Klaus Ridder über Streckensprecherlegenden

Ein Stück Nürburgring-Geschichte

Rainer Braun aus Much war beim 90-jährigen Jubiläum noch einmal dabei

21.09.2017 - 17:30

Adenau. Streckensprecher am Nürburgring: Man hört sie, sieht sie aber nicht. Für den Zuschauer sind es bekannte Leute, eigentlich eher Legenden – Richard von Frankenberg, Kalli Hufstadt, Jochen Luck oder Rainer Braun, um nur einige zu nennen. Sie alle haben ein Stück Nürburgringgeschichte geschrieben.


Wie in alten Zeiten moderiert


Einer der Jüngsten in der Ära der legendären Streckensprecher ist Rainer Braun aus Much (Bergisches Land). Er ist eigentlich schon in Rente, aber beim 90-jährigen Nürburgring-Jubiläum war er noch einmal dabei und moderierte wie in alten Zeiten. Es war für die geladenen Gäste ein Vergnügen, die berühmte Stimme noch einmal zu hören.

Richard von Frankenberg war schon in den 50er Jahren ein bekannter Journalist, Buchautor, Rennfahrer, Rundfunksprecher und auch Streckensprecher am Nürburgring. Als Rennfahrer lernte ich ihn 1956 kennen, er fuhr einen Porsche Spyder. Sein Buch „Junge das ist Tempo“ bekam ich 1954 zum Weihnachtsfest geschenkt.

Sehr viel später lernte ich Rainer Braun aus Much persönlich kennen, ich durfte eine Laudatio zur Verleihung der Johny-Rozendaal-Uhr, der höchsten Auszeichnung des Verbandes der Motorjournalisten (VdM), auf der Essener Motorshow 2015 halten. Der erste Träger der Johny-Rozendaal-Uhr war 1959 Richard von Frankenberg, 2013 bekam ich die Auszeichnung verliehen. Ich erwähnte in meiner Laudatio Richard von Frankenberg, und in der Erwiderung der Laudatio schlug der neue Preisträger Rainer Braun auch die Brücke zu Richard von Frankenberg und erzählte eine amüsante Geschichte.

„‚Wenn ich mal aufs Klo muss‘, lässt mich Richard von Frankenberg 1965 beim 1000-Kilometer-Rennen am Nürburgring generös wissen, ‚können Sie mich gern für ein paar Minuten am Mikrofon vertreten‘. ADAC-Sportsekretär Werner Heinemann hatte mich als jungen Nachwuchssprecher eingeladen, dem großen Herrn von Frankenberg mal ein bisschen über die Schulter zu gucken.


Sprecher auf der Toilette eingeschlossen


Freudig nehme ich an und platziere mich in der alten Kanzel des Start- und Zielhauses. Doch ‚Richies‘ Toilettenbesuche fallen leider ebenso selten wie kurz aus. Kaum habe ich mich des Mikrofons bemächtigt, steht er schon wieder hinter mir und begehrt seinen angestammten Platz. Ich weiß nicht, wo ich den Mut hergenommen habe, aber irgendwann kommt mir die Idee, in einem günstigen Moment den Toilettenschlüssel zu kassieren und den guten Richard beim nächsten Besuch dort einfach einzuschließen.

Die heikle Aktion verschafft mir immerhin Luft für etwa 20 Minuten Reportage am Stück. Anschließend kommt es zu einem mittleren Eklat, Richard tobt nach seiner Befreiung durch die Putzfrau mittels Generalschlüssel, und ich spiele den Unschuldsengel. Danach geht er bis zum Ende der 1000 Kilometer sicherheitshalber nicht mehr aufs stille Örtchen – und ich komme deshalb auch nicht mehr ans Mikro.“

Richard von Frankenberg, Branchenkürzel „RvF“, war ein Multi-Talent: Journalist, Kommentator, Filmemacher, Buchautor, Rennfahrer und Porsche-Intimus. Und er war erstes großes Vorbild als Strecken-Reporter. Der Mann wusste alles, sah alles, konnte alles. Kurzum, er galt als der Großvater der Streckensprecher dieser Zeit.


Zusammenarbeit nicht immer einfach


Unsere beruflichen Wege kreuzten sich immer öfter, mal beim Bergrennen in Eberbach, mal am Schauinsland oder in Hockenheim. Immer häufiger wurde ich ihm von den Veranstaltern als gleichwertiger Partner für die Strecken-Reportage zugeteilt. Die Zusammenarbeit mit ihm war nicht einfach. Manchmal musste ich schon arg kämpfen, um mich an seiner Seite zu behaupten. Er gab den Chef und ließ mich das auch spüren. Eine gemeinsame Reportage im lockeren Unterhaltungsstil, wie etwa später mit Kalli Hufstadt, war für ihn absolut undenkbar. RvF zog seine eigene Show durch, und ich durfte mich „um den Aufwasch kümmern.“

Richard von Frankenberg und Rainer Braun haben viele Gemeinsamkeiten. Beide waren Rennfahrer, Journalisten, Rundfunksprecher, Buchautoren und Streckensprecher. Beide wurden mit der Johny-Rozendaal-Uhr ausgezeichnet, der eine 1959, der andere 54 Jahre später.

Rainer Braun wird im November 2017 77 Jahre alt, Richard von Frankenberg verunglückte 1973 im Straßenverkehr tödlich im Alter von 51 Jahren.


Streckensprecher im Rennwagen


Vielen in Erinnerung bleibt auch Kalli Hufstadt, er spielte beim 24-Stunden-Rennen auf der Mundharmonika und berichtete live am Steuer eines Rennwagens, wenn er nachts beim 24-Stunden-Rennen im Renntempo an den zahlreichen Lagerfeuern der Nordschleife vorbeiraste.

Streckensprecher bei den großen 1000-Kilometer-Rennen der 50er und 60er Jahre war Günter Isenbügel. Er fuhr auch schon selbst mit und berichtete aus dem fahrenden Rennwagen. Sogar eine große Kamera hatte man in den Rennwagen eingebaut. Das ist heute normal, aber vor 50 Jahren war dazu ein enormer technischer Aufwand nötig.

Jochen Luck kam aus Kassel, ich erlebte ihn in einem Interview bei einem Pressetermin für das 24-Stunden-Rennen oder in der Lounge der Nürburgring GmbH, noch zu Zeiten von Geschäftsführer Dr. Walter Kafitz. Luck wurde nach seiner aktiven Zeit als Streckensprecher immer mal wieder als Ehrengast eingeladen.

Wenn es um Oldtimer geht, wie beim Oldtimer-Grand-Prix, dann ist Johannes Hübner aus Frankfurt in seinem Element. Mit einer Leidenschaft kommentiert er die Rennwagen aus früheren Zeiten und die spannenden Rennen, die wohl Niemanden zum Einschlafen bringen. Einfach faszinierend, was der „Oldtimer-Papst“ so alles weiß. Nicht, dass man etwa glaubt, er liest alles ab – nein, er weiß fast alles und nennt Ross und Reiter.


Handys haben vieles verändert


Heute geht man mit einem Handy zum Autorennen und kann auch sehen, was sich gerade ereignet. So zeigte die Kamera aus dem Hubschrauber beim 24-Stunden-Rennen 2016 live Bilder von einem Massen-Crash im Bereich Aremberg nach einem plötzlichen Hagelschauer. Das war alles mal anders, die Streckensprecher früherer Zeiten mussten oftmals eine Situation den Besuchern erklären, die ihnen nur mündlich beschrieben wurde – das gelang ihnen auch fast immer, und so wurden sie für die Besucher zu Legenden.Klaus Ridder

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