Veranstaltung des Rhein-Sieg-Kreises im Siegburger Stadtmuseum
Jugendliche brauchen ihre öffentlichen Räume
Fragen der Jugendarbeit wurden im Rahmen der Veranstaltung des Jugendamts des Rhein-Sieg-Kreises thematisiert
Siegburg. Jugend im öffentlichen Raum – ein Thema, das nicht nur die pädagogische Fachwelt beschäftigt, sondern auch für Politik, Verwaltung und Ordnungsbehörden nicht selten an der Tagesordnung steht. Steht für Jugendliche der Wunsch nach Geselligkeit und Spaß auf öffentlichen Plätzen im Vordergrund, suchen Erwachsene häufig Ruhe und Entspannung. Interessenkonflikte sind da vorprogrammiert. „Als langjähriger Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses und auch aus eigenen Erfahrungen in der Jugendarbeit ist es mir sehr bewusst, dass Jugendliche Orte benötigen, an denen sie sich mit ihrer Altersgruppe treffen können“, so Landrat Sebastian Schuster.
Doch was kann insbesondere Jugendarbeit tun, um Konflikte zwischen den unterschiedlichen Altersgruppen zu harmonisieren? Welche Ideen müssen entwickelt werden? Wie kann Verständnis auf beiden Seiten – sowohl aufseiten der Jugendlichen als auch der Erwachsenen – gefördert werden? Warum verhalten sich Jugendliche aus Erwachsenensicht „auffällig“?
Diese und andere Fragen thematisierte das Jugendamt des Rhein-Sieg-Kreises in seiner Veranstaltung „Jugend im öffentlichen Raum“ im Siegburger Stadtmuseum. Landrat Sebastian Schuster und Kreisjugenddezernent Thomas Wagner hatten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem Rhein-Sieg-Kreis, Mitglieder der Jugendhilfeausschüsse, kommunale Jugendpfleger und Fachkräfte der Offenen Jugendarbeit zu einem Podiumsgespräch eingeladen. Impulse und Denkanstöße erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Vorfeld von Prof. Richard Münchmeier durch seinen Vortrag. Prof. Richard Münchmeier ist ausgewiesener Fachmann für Jugendfragen und war nicht nur lange Zeit Professor für Sozial- und Jugendpolitik an den Hochschulen unter anderem in Kassel, Leipzig und Berlin, sondern auch Leiter der Abteilung für Jugend- und Jugendhilfeforschung am Deutschen Jugendinstitut München. Er hat wichtige Jugendforschungsprojekte initiiert, begleitet oder geleitet; beispielsweise hat er bei der elften und zwölften Shell Jugendstudie mitgearbeitet. „Es ist das erste Mal in meinem Berufsleben, dass eine Veranstaltung mit diesem Thema nicht anlassbezogen durchgeführt wird; ich freue mich deshalb auf eine ruhige und sachliche Diskussion“, so Prof. Richard Münchmeier.
Dass Jugendliche sich „draußen“ treffen, ist nichts Ungewöhnliches – und dies durchaus auch dann, wenn Anlaufpunkte wie zum Beispiel Jugendzentren vorhanden sind. Es ist ein normaler Teil ihrer Entwicklung, denn öffentliche Räume haben als Lebens-, Lern- und Erfahrungsort für Jugendliche eine große Bedeutung. Es sind Orte, wo sie sich in einer Gruppe von Gleichaltrigen sozialisieren, darstellen und auch erproben können. Orte, die als Übungsfeld genutzt werden können, vom privaten, familiären hin zum gesellschaftlichen Auftreten. Und genau an diesem Punkt kommt es häufig zu Konflikten mit Anwohnern oder Passanten, denn die Erwachsenenwelt befürchtet Lärm, der von den Jugendlichen ausgeht, Verschmutzungen des Umfeldes und im schlimmsten Fall Vandalismus, Kriminalität und Rauschmittelkonsum.
"Wenn Verstehen vorhanden ist, ist Verständnis nicht weit"
„Wir müssen lernen, zu verstehen, was Jugendliche tun. Denn, wenn das Verstehen vorhanden ist, ist das Verständnis nicht weit“, erläuterte Kreisjugenddezernent Thomas Wagner. „Es ist nicht alles schlecht, was Jugendliche tun und in einer Zeit, in der durch Nutzung von Internet und modernen Medien eher die Gefahr der Vereinsamung droht, muss es uns geradezu ein Anliegen sein, Jugendliche in den öffentlichen Raum zu holen.“
Wenn Jugendliche im öffentlichen Raum Anstoß erregen, ist es nicht angezeigt, mit dem „ordnungspolitischen Hammer“ zu agieren. Vielmehr ist an dieser Stelle die Jugendarbeit gefragt, eine Dolmetscherfunktion zwischen den Interessen der Jugendlichen und denen der Erwachsenenwelt wahrzunehmen und für ein gegenseitiges Verständnis zwischen den Jugendlichen und der Erwachsenenwelt zu werben. Auch sollten Pädagoginnen und Pädagogen aus der offenen Jugendarbeit verstärkt informelle Treffpunkte von Jugendlichen aufsuchen, um gemeinsam mit den Jugendlichen gegebenenfalls auch unter Einbezug anderer Akteure aus der Kommune Nutzungsmöglichkeiten des öffentlichen Raums zu erschließen, die eine echte Jugendkultur entstehen lassen. In Zusammenarbeit mit Streetwork und Jugendsozialarbeit kann die Jugendarbeit auch dazu beitragen, dass problematische Entwicklungen wie beispielsweise Drogen-und Alkoholszenen oder rechtsradikale Jugendkulturen, gewaltsame Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen rechtzeitig erkannt, aufgefangen und geschlichtet werden.
Jugendliche brauchen mehr gesellschaftliche Akzeptanz und echte Partizipationsmöglichkeiten in der Stadt- und Raumplanung zum Beispiel durch Jugendparlamente, Jugendanhörungen. Wird doch schon im achten Sozialgesetzbuch gefordert, Jugendhilfe und damit die Gesellschaft soll „dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen“. Pressemitteilung
Rhein-Sieg-Kreis