Die Wurzeln der St.-Albertus-Magnus-Kirche und was aus ihnen erwuchs

Von der Frömmigkeit hinter Klostermauern hin zum religiösen Gemeindetreff

26.11.2018 - 12:25

Andernach. Das Areal rund um die (ehemalige) Albertkirche und St. Michaelkapelle war schon im zwölften Jahrhundert ein Ort der Religiosität. Ein Augustinerinnen-Kloster mit seiner stattlichen viertürmigen Kirche erlebte hier eine wechselhafte Geschichte. Der größte Teil des Damenstifts samt Kirche wurde im Jahr 1794 von der französischen Revolutionsarmee niedergebrannt, die letzten Gebäude fielen 1944 einem Bombenangriff zum Opfer. Die ehemalige Vikarie St. Albert, in deren Gebiet sich die Klosterruinen befanden, wurde 1947 zur Pfarrei erhoben. Zunächst feierten die Gläubigen ihre Gottesdienste in einer „Notkirche“, dem ehemaligen Waschhaus der benachbarten Klinik.

Aus den Trümmern des ehemaligen Äbtissinnen-Hauses entstand dann in den Jahren von 1952 bis 1954 die Pfarrkirche St. Albert. Das noch erhaltene barocke Klosterwappen vom früheren Eingang des Äbtissinnen-Hauses wurde im „Marienportal“ an der Nordseite der ersten Pfarrkirche im Andernacher Süden integriert. Diese wurde nach den Plänen des bereits 1941 vom damaligen Pfarrer Rosch verpflichteten namhaften Architekten Prof. Dr. Ing. Rudolf Schwarz errichtet. Der Trierer Bischof Matthias Wehr konsekrierte die Kirche „Sankt Albertus Magnus“ am 25. Juli 1954.

Die Weihe war zugleich der Auftakt zu einer Festwoche zu Ehren des Heiligen Alberts Magnus, dessen Schrein, eigens zur Feier, aus Köln mit einem Schiff nach Andernach gebracht wurde. Die Pfarrer, die in der neuen Pfarrei wirkten und in der Kirche ihren liturgischen Dienst ausübten, waren Peter Malburg (bis 1975), Heribert Hürter (bis 1995), Lutz Schultz (bis 2013) und zuletzt Stefan Dumont.

Ältere Gemeindemitglieder erinnern sich gern daran, wie in der Albertkirche die tristen einfarbigen Fenster im Jahr 1963 durch monumentale und ausdruckstarke Kirchenfenster ausgetauscht wurden, die von nun an die Sonnenstrahlen farbig an die hohen hellen Wände reflektierten und dem Innenraum eine neue Stimmung verliehen. Es war auch das Jahr der akustischen Freude: Eine neue imposante 34-Register-Orgel aus der Orgelbauwerkstatt von Alfred Führer sollte in der Zukunft den Kirchenraum mit ihrem majestätischen Klang durchdringen.

Doch nicht nur die aufgrund der Spendenfreudigkeit und des erfolgreich tätigen Kirchbauvereins neu gewonnenen Ausstattungsmerkmale waren es, an die sich die Pfarrangehörigen erinnern. Mit ihrer Kirche verbinden sie auch einige herausragende, zum Teil auch impulsgebende Ereignisse. Bereits fünf Jahre, bevor die Stadt Andernach ihre erste grenzüberschreitende Partnerschaft begründete, feierten die Christen von St. Albert mit ihren französischen Freunden aus der Stadt Toul in der Albertkirche den Gottesdienst. Pastor Peter Malburg griff 1954, neun Jahre nach dem Krieg, den Versöhnungsgedanken der Pax-Christi-Friedensbewegung auf.

