Die tragischen Ereignisse vor und nach dem Tode einer beeindruckenden Frau

Vor 150 Jahren starb Amalie von Lassaulx

24.01.2022 - 12:20

Weißenthurm. Der Familienname Lassaulx ist vielen Menschen in der Region gut bekannt: Johann Claudius von Lassaulx (1781 bis 1848) war ein Architekt, der in vielen Gemeinden und Städten der preußischen Rheinprovinz seine Spuren hinterlassen hat. Nicht weniger interessant ist die Lebensgeschichte seiner Tochter. Ihr schlichtes Grab befindet sich auf dem Friedhof der Stadt Weißenthurm. Ihre Geschichte ist beeindruckend und stimmt nachdenklich. Angesichts der tragischen Ereignisse unmittelbar vor und nach ihrem Tod kann man fast schon sagen, ihr Leben müsste eigentlich verfilmt werden.

Amalie von Lassaulx erblickte im Jahre 1815 als jüngstes von sechs Kindern in Koblenz das Licht der Welt. Sie galt als ein lebensfrohes und aktives Kind. So übte sie zum Beispiel heimlich Schlittschuhlaufen auf der zugefrorenen Mosel, was damals bei Mädchen unerhört war. Ihr Elternhaus war der Bassenheimer Hof in der Nähe der heutigen Balduinbrücke in Koblenz.

In jungen Jahren verliebte und verlobte sie sich, obwohl ihre Eltern den „Zukünftigen“ kritisch beurteilten. Sie selbst löste später die Verlobung. Im Alter von 25 Jahren trat sie dem Orden der Borromäerinnen bei und nahm den Namen „Schwester Augustine“ an. Als solche wirkte sie u.a. als Oberin des Johanneshospitals in Bonn. Hierbei handelte es sich um das älteste Krankenhaus der Stadt (1849 bis 2005), dessen Gebäude heute unter Denkmalschutz steht.

Während des Deutsch-Dänischen Krieges (1864) und des Preußisch-Österreichischen Krieges (1866) pflegte sie in Feldlazaretten Verwundete und lernte so den Schrecken kriegerischer Auseinandersetzungen kennen. Doch nicht nur die weltliche Ebene war damals in Aufruhr: Nachdem Papst Pius IX. im Jahre 1869 das Erste Vatikanische Konzil beiberufen hatte, wurde 1870 das Dogma der Unfehlbarkeit erlassen. Was der Papst in Glaubensfragen „ex cathedra“ entscheidet, das gilt für immer. Schon damals gab es Kritik hieran, selbst bei „Kirchenmännern“. Und eine Frau hielt sich mit ihrer Ablehnung nicht zurück: Schwester Augustine. Dass sie mit ihrer kritischen Haltung aneckte, versteht sich von selbst, doch sie hatte auch namhafte Unterstützer: Die Mehrheit der Professoren der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn.

Ihre kritische Einstellung führte schließlich dazu, dass Schwester Augustine im Jahre 1871 als Oberin des Johanneshospitals abgesetzt wurde. Bereits erkrankt, wurde sie in ein Vallendarer Ordenshaus gebracht. Auch dort weigerte sie sich standhaft, das Dogma anzuerkennen. Aus diesem Grunde wurde ihr sogar der Empfang der Sterbe-Sakramente verweigert. Diese erhielt sie heimlich durch einen Priester, der sich zum alt-katholischen Glauben bekannte.

Am 28. Januar 1872, also auf den Tag genau vor 150 Jahren, verstarb „Schwester Augustine“, mit bürgerlichen Namen Amalie von Lasaulx, im Alter von 56 Jahren.

Die Demütigung der streitbaren Gläubigen war mit der Verweigerung der Sterbe-Sakramente nicht beendet: Nach ihrem Tode wurde ihr sogar symbolisch das Ordenskleid genommen. Unter entwürdigenden Umständen wurde die Tote ohne jegliche Begleitung durch Angehörige, Priester oder Ordensangehörige mit einem Boot flussabwärts ins naheliegende Weißenthurm gebracht. Dort befand sich das Grab ihrer Eltern. Hier fand sie ihre letzte Ruhestätte. Nur wenige Freunde und Wegbegleiter ihrer langjährigen Bonner Wirkungsstätte gaben ihr das letzte Geleit. Aus heutiger Sicht ist es beschämend, wie eine im Sinne der Nächstenliebe tätige Frau damals aufgrund ihrer Standhaftigkeit behandelt wurde. Nicht nur die alt-katholischen Bewegung hält die Erinnerung an sie wach. Vor einigen Jahren verfasste Helmut Schneider im Heimatbuch des Landkreises einen lesenswerten Beitrag. Zweifelsfrei ist Amalie von Lassaulx eine der interessantesten Persönlichkeiten in der Heimatgeschichte der Stadt und der Verbandsgemeinde Weißenthurm.Horst Hohn

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