Bündnis90/Grünen-Landtagsabgeordnete Elisabeth Bröskamp zu 24-Stunden-Kitas
Nein zur Umsetzung nach Schwesigs Vorschlag
Region. Zum Vorschlag der 24-Stunden-Kita von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig nimmt die Grünen-Landtagsabgeordnete Elisabeth Bröskamp Stellung. Die Ministerin hatte eine 100 Mio. Euro Förderung für 24-Stunden-Kitas in Deutschland angekündigt. Hierbei sollte es 300 Projekte in Deutschland geben. „Der Vorschlag der Bundesministerin ist zu dieser Zeit völlig fehl am Platze! Hat sie schon vergessen, dass die Erzieher und Erzieherinnen in den letzten Monaten über vier Wochen gestreikt haben, da sie für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal in den Kindertagesstätten kämpfen. Dies war auch für viele berufstätige Eltern nur schwer zu ertragen, da sie irgendwie eine Betreuung für ihre Kinder während der Arbeitszeit sicherstellen mussten. Viele haben schon vorzeitig Urlaub genommen oder sich gegenseitig abgewechselt. Einige haben leider nicht auf das Verständnis ihrer Arbeitgeber zählen können. Ich habe dazu viele Mails und Briefe erhalten. Die Bertelsmann-Stiftung hat in einer Studie deutlich angemahnt, dass der Bund sich in erheblichem Maße zusätzlichen an der Kinderbetreuung beteiligen muss, derzeit reicht sein Engagement bei Weitem nicht aus. Ist doch der Rechtsanspruch für Kinder ab dem ersten Lebensjahr ein Bundesgesetz. Die Kommunen und die Länder sind finanziell damit überfordert.
Bildung und Förderung der Kinder wäre gefährdet
An erster Stelle muss bei der Kinderbetreuung immer das Wohl des einzelnen Kindes stehen. Hier gilt es, sehr genau auf die Bedeutung der Bindung zu den Erzieherinnen und Betreuungspersonen zu achten. Häufig wechselndes Personal ist für die Betreuung der Kinder schädlich. Wie soll das in einer 24-Stunden-Kita sichergestellt werden? Viele Erzieherinnen arbeiten Teilzeit oder haben selbst Kinder. Aufgabe der Kita ist aber nicht lediglich die Betreuung, sondern die Bildung und Förderung des Kindes. Es kann nicht sein, dass eine Familie sich in allen Belangen der Arbeitswelt anpassen muss. Hier sind die Arbeitgeber gefragt, Modelle zu entwickeln, die familienfreundlich sind. Schon Schichtdienst in Form von Früh- und Spätdiensten ist für viele Familien eine große Herausforderung.
Nicht die Familie muss sich an die Arbeitswelt anpassen, die Arbeitgeber müssen neue Modelle entwickeln und familienfreundliche Arbeitszeiten anbieten. Wenn Arbeitskräfte rar werden, muss man im Besonderen die Familien in den Blick nehmen, die sich oftmals nicht nur um die eigenen Kinder, sondern zeitgleich auch noch um Eltern oder Großeltern kümmern müssen.
Die Familie gerät ans Limit, insbesondere die Frauen
Eine Familie ist nicht flexibel, besonders dann nicht, wenn mehrere kleine Kinder in der Familie sind. Jedes Kind hat seine ganz eigenen und individuellen Ansprüche und das ist auch gut so. Im Herbst wird ein Urteil des Bundessozialgerichtes erwartet, in dem es um die Benachteiligung von Familien in der Sozialversicherung geht. Hätte die Bundesregierung vor Jahren schon reagiert, hätte es erst gar nicht so weit kommen müssen, dass Familien und Alleinerziehende in dieser Art benachteiligt werden. Sie hat aber nicht reagiert und deshalb wird es nötig sein, endlich eine andere Politik für Familien und insbesondere auch Alleinerziehende auf Bundesebene zu machen.
Falsch ist die Behauptung, Kinder wären in der 24-Stunden-Kita nicht länger in der Kita. Sind sie wirklich nur in der Nacht in der Kita, trifft das zu. Was aber ist mit dem Bildungs- und Förderungsanspruch in der Kita. Soll dieser nachts stattfinden? Dies geht wohl kaum. Sind die Kinder also nicht auch noch tagsüber in der Kita, bekommen sie vom Kita-Alltag unter gleichaltrigen Kindergartenkindern nichts mit.
Wie soll dann Bildung und Förderung stattfinden? Wie soll der Kontakt in der Gruppe zu Kindern, Freunden und Freundinnen und Erzieherinnen möglich sein, wenn sie da tagsüber herausgerissen sind?
Konzept funktioniert nicht bei Familien mit mehreren Kindern
Völlig vergessen hat die Ministerin aber auch Familien mit mehreren Kindern. Was, wenn es zwei Kindergartenkinder und zwei Grundschulkinder in der Familie gibt? Wann sollen denn die Eltern einmal schlafen, wenn sie nachts gearbeitet haben, das Kindergartenkind in der KITA nachts geschlafen hat und dann putzmunter Unterhaltung einfordert, wenn die Mutter oder der Vater gerade von der anstrengenden Nachtschicht vor Müdigkeit ins Bett fallen? Frei nach dem Motto: Eltern dürfen am besten nicht krank werden und Schlaf wird überbewertet. Sicherlich ist es der Realität entsprechend, dass es Eltern gibt, die Schichtarbeit leisten müssen, hier ist es aber sinnvoller mit Tagespflegepersonen zu arbeiten und die Kinder nach Möglichkeit in ihrer Umgebung zu belassen, sodass sie gut ausgeschlafen am nächsten Tag in der Kita mit Freundinnen und Freunden sein können. Wichtiger wäre es erstmals von Bundesebene aus verlängerte Kita-Öffnungszeiten in den sogenannten „Randzeiten“ anzubieten und die Tagesstätten dementsprechend auszufinanzieren. Dann hätten viele Eltern auch die Möglichkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren. Denn eines ist auch wichtig: Familien müssen die Möglichkeit haben selbst zu entscheiden, wie sie Familie gestalten möchten, auch wenn sie sich dazu entscheiden für ein paar Jahre nicht berufstätig zu sein“, so die vierfache Mutter abschließend.
Pressemitteilung
Elisabeth Bröskamp