anzuschauen und prägen unsere schöne Kulturlandschaft sowie das Heimatbild.
Der Kreis Neuwied hat ausschließlich alte Obstsorten ausgegeben. „Die sind über Jahrhunderte an unser Klima gewöhnt, erklärt Ina Heidelbach. Die Umweltexpertin des Kreises freut sich, dass sich wieder mehr junge Menschen für die Streuobstwiesen interessieren. Abermals findet eine Veränderung des Bewusstseins statt. Mit Ina Heidelbach vor Ort in Rommersdorf standen die Baumwarte des Landkreis den Abholern Rede und Antwort. Die Baumwarte sind vom Land Rheinland-Pfalz ausgebildet worden und sind gefragte Ansprechpartner der Gartenbesitzer, wenn es beispielsweise um den fachmännischen Rückschnitt von Obstbäumen geht. Neben den Apfelbäumen wurden auch unter anderem Birne, Kirsche, Zwetschen, Mirabellen und vier Mandelbäume ausgegeben.
Die meisten Apfel- und Birnensorten sind sogenannte Hochstämme.
Der Kronenansatz beginnt hier bei erst bei ca. 1,60 Meter. Das bringt Vorteile bei der Pflege und Ernte mit sich, da die Fahrzeuge und Hänger direkt unter den Baum gefahren werden können. Zudem kann der Unterwuchs dieser starkwüchsigen und großkroniger Obstbäume als Mähwiese oder Viehweise genutzt werden.
FF