Er knüpfte und pflegte mit zahlreichen Pfarrangehörigen eine viele Jahrzehnte lebendige und enge Freundschaft zu der dortigen katholischen Kirchengemeinde. Dass dem Bundesverdienstkreuzträger Malburg die Versöhnung und auch ein ökumenisches Miteinander am Herzen lagen, zeigte sich auch im Jahr 1969 bei einem außergewöhnlichen Gottesdienst in St. Albert mit Diözesanbischof Dr. Bernhard Stein, dem Präses Dr. Joachim Beckmann und dem Landesrabbiner Nathan P. Levinson. Bei der Feier, die im Zusammenhang mit der in Andernach eröffneten und viel beachteten Ausstellung „Documenta Judaica“ stattfand, wirkte auch der der damals bekannte Berliner Oberkantor Estrongo Nachama musikalisch mit.

Nachdem Anfang der siebziger Jahre ein Teil des Gewölbekellers unter der Kirche restauriert wurde, konnte die Gemeinde wenig später in einer einladenden Krypta auch familiär, in kleinen Gruppen, ihre Religiosität leben. Ein wenig spektakulär und nicht ganz kritiklos zeigte sich die zum Teil leer geräumte und zu einer Packstraße umfunktionierte Albertkirche im Jahr 1982. Die Gemeinde beteiligte sich an der Caritas-Aktion „Polenhilfe“ und packte unzählige Hilfspakete für polnische Familien. 1994 ließ die Gemeinde in der Allee an der Kirche den von Bildhauer Karl Winter aus Basalt geschlagenen „Kreuzweg der Leidenden“ installieren, der sich in der Albertkirche fortsetzte.

Dieser Kreuzweg zieht Parallelen zwischen der Passion Jesu und dem Leiden der Juden, der Behinderten und anderer in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgten Menschen. Die Jahrtausendwende sollte für die Pfarrkirche St. Albert zugleich eine Zeitenwende sein. Wurde der Kirchenraum in den ersten Jahrzehnten noch von mehreren hundert Gläubigen gefüllt, so hatte sich die Zahl der Besucher in den Gottesdiensten inzwischen deutlich minimiert. Die Distanz zwischen dem Hochaltar und der Gemeinde ließ kein Gefühl von Gemeinschaft aufkommen. Ein langer und nicht unumstrittener Prozess der Umgestaltung wurde von den Entscheidungsträgern in der Mitte der ersten 2000er Dekade in Gang gesetzt. An dessen Ende konnte sich die Gemeinde um einen Altar in der Mitte des Kirchenschiffs versammeln.

Schlagzeilen machte die Albertkirche auch im Jahr 2007, als in ihrem Glockenturm ein Radiosender in Betrieb genommen wurde. Als Teilprogramm des Kölner Domradios sendeten „Radiomacher“ der Gemeinde stundenweise Musik und Information. Auch die Sonntags-Gottesdienste wurden in einem beschränkten Radius in die Haushalte übertragen. Der Betrieb des Senders musste jedoch nach einigen Monaten aus personellen Gründen wieder eingestellt werden. Freunde klassischer Musik werden sich gern an die unzähligen Konzerte mit dem Albertus-Magnus-Chor und herausragenden Organisten, Gesangssolisten und Sinfonikern unter der Leitung des Regionalkantors Jakob Noll erinnern. In seiner Nachfolge standen Klaus Fischbach und zuletzt Organistin und Chorleiterin Elke Schäfgen am Dirigentenpult.

Neben all diesen Streiflichtern und Impulsen wird jedoch auch das religiös-konventionelle Erleben der St.-Albertus-Magnus-Kirche in den Köpfen vieler katholischer Andernacher einen Platz der Erinnerung behalten: Die Taufe, Erstkommunion, Firmung, Hochzeit oder die sonntägliche Begegnung und Gemeinschaft in St. Albert - so manche(r) empfand sie als Meilensteine im Leben. Das eigene Requiem werden die trauernden Angehörigen an diesem Ort jedoch nicht mehr feiern können.

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Geldautomatensprengungen in Andernach und Montabaur

Polizei schnappt Automatensprenger: 20-Jähriger erbeutete mehrere hunderttausend Euro

Region. Nach einer Serie von Geldautomatensprengungen führten die Staatsanwaltschaft und die Polizei Köln am Morgen des 24. April Durchsuchungen in mehreren Privatwohnungen und Büros in Köln, Rheinbach und Heimerzheim sowie in einer Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen durch. Die umfangreichen Ermittlungen konzentrierten sich auf einen 20-jährigen Mann, der seit Februar 2024 in Haft ist und eine Strafe für ein Raubdelikt verbüßt. mehr...

