Reaktivierung der Brexbachtalbahn

Es gibt einen Plan B – Die meisten Bedenken konnten ausgeräumt werden – Bürokratie behindert die Umsetzung

30.06.2016 - 15:05

Bendorf. Die Brexbachtalbahn, diese unendliche Geschichte des seit acht Jahren andauernden Kampfes eines engagierten Vereins gegen den Vorschriftendschungel des deutschen Behördenalltags mutet an wie im Roman der groteske Kampf von Don Quijote gegen die Windmühlen.

Vom Grundgedanken her ist es eigentlich ein gut durchdachtes Projekt: Nach Stilllegung der Bahnlinie, die von Neuwied über 36 Brücken und Viadukte sowie durch sieben Tunnel auf einer Länge von 21,6 km durch das romantische Brexbachtal nach Siershahn verläuft, gründeten einige Bahnfreunde im Jahre 2007 in Bendorf einen Verein mit dem Ziel, diese einmalige Bahnstrecke zu erhalten und für den Tourismus zu reaktivieren. Ein in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigt, dass die erst in den 1980er Jahren von der Deutschen Bahn grundsanierte Strecke keine nennenswerten Schäden aufweist.


Engagiert für den Erhalt


Diese hervorragende Attraktion direkt vor der Haustür müsste doch auch den Tourismusbestrebungen der Stadt Bendorf und den Kommunen entlang der Strecke entgegenkommen, dachten die Vereinsmitglieder und unternahmen jahrelang beträchtliche Anstrengungen zum Erhalt der Bauwerke, der Befreiung von Bewuchs und diversen Arbeiten zur Sicherung der geschichtsträchtigen Infrastruktur. Nach Angaben von Gernot Kallweit investierten die Mitglieder bis heute ehrenamtlich ca. 120.000 Arbeitsstunden.

Mit der Eifelbahn Verkehrsgesellschaft mbH hat man einen Pächter der Strecke finden können und alle notwendigen Eingaben und Anträge an die beteiligten Behörden des Landes sowie den betroffenen Landkreisen und Kommunen gestellt. Im Laufe der Jahre gab es immer wieder neue Auflagen der Behörden, in Aussicht gestellte Zuschüsse des Landes wurden nicht bereitgestellt und es gab politischen Widerstand der an der Strecke liegenden Westerwaldgemeinden. Auch seitens der Stadt Bendorf hat sich bis heute wenig bewegt.


Gehindert durch Bürokratie


Gernot Kallweit, im Verein zuständig für Marketing und Öffentlichkeit erklärt: „Wir werden seit Jahren ständig mit neuen Gesetzen, Bestimmungen und Forderungen konfrontiert und müssen uns deshalb viele Stunden im Büro mit diversen Schreiben beschäftigt. Beheben wir ein Problem, tauchen gleich zwei neue auf. Der angesammelte Schriftverkehr füllt bereits mehrere Ordner.“

In der Tat ist es den Bürgern kaum noch zu vermitteln, weshalb den Akteuren die Realisierung des Projekts derart erschwert wird, zumal die neue Landesregierung ausdrücklich in ihrem Koalitionsvertrag eine Unterstützung von Reaktivierungsprojekten zugesagt hat und in diesem Zusammenhang explizit die Brexbachtalbahn erwähnt wird. Auch seitens der Bewohner in den Landkreisen Neuwied und Mayen-Koblenz ist eine hohe Akzeptanz für die Bahn gegeben, so begrüßt zum Beispiel eine überwältigende Mehrheit der Einwohner und Gewerbetreibenden in Bendorf und im Stadtteil Sayn die Reaktivierung der Bahn.

Dadurch könnte eine Anreise zum Kletterwald oder zum Pfadfinderlager künftig auf die Bahn verlagert werden, was die mittlerweile unhaltbare Parkplatz- und Durchfahrtsituation in Sayn spürbar entschärfen würde. Vorgesehene Haltepunkte in Bendorf am Kaufland/McDonald‘s sowie in Sayn am Kletterwald und am Pfadfinderlager machen eine bequeme Beförderung möglich.


Woran hapert es?


Bei der Behandlung dieses Themas in vergangenen Stadtratssitzungen hatte man durchaus den Eindruck, dass parteiübergreifend die Stadtratsmitglieder mehrheitlich hinter dem Projekt stehen. Nur der Widerstand von den Westerwaldgemeinden stand bisher entgegen, wodurch die Umsetzung der Inbetriebnahme blockiert wurde. Auch scheute die Stadt Bendorf die enormen Kosten, die durch bislang vom Land geforderten Baumaßnahmen zur Straßenüber- oder Unterquerung der Bahntrasse entstehen würden.

