Gemeinderat Grafschaft ließ sich informieren

Wohnraum für Flüchtlinge dringend gesucht

Derzeit sind 50 Flüchtlinge in der Gemeinde untergebracht - bis zum Jahresende könnten es bis zu 199 werden - dezentrale Unterbringung soll beibehalten werden

12.10.2015 - 18:23

Grafschaft. Auch die Gemeinde Grafschaft bekommt den aktuellen Flüchtlingszustrom immer stärker zu spüren. Das berichteten Bürgermeister Achim Juchem und Ordnungsamtsleiter Edgar Schwanz den Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung. „In den ersten Monaten 2015 haben wir in kurzer Zeit so viele Flüchtlinge zugewiesen bekommen, wie sonst im langjährigen Durchschnitt in einem ganzen Jahr“, sagte der Bürgermeister. Derzeit seien in der Gemeinde 50 Flüchtlinge untergebracht, die maximale Aufnahmekapazität liege bei 87 Personen. Zum Vergleich: in den vergangenen zehn Jahren habe der Schnitt immer so bei etwa 20 Personen pro Jahr gelegen.

Die meisten Flüchtlinge gibt es derzeit in Gelsdorf, von den 24 Plätzen in der Flüchtlingsunterkunft sind 19 besetzt. Zehn weitere Asylbewerber sind in Bengen untergebracht, sechs in Vettelhoven, vier in Niederich, zwei in Lantershofen und einer in Oeverich.

Außerhalb der Gemeinde Grafschaft bei jeweiligen Familienangehörigen hat die Gemeindeverwaltung acht Personen untergebracht, etwa in Bad Neuenahr, Köln und Bonn. Wenn in der kommenden Woche noch, wie angekündigt, sechs weitere Personen zugewiesen würden, werde es so langsam knapp mit der Kapazität.

Dabei sei überhaupt nicht absehbar, so Schwanz, wie viele Flüchtlinge die Gemeinde Grafschaft bis zum Ende des Jahres überhaupt aufnehmen müsse. Sei man bis vor Kurzem noch von höchstens 71 ausgegangen, bewege sich derzeit die Prognose bei bis zu 199 Personen, wenn tatsächlich die mancherorts kolportierten 1,5 Millionen Flüchtlinge in Deutschland ankämen.


Fließender Prozess mit vielen Unbekannten


„Es handelt sich um einen fließenden Prozess mit vielen Unbekannten, und anders als viele meinen, ist er am Jahresende noch lange nicht abgeschlossen“, fasste Juchem die Lage zusammen.

Für die Gemeinde werde es auf jeden Fall ein wahnsinniger Kraftakt, egal wie viele Flüchtlinge am Ende tatsächlich ankämen.

Erfreulicherweise gebe es aber innerhalb der Bevölkerung eine riesige Hilfsbereitschaft, als Beispiel nannte er das Angebot des Priesterseminars Sankt Lambert in Lantershofen, bis zu 25 Personen aufzunehmen.

Darüber hinaus seien die Lantershofener Studenten bereit, die Flüchtlinge in vielerlei Hinsicht zu betreuen - auch diejenigen in den anderen Ortschaften.

Dafür stelle die Gemeinde gerne ein Fahrzeug zur Verfügung, damit die Studenten mit den Flüchtlingen gemeinsam Behördengänge oder Ähnliches erledigen könnten.

Außerdem wolle ein Arzt, der bereits im Ruhestand sei, mit zwei ebenfalls nicht mehr aktiven Kollegen kostenlos und ehrenamtlich eine regelmäßige Sprechstunde für Flüchtlinge anbieten, wofür die Gemeinde im Altbau des Ringener Rathauses zwei Zimmer zur Verfügung stelle. Als Glücksgriff habe es sich erwiesen, dass man einen gut Deutsch sprechenden Syrer als Praktikanten in der Gemeindeverwaltung beschäftige, der in der täglichen Kommunikation mit den Flüchtlingen eine große Hilfe sei und sich darüber hinaus auch sehr für deren Belange einsetze.

Mittlerweile gebe es in der Gemeinde auch drei Deutschkurse für die Flüchtlinge, die von der Kreisvolkshochschule angeboten werden, und zwar in Ringen, Gelsdorf und Lantershofen.


Gemeinde tritt als Mieter


Das größte Problem derzeit: „Wir benötigen Wohnraum in jeder Größenordnung und Zimmerzahl“. Der Bürgermeister appellierte an alle Vermieter, leer stehenden Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.

Dabei drehte die Gemeinde als Mieter auf und nicht der Asylbewerber, die Gemeinde garantiere die Mietzahlungen. Man bezahle eine ortsübliche Miete, die aber nicht über sechs Euro pro Quadratmeter liegen dürfe. Die Betreuung der Objekte durch Hausmeister und Verwaltung sei ebenfalls sichergestellt.

Außerdem benötige man jede Menge Lagerraum zur Unterbringung von Spenden, beispielsweise Lagerhallen oder Scheunen, die allerdings „maussicher“ sein müssten. Ein Bonner Hotel habe der Gemeinde nämlich jüngst seine komplette Einrichtung zur Verfügung gestellt, die zwar erst fünf Jahre alt sei, aber dennoch vollständig ersetzt werde. „Die Möbel sind praktisch neuwertig“ bestätigte Schwanz, doch bis zur endgültigen Verteilung müssen sie erst zwischengelagert werden.


Sachspenden weiter notwendig


Auch Sachspenden würde nach wie vor benötigt, so Schwanz. Vor allem mangele es an Elektrokleingeräten wie Wasserkocher, Fön oder Toaster, aber auch Staubsauger, Fernsehgeräte mit Empfangsteil oder höchstens fünf Jahre alte Elektrogroßgeräte wie Waschmaschinen würden gerne entgegengenommen. Fahrräder zu Steigerung der Mobilität seien ebenfalls sehr beliebt, auch Spielsachen würden immer wieder benötigt, allerdings keine Plüschtiere. Komplette Wohnzimmer-Einrichtungen seien ebenso willkommen wie einzelne Tische, Stühle oder Regale, und nicht zuletzt gibt es auch großen Bedarf für gesponserte Internetzugänge. Nicht zuletzt wäre die Gemeinde dankbar für sprachkundigen Helfer, die Arabisch, Albanisch, Türkisch, Persisch, Englisch, Französisch oder Russisch sprechen. Ansprechpartner sei Marie Riotte von der Gemeindeverwaltung, Tel. (0 26 41) 80 07-33.

SPD-Verbandsvorsitzende Hubert Münch plädierte dafür, auch in Zukunft die bisherige Vorgehensweise beizubehalten, die ankommenden Flüchtlinge dezentral auf möglichst alle Grafschafter Ortschaften zu verteilen. Das unterstützte auch CDU-Fraktionschef Klaus Huse, denn eine dezentrale Verteilung erleichtere die Integration. Wilhelm Dreyer (FWG) plädierte dennoch dafür, schon jetzt Vorsorge zu treffen für eine größere Flüchtlingsmenge, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, eine Turnhalle belegen zu müssen. Mathias Heeb (Grüne) wünschte sich, dass auch in den anderen Ortschaften eine Informationsveranstaltung mit den örtlichen Flüchtlingen organisiert werde, wie das in Bengen von Ortsvorstehers Rainer Kratz geschehen sei. Das sei durchaus denkbar, bestätigte Schwanz, doch die Initiative dafür müsse aus dem Ort kommen. Auch die Flüchtlinge müssten allerdings einverstanden sein und nicht das Gefühl haben, vorgeführt zu werden.

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