Angeklagte sollen Frau schwer misshandelt, zur Prostitution gezwungen und getötet haben

Nach Mord im Koblenzer Rotlichtmilieu: Anklage gegen zwei Personen erhoben

Koblenz. Wie die Staatsanwaltschaft Koblenz mitteilt, wurde nach dem Tötungsdelikt im Koblenzer Rotlichtmilieu vergangenen November nun Anklage gegen eine 40-jährige Frau und einen 48 Jahre alten Mann (beide bulgarischer Nationalität) erhoben. Den beiden Beschuldigten wird zur Last gelegt, eine mit ihnen zusammenlebende 31-jährige Bulgarin grausam und aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben.... mehr...

Regional+
 

Lahnsteiner Grüne

Modelleisenbahn-Club (MEC) Rhein-Lahn besucht

Lahnstein. Kürzlich besuchten Mitglieder von Bündnis ´90/Die Grünen Lahnstein die Gartenbahn des MEC Rhein-Lahn e.V. in der Max-Schwarz-Straße 3-5 in Lahnstein. Bei strahlendem Sonnenschein machten sie sich ein Bild von dem liebevoll angelegten Vereinsgelände und ließen sich von der Leidenschaft der Clubmitglieder vor Ort anstecken. Zunächst drehten die Besucher einige Runden mit den zur Verfügung stehenden Zügen und bestaunten die Bahnanlage. mehr...

TGO-Läufer bei Halbmarathon in Bonn erfolgreich

Lahnstein. Die Läuferinnen und Läufer der TGO-Turnfreunde waren beim Post-Marathon in Bonn mit am Start. Christina Pörtner und Alexander Krebs gingen dabei für die TGO auf die Halb-Marathon-Distanz. Die warmen Temperaturen an diesem Tag machte den insgesamt 13.600 gemeldeten Läufern (davon 8.000 HM-Läufer) zu schaffen, so dass regelmäßiges Trinken angesagt war. Alexander Krebs absolvierte die Strecke... mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
Weitere Berichte
Ermittlungen nach gescheiterten Einbrüchen

Mehrere Einbruchversuche in Bonn-Kessenich: Polizei sucht Zeugen

Ermittlungen nach gescheiterten Einbrüchen

Bonn-Kessenich. Am Samstag, 27. April wurden der Bonner Polizei drei versuchte Wohnungseinbrüche in Bonn-Kessenich gemeldet. Offenbar hatten Unbekannte in der Zeit von Freitag, 26. April, 21 Uhr, bis... mehr...

Vandalismus durch Herausheben von Gullideckeln

Ermittlungen nach gefährlicher Tat in Hellenhahn-Schellenberg

Vandalismus durch Herausheben von Gullideckeln

Hellenhahn-Schellenberg. In der Nacht von Samstag, 27. auf Sonntag, 28. April wurden in der Untergasse und Im Schlag in Hellenhahn-Schellenberg mehrere Kanaldeckel durch unbekannte Täter ausgehoben. Zeugen,... mehr...

Polizei deckt Drogenfahrt auf

E-Scooter-Kontrolle in Rheinbrohl führt zu Drogentest

Polizei deckt Drogenfahrt auf

Rheinbrohl. Am 28. April 2024 gegen 13:25 Uhr kontrollierten Beamte der PI Linz am Rhein im Bereich der Fährstraße in Rheinbrohl einen E-Scooter-Fahrer. Im Rahmen der Kontrolle ergaben sich Hinweise auf... mehr...

CDU Oberbieber lädt zu Anwohnerversammlung

Verkehrssituation im Aubachtal

Neuwied-Oberbieber. Die CDU Oberbieber hat viele Anfragen zur Verkehrssituation im Aubachtal erreicht. Anwohner haben Sorgen und sind verärgert, weil es oft zu Verkehrsbehinderungen, gefährlichen Situationen und bereits zu Schäden gekommen ist. mehr...