Um über den aktuellen Sachstand und eine neue Konzeption als Voraussetzung für ein Gelingen des Projektes zu informieren, hatte der Vorstand zu einer Pressekonferenz mit Bürgerversammlung in das Pfarrheim Sayn eingeladen. In dem vollbesetzten Saal konnten Gernot Kallweit, der Vorsitzende Adolf Bongartz und der Geschäftsführer Armin Brast unter den vielen interessierten Bürgern auch einige Kommunalpolitiker begrüßen, unter anderen Herbert Speyerer von der FDP, Manfred Bauer von der SPD, Thomas Beckgerd von den Grünen und Werner Diez von der CDU. Außerdem war Landtagsabgeordneter Fredi Winter aus Neuwied und der Neuwieder Bürgermeister Jan Einig der Einladung gefolgt.


Plan B: Nur eine Teilstrecke reaktivieren


Der Verein informierte die Anwesenden über neue und verbesserte Voraussetzungen für eine Reaktivierung der Strecke und eine veränderte Konzeption, die eine erfolgversprechende Ausgangslage schafft. So wurden endlich die angekündigten Zuschüsse bereitgestellt, danach fördert das Land Rheinland-Pfalz die notwendigen Investitionskosten mit 85%, die verbleibenden 15% müssen von den Kommunen übernommen werden, anrechenbar hierauf sind Eigenleistungen des Vereins.

Weiter soll jetzt nicht mehr die gesamte Strecke von Neuwied bis Siershahn reaktiviert werden, sondern nur eine verkürzte Strecke: Variante A - von Engers bis zum Pfadfinderlager oder Variante B - von Engers bis nach Grenzau. Diese Streckenführung hat den Vorteil, dass im Westerwald keine Gegner mehr für eine Beteiligung überzeugt werden müssen. Die touristischen und wirtschaftlichen Vorteile bleiben in den Kreisen Neuwied und Mayen-Koblenz, von denen Zustimmung zu erwarten ist. Die gutachterlich ermittelten Kosten der Anschubfinanzierung betragen für Variante A: 1.838.520 Euro, kommunaler Anteil 275.788 Euro (15 Prozent), Variante B: 2.719.120 Euro, kommunaler Anteil 407.868 Euro (15 Prozent). Die Aufteilung des kommunalen Anteils auf die beiden Landkreise und Städte muss unter den beteiligten Kommunen abgestimmt werden, auf die Stadt Bendorf würde dabei voraussichtlich ein Eigenanteil von rund 100.000 Euro entfallen.


Stichfester Finanzierungsplan


Den Einwand von Manfred Bauer und Herbert Speyerer zu den bislang im Raum stehenden zusätzlichen Kosten der Fahrbahnquerung konnte Adolf Bongartz entkräften. Nach seinen Aussagen wurde vom Land zugesagt, dass mit kommunaler Beteiligung ein Verzicht auf millionenteure Brückenbauwerke zugunsten einer technischen Sicherung der Bahnübergänge möglich ist. Die dafür anfallenden Kosten sind bereits in der Kostenschätzung zu den neuen Streckenvarianten A und B enthalten, zusätzliche Kosten entstehen nicht. Ein entsprechendes Schreiben der Landesregierung liegt dem Verein vor.

Die Frage eines Bürgers zu der Auflage des Landes, die Bahntrasse für einen diskriminierungsfreien Güterverkehr auszubauen, konnten die Akteure ebenfalls positiv beantworten. Danach ist die Strecke bereits für die schwerste Klasse zugelassen, Güterverkehr also theoretisch ohne weitere Baumaßnahmen möglich. Allerdings ist kein Güterverkehr zu erwarten, da zwischenzeitlich der regionale Güterverkehr vollständig auf die Straße verlagert worden ist. Außerdem ist bei einer Reaktivierung der Strecke bis maximal Grenzau kein Durchgangsgüterverkehr zwischen der Rheinschiene und dem Westerwald möglich.


Zukünftige Verpflichtungen


Nach den Förderrichtlinien des Landes ist für die Gewährung eines Zuschusses Voraussetzung, dass eine Kommune die Bahnstrecke kauft oder pachtet. Die Stadt Bendorf hat die Möglichkeit, in den bestehenden sehr günstigen Pachtvertrag einzutreten und die Betriebsführung an ein Eisenbahn-Infrastruktur-Unternehmen als Unterpächter zu delegieren, der dann gleichzeitig die Pflichten und Kosten der Verkehrssicherung übernimmt. Dadurch befreit sich die Stadt Bendorf für die Zukunft von jeglichen Pflichten und Kosten für Bahnstrecke.

Diese erheblich verbesserten Voraussetzungen lassen die Befürworter hoffen, dass das Projekt endlich verwirklicht werden kann. Im September werden die Stadträte entscheiden, ob die Brexbachtalbahn realisiert wird und sich als Touristenattraktion „rollendes Eisen“ in den Kulturpark Sayn mit dem „glühenden Eisen“ der Sayner Hütte einfügen darf.

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