Die Ahrweiler Plattakademiker zelebrierten die Mundart und empfingen den Nikolaus

Die Hitlerfahne als Dirndlkleid

04.12.2018 - 12:02

Ahrweiler. Blickte man in die Gesichter der rund 100 Gäste, dann war klar, dass diese Menschen sich nicht vom Novembergrau einfangen lassen, sondern in Gesellschaft und gut unterhalten durch bewährte Mundartautoren und Erzähler schöne Stunden verleben wollten. Dazu bot auch der jüngste Mundartabend der Plattakademie im Heimatverein Alt-Ahrweiler wieder eine gute Gelegenheit.

Karl Heinen, der den erkrankten Organisator Rainer Sturm vertrat, kündigte munter die Redebeiträge an und brachte sich mit dem Stückchen „De joot Tant Frieda“ nach Ulla Kehr ein. Aber kein Mundartabend ohne Musik. Die Lokalhymne „Oos Ahrweiler Platt“, von Tommy Geller am E-Piano begleitet, ist ein Muss. Frei nach Charles Aznavour ließ er zudem in Ahrweiler Platt hören: „Dou löss Dich john“ und stimmte, oft gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang, „Luki“, weitere Lieder an. Für Heiterkeit sorgten beide als „Franz und Alwis“ im eigenen Sketch über Weingenuss, der bei weitem die Geschäftstüchtigkeit des Duos überwog. Zwar wurde der gute Rote durch die Verknappung theoretisch immer teurer, aber praktisch darf man ihn dann selbst nicht trinken, soll noch ein Gewinn herausspringen.


Der letzte Hochzeitsgast


Manfred Kolling teilte zunächst mit, dass das beliebte Vereinsmitglied Godehard Uthoff gestorben sei. Beim Mundartabend im vergangenen November hatte dieser noch mit Karl Heinen das Lied „Dem Schmitze Jreet sing Unschuld“ vorgetragen. Dann berichtete Kolling von seinem „ierschte Heules“ in Heimersheim, ein bis in die späten 1950er bis Anfang 1960er Jahre lebendiger Brauch, wie er mitteilte, bei dem Auswärtige ihre Braut mit Geld auslösen mussten. Als Jüngster und noch Unerfahrener im Trio der Junggesellen, das zum Einholen bestimmt war, blieb er ungewollt der letzte Hochzeitsgast. Und das war dem Rausch geschuldet, zu dem ihm Beckers Tünn aus der Ohrjass verholfen hatte. Fleißig zum Trinken animiert, wurde der Jüngere so müde, dass er sich nur kurz unter der Treppe ausruhen wollte, aber erst am Morgen erwachte. Schmunzeln machte gleichfalls Johanna Gies mit „Der kleine Kresch“ von 1993, als der Ahrweiler Schreinermeister „Palms Pitter“ im Schießduell gegen Bürgermeister Rudolf Weltken obsiegte und Bürger-Schützenkönig wurde.


„Mier Ahweile Wondekende“


„Lew mädche, lew Jonge, begrüßte Peter Kasper die Zuhörer. Er brachte Marianne Slaters „Mier Ahweile Wondekende“ aus der Kriegs- und Nachkriegszeit aufs Tapet. „Im Kelle ham me all jeseße un et Aljebra vejeße“. Nach dem Fliegeralarm war dann bei manchem „kein Finstescheif mie in de Küch“. Zum Kriegsende hin verebbten die „Heil“-Rufe und es gab eine Zweitverwendung für „de Hitlerfahn als Dirndlkleid“. Die Amerikaner kamen, gefolgt vom „Franzusejoor“, in dem für Pferdefleisch angestanden wurde. Marianne Slater konnte ausgezeichnet erzählen und formulierte stets treffsicher, Eigenschaften, die auch Margret Nischalke für sich verbuchen kann. Mit ihr ging der Blick zu einer vergangenen Weihnacht ihrer Großeltern und deren zehn Kindern, die erst verspätet Spielsachen unterm Weihnachtsbaum fanden. Denn aus welchen Gründen auch immer traf das Paket der lieben, selbst kinderlosen Tante aus Köln mit Fußball, Dilledopp und den anderen wundervollen Geschenken verzögert ein. So blieb den Kindern bis dahin Zeit zur Gewissenserforschung, hatte doch der Vater angemerkt, „vielleicht seid ihr nicht brav genug gewesen“.


Im Alter Dauerkreuzfahrt


Wie eine Dame älteren Semesters versehentlich einen Maibaum bekam, war Antonius Kohlhaas‘ amüsantes Thema, während der glänzend aufgelegte Fred Fritzen in Reimen erfolgreich die Französischkenntnisse des Publikums überprüfte. „Wat maachen esch, wenn esch ens alt un klapprech sen?“ Darauf wusste Anne Horst Antwort nach Helga Kreil. Statt Heim, Senioren-WG oder Betreuung in Thailand würde sie Dauerkreuzfahrerin und spare noch dabei, wenn sie alle „Vejünstijunge“ ausnutze. Herzlich lachen konnte man, als Lothar Pötschke über Handymanie und Pokemonwahn herzog und Ehrengast Nikolaus Udo Groß in seiner Weihnachtsgeschichte Maria und Josef als Rheinländer aus Düsseldorf und Köln vorstellte, denen zur Geburt von Jesus mitten im Winter ein Kölscher Rosenmontagszug verehrt wurde. Der Weißbärtige und sein schwarz gekleideter Begleiter hatten weitere Männer im Schlepptau, lauter Nichtraucher, denn in den leckeren Weckmännern, die sie verteilten, steckten Rosinenäugelchen, aber diesmal keine Pfeifen.

HG

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