Wählergruppe Jutta Etscheidt

Info-Abend zum Ortsbeirat

Neuwied-Heddesdorf. Zur Kommunalwahl am 9. Juni werden in Heddesdorf – genauso wie in der Innenstadt – zum ersten Mal ein Ortsbeirat und ein Ortsvorsteher gewählt. Bisher gab es diese Gremien nur in den zwölf Stadtteilen. mehr...

60 Minuten-Dialog der Koblenzer SPD

Im Zeichen der Europawahl

Koblenz. Die Europawahl steht bevor: Am 9. Juni können die Wählerinnen und Wähler über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments abstimmen. Doch für welche Ziele steht der rheinland-pfälzische SPD-Kandidat... mehr...

Damir Mrkalj folgt auf André Marx

Fußball-Bezirksliga Mitte, 30. Spieltag: Eintracht Mendig setzte sich beim abstiegsgefährdeten SV Oberzissen glücklich mit 2:0 (0:0) durch

Damir Mrkalj folgt auf André Marx

Mendig. Die SG Eintracht Mendig hat die 2:3 (2:1)-Heimniederlage gegen den FV Rübenach zu den Akten gelegt und sich am 30. Spieltag der Fußball-Bezirksliga Mitte beim abstiegsgefährdeten SV Oberzissen mit 2:0 (0:0) durchgesetzt. mehr...

Kurzweiliger Workshop

Lauftreff des SV Weitersburg veranstaltete 2. Faszien-Workshop

Kurzweiliger Workshop

Weitersburg. Der Lauftreff des SV Weitersburg hat in Kooperation mit Susanne Sonnengruss den 2. Faszien-Workshop durchgeführt. Den Teilnehmern des Workshops wurde mit leicht verständlichen Erläuterungen die Bedeutung von Faszien für den Menschen erklärt. mehr...

LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
Amir Samed :
Eine im Wesentlichen auf die Medien, nicht auf die Wähler gestützte Regierung verteidigt ihre Vormacht durch Tricks, die einer demokratischen Gesellschaft nicht würdig sind, dies gilt auch für Hr. Kühnert, denn, wer in der Demokratie anderen eine Grube gräbt, wird darin selbst beerdigt. Denn Demokratie...
Amir Samed :
HR Kühnert, auch Talkshow-Kevin genannt, ist allgemein bekannt für seine Forderungen nach Verstaatlichung. In seinem Weltbild ist es Diebstahl, wenn ein Mensch sein Leben lang hart arbeitet und sich zur Altersvorsorge ein Haus baut. Stattdessen sollte dieser sein hart verdientes Geld dem Staat überlassen,...
Anonym:
Ich bin hier gerade sehr im Zwiespalt. Das ist doch der Gnadenhof wo auch bei die Harten Hunde mit Ralf Seeger gesendet wurde und der dort auch geholfen hat. Da Ralf Seeger sich dem Tierschutz mit ganzer Seele verschrieben hat kann ich mir nicht vorstellen daß er dort geholfen hätte und auch eine...
Anonym:
Ich bin hier gerade sehr im Zwiespalt. Das ist doch der Gnadenhof wo auch bei die Harten Hunde mit Ralf Seeger gesendet wurde und der dort auch geholfen hat. Da Ralf Seeger sich dem Tierschutz mit ganzer Seele verschrieben hat kann ich mir nicht vorstellen daß er dort geholfen hätte und auch eine...
MARGIT S.:
Wie krank mal einfach ohne eine 2 Meinung sowas zu beschließen???!!! Sorry aber das hier ist jein Rechtsstaat mehr !!! 15 Jahre hat diese Frau alles gegeben für diese armen Seelen..Und da behauptet eine Person etwas und wer leidet darunter???? DIESE ARMEN SEELEN!!!! Statt Auflagen und diese unangemeldet...
Ralf Dutine:
Hansen, die für meine Statistik wichtigste Info war dabei ;-)...
Hansen:
Korrektur: Das war grausanste Folter und ein Femizid. Benennt es als das, was es ist. Wir schreiben das Jahr 2024 und nicht 1980....
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service