Fulminantes Klezmer-Konzert in Selters

Hartnäckigkeit wurde belohnt: Kanadische Klezmer-Stars kamen nach Selters

20.09.2017 - 08:00

Selters. Wer beim Konzert von „Kletzory“ war, erlebte ein musikalisches Event, das seinesgleichen sucht. Im Rahmen der 22. Reihe von „Musik in alten Dorfkirchen“ war es der Kleinkunstbühne Mons Tabor e.V. in Zusammenarbeit mit dem Kulturkreis der VG Selters gelungen, das Klezmer-Ensemble „Kleztory“ zu einem Konzert in die evangelische Kirche nach Selters zu verpflichten. Dies ist umso erstaunlicher, als dieses Ensemble vollständig in Kanada lebt und lediglich zu drei Konzerten nach Deutschland kam. Anscheinend war den Besuchern bewusst, welches musikalische Highlight sie erwartet, denn die evangelische Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt, da passte praktisch kein Stück Papier mehr rein. Selbst die Treppen zu der Empore waren von Zuhörern belegt.

Der Vorsitzende der Kleinkunstbühne Mons Tabor, Uli Schmidt, begrüßte zunächst die erwartungsfrohen Zuhörer und bereitete sie auf einen unvergesslichen Nachmittag/Abend vor. Er schilderte kurz die Hartnäckigkeit, mit der man versucht habe, „Kleztory“ zu engagieren, sind die doch dauernd in der ganzen Welt unterwegs. Die Realisierung dieses Konzertes wäre ohne die Unterstützung des Kulturkreises der VG Selters, mit der Geschäftsführerin Marion Meuer, der Energieversorgung Mittelrhein (EVM) und der Sparkasse Westerwald-Sieg nicht möglich gewesen. Als Uli Schmidt dann die Bühne für die fünf Musiker frei gab, wurden diese bereits mit frenetischem Beifall empfangen.


Kletzmerklänge in der Kirche


Was dann folgte, war ein musikalisches Inferno, bei dem die Zuhörer kaum Zeit zum Luftholen hatten. Bereits beim ersten Lied ging die Begeisterung

durch die vollbesetzten Reihen im altehrwürdigen Kirchenschiff. Nach zehn Sekunden begannen die Zuhörer, die Musiker durch rhythmisches Klatschen zu unterstützen. Erst vor Kurzem hatte die evangelische Kirche ihr 175-jähriges Jubiläum gefeiert. Es ist stark anzunehmen, dass noch nie, oder jedenfalls selten, so ausgelassen dort gefeiert wurde, bei manchem Rock-Konzert geht es ruhiger zu. Dem Zauber und dem Flair der Klezmer-Musik konnte sich niemand entziehen.

Der Grund dafür ist relativ einfach: An jedem Instrument waren Musiker präsent, denen man vorbehaltlos das Prädikat „Weltklasse“ verleihen kann. Der Ehre halber müssen die einzelnen Musiker genannt werden:

Elvira Misbakhova (Violine), Melanie Bergeron (Akkordeon), Dany Nicolas (Gitarre), Mark Peetsma (Kontrabass) und Airat Ichmouratov (Klarinette und Duclar). Jeder für sich alleine ein musikalisches Genie. Als geübter Laie muss man sich fragen, ob es darüber noch eine Steigerung geben kann. „Mehr geht nicht“, waren einige Zuhörer überzeugt, denn hier haben sich exzellente Instrumentalisten zu einem einzigartigen Gesamtbild vereint. Einen Musiker explizit hervorzuheben, würde den anderen nicht gerecht.

Der Teufelsritt von „Kleztory“, die zwar ihren Ursprung in der jiddischen Musik haben, führte durch die vielfältigen Kulturen des gesamten Erdballs. Mal melancholisch, traurig, im nächsten Moment ekstatisch und elektrisierend. Mit einer unglaublichen Energie und Kraft, jedoch voller Leidenschaft und Leichtigkeit, wurde das Publikum hin- und hergerissen. Mit Hingabe und Spielfreude – auch der Humor kam nicht zu kurz – erreichten sie jeden im Publikum.


