Australische Familie auf den Spuren ihrer jüdischen Wurzeln
Besuch aus Australien im Land der Vorfahren
Familie Heymann lernte ihre unbekannte Familiengeschichte bei einem Besuch in Ahrweiler und Dernau kennen
Dernau/Ahrweiler. Es war eigentlich nur ein kurzer Abstecher von Bonn ins Ahrtal. Colin Heymann und seine Frau waren zu einem kurzen Besuch bei Familie Fobes in Bonn, da ihre Tochter mit dem Sohn von Familie Fobes befreundet ist. Colin Heymann, dessen Vater Fritz/Frank (geb. 1922) und Großvater Josef aus Euskirchen kamen, besitzt ein Foto, welches den Großvater bei der Weinlese in Ahrweiler zeigt. Was war näherliegend, als sich bei diesem Besuch in Bonn auch einmal die Weinberge des Ahrtals anzusehen. Bei diesem Besuch erfuhren sie in Ahrweiler von ehemaligen Heymanns in Ahrweiler und von einem Buch über die Geschichte der Heymanns.
So kam es zu einem Anruf beim Autor des Buches (Matthias Bertram: „In einem anderen Lande. Geschichte Leben und Lebenswege von Juden im Rheinland“). Wenige Tage später war Familie Colin wieder im Ahrtal, um zu überprüfen, zu sehen und zu hören, was ihnen an Unbekanntem, fast Unglaublichem am Telefon berichtet worden war. Colins Vater Fritz Heymann war einer der etwa 2500 jungen meist jüdischen Emigranten, die die britische Regierung im Sommer 1940 mit dem Schiff „Dunera“ nach Australien bringen ließ, um sie dort zu internieren. Nach dem Krieg bot die australische Regierung allen Personen den Rücktransport oder den Verbleib in Australien an. Colins Vater entschied sich, dortzubleiben.
Colin Heymann und seine Frau waren frühmorgens zu Besuch in der St.-Peter-Straße in Ahrweiler und ließen sich von Matthias Bertram ihre ihnen bis dahin unbekannte Familiengeschichte berichten, konnten alte Dokumente einsehen und lernten, dass die Familie Heymann seit Jahrhunderten in Dernau und später in Ahrweiler und Neuenahr lebte und verschiedene Mitglieder der Familie nicht nur eine führende Rolle im Judentum der Ahrregion und beim Betrieb der Synagogen/Bethäuser in Ahrweiler und Dernau einnahmen, sondern auch geschätzte Bürger der Region waren, die als Geschäftsleute erfolgreich waren, als Offizier im Ersten Weltkrieg gedient hatten oder auch im Stadtrat vertreten waren, bis sie von den Nazischergen drangsaliert, bedroht und zum Teil ermordet wurden.
Zu diesen Ermordeten gehörten der 1886 in Ahrweiler geborene Großvater Josef Heymann und seine aus Arloff bei Euskirchen stammende Frau Sibilla Aron. Ihre Kinder Herta/Rachel geb. 1916 in Euskirchen und Fritz geb. 1922 konnten über England gerettet werden. Herta starb in Israel und Fritz 2002 in Australien. Nach einer Einführung in die frühe Familiengeschichte der Heymanns besuchten sie gemeinsam den jüdischen Friedhof in Dernau mit den vielen Gräbern der Vorfahren. Danach bestand Gelegenheit, die ehemalige Betstube im Heymann-Haus in Dernau in der Teichgasse zu besuchen, in der die alten stuckverzierten Kölner Decken aus dem 17. Jahrhundert von der Familie der heutigen Besitzerin Frau Gustel Lindener liebevoll restauriert wurden.
Den Abschluss der Besichtigungstour bildete der Besuch der ehemaligen Synagoge in Ahrweiler, die unter dem Vorsitz des Urgroßvaters Friedrich Wilhelm Heymann, auf dem Gartengelände des Urgroßonkels Leopold Heymann gebaut worden war und ein Gang durch die Niederhutstraße, in der so viele Heymanns mit ihren Familien gelebt hatten. Colin Heymann und seine Ehefrau versicherten, dass sie diese neuen Erkenntnisse erst einmal verarbeiten müssten, um dann mit Sicherheit mit ihren Kindern bald mal wieder zurück in die Region ihrer Vorfahren zu kommen.