Kletzorys Musik verbindet Völker


Dany Nicolas erklärte zwischen zwei Stücken dem Publikum, dass sie das Ensemble dem Grunde nach als Weltmusiker sehen, ihre Musik solle völkerverbindend sein. Die typischen Stilrichtungen vieler Völker würden sie musikalisch in ihr traditionelles jiddisches Repertoire integrieren. Gypsy-Jazz, Klassik, Country, Folk, Blues und traditioneller Jazz inspirieren „Kleztory“. Von der Bandbreite ihrer weltumspannenden Musikalität konnte sich das staunende Publikum live überzeugen.

Gänsehautmomente erzeugten „Kleztory“, als sie das Lied von dem alten Afrikaner darboten, der, an einem alten Baum lehnend, den er seit seiner Kindheit kannte, vor seinem Tod seine Seele in den Himmel schickt, zu den Sternen, Mond und Sonne. Leise wurde es im Kirchenschiff, man hätte eine Stecknadel fallen hören können, als dieses Lied mit einer großen Zartheit, trotzdem emotionaler Intensität vorgetragen wurde. Das Gefühl für die Situation war so prägend, dass die Besucher sich in die Rolle des alten Mannes hineinversetzen konnten. Im Vordergrund bei diesem Stück stand die Duclar, eine afrikanische Flöte, die von Airat Ichmouratov so gefühlvoll eingesetzt wurde, dass man mit etwas Fantasie die afrikanische Steppe oder Wüste vor sich sah.

Hatte man sich gerade von diesem Stück erholt, ging es mit einem an bulgarische Elemente orientierten Hochzeitstanz weiter. Die Besucher gingen durch ein Wechselbad der Gefühle, waren ob der Musik mal sprachlos, um im nächsten Moment während eines Stückes in Jubel auszubrechen.

Die Ankündigung, dass sie nun das letzte Lied spielen würden, interessierte keinen, denn es folgten bestimmt fünf Zugaben. Der absolute Schlusspunkt war ein gemeinsam gesungenes Lied von „Kleztory“ und dem Publikum. Den Refrain zu „Leilaladilei“ sangen alle Besucher voller Inbrunst mit, dazu das rhythmische Klatschen – ein unglaubliches Finale. Die Erkenntnis für die Besucher, etwas ganz Besonderes erlebt zu haben, zeigte sich auch nach Ende des Konzertes, als viele Gruppen zusammenstanden, um sich auszutauschen.

Dieser Konzertabend war ein würdiger Abschluss der Konzertreihe „Musik in alten Dorfkirchen“, eine Steigerung ist kaum vorstellbar. Die Schuld daran tragen „Kleztory“, haben die Musiker doch mit ihrem Auftritt die Messlatte sehr hoch aufgelegt. Wer diesen denkwürdigen Auftritt von „Kleztory“ erleben durfte, der kann davon noch längere Zeit zehren.

Im Übrigen ist „Kleztory“ hochdekoriert, so haben sie unter anderem bereits den Opus-Preis für das beste Jazz/Weltmusik-Album in Quebec und den Fürth Klezmer Preis beim Internationalen Jüdischen Musik Festival in Amsterdam erhalten.

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Hansen, die für meine Statistik wichtigste Info war dabei ;-)...
Hansen:
Korrektur: Das war grausanste Folter und ein Femizid. Benennt es als das, was es ist. Wir schreiben das Jahr 2024 und nicht 1980....
Anonym:
Ich begrüße das Urteil ebenso und ja, ich kenne die Dame hier persönlich und nein, ich habe nie gegen sie gewettert. ABER ihre Anhänger sollten auch einmal die Augen öffnen! Sie sei ja immer so transparent und wenn man helfen durfte, ging es im Sommer NUR um die Bewässerung der Außenanlage zur Straße...
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