Stadt Neuwied hatte zur Einwohnerversammlung eingeladen

Ausbaubeiträge: Experte sieht keine vernünftige Alternative

14.10.2019 - 08:38

Neuwied. Nach den letzten Freiluft Einwohnerversammlungen in Segendorf, Oberbieber und Rodenbach kehrte die Stadt Neuwied zum alten Format in den Sälen zurück. Dass das Bürgerhaus in Torney trotzdem bis auf den letzten Platz gefüllt war, lag am spannenden Thema der Ausbaubeiträge. „Die bundes- und landesweite Diskussion ist auch in unserer Stadt angekommen“, begrüßte Oberbürgermeister Jan Einig die zahlreichen Besucher. Mehrfach hatte der Neuwieder Stadtrat in den vergangenen Monaten über die Abschaffung der Ausbaubeiträge kontrovers diskutiert. Im Februar hatten die Fraktionen, mit Ausnahme von SPD und Grünen, eine an die Landesregierung und den Landtag gerichtete Resolution hinsichtlich der Abschaffung verabschiedet. Dabei gibt es dafür nach Auffassung von Professor Dr. Hans Joachim Driehaus gar keinen vernünftigen Grund. Die Stadtverwaltung hatte den ehemaligen Richter am Bundesverwaltungsgericht, als anerkannten und ausgewiesenen Experten, eingeladen. Mit vier Fragen ging Dr. Hans Joachim Driehaus das Thema an. 1. Besteht Anlass zur Abschaffung? 2. Wird das Problem dadurch gelöst? 3. Trägt die Abschaffung zur Befriedung der Gemeinde bei? 4. Gibt es intelligentere Lösungen? „Als einzige Begründung für die Abschaffung vernehme ich immer nur die mangelnde Akzeptanz beim Bürger. Dann können wir auch die Einkommenssteuer in Frage stellen“, kritisierte Dr. Hans Joachim Driehaus. Dafür erntete der ehemalige Richter Widerspruch aus dem Publikum. Mehrfach führten Bürger Härtefälle ins Feld. Etwa Rentner, die schlichtweg nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen und bei der Bank keinen Kredit mehr bekommen. Für Dr. Hans Joachim Driehaus sind das Einzelfälle, denen die Stadt mit einer Billigkeitsregelung entgegenkommen könnte. Etwa durch Ratenzahlungen über zwanzig Jahre mit geringer Verzinsung. Bei vorzeitigen Tod überträgt sich die Schuld auf die Erben. Härtefallregelungen seien ebenfalls in Abhängigkeit vom Verkehrswert des Grundstücks möglich. Für den Experten ist die Abschaffung der Ausbaubeiträge keine Option. Letztendlich würde der Landeszuschuss für die Kommunen viel zu niedrig ausfallen, um diese Einnahmen zu kompensieren. Die Folge: Die Kommune müsste wesentlich mehr Geld aufbringen als derzeit. Das wiederum würde dazu führen, dass die Städte und Kommunen die Grundsteuer erhöhen. Letztendlich zahlen die Bürger also doch. Allerdings seien die Lasten dann aber nicht mehr so fair verteilt wie derzeit. Das aktuelle System mit unterschiedlich hohen Eigenbeteiligungen der Grundstückseigentümer, in Abhängigkeit von der Nutzung der Straße, sei wesentlich gerechter. Der Gebrauchswert einer Immobilie werde zudem durch die Modernisierung von Straßen, Bürgersteigen und Straßenbeleuchtungen erhalten und gesteigert.


Im alten Rom nicht anders


„Schon im alten Rom wurden Ausbaubeiträge in ähnlicher Form erhoben“, eröffnete Dr. Hans Joachim Driehaus die rund zweistündige Einwohnerversammlung. Rom hätte erkannt, dass diese „Ewigkeitslast“ niemals von der öffentlichen Hand allein finanziert werden könne. 1893 sei das System von den Preußen in die Rechtsordnung des Deutschen Reichs übernommen worden. Nach der Gründung von Rheinland-Pfalz wurde die Regelung ins kommunale Abgabenrecht übernommen. Wegen des ständigen Verschleißes bezifferte der Gast die Straßenhaltbarkeit auf 30-40 Jahre. In den letzten Jahren seien die Grundstückseigentümer in Rheinland-Pfalz eher gering belastet worden, weil die Kommunen nicht mal Geld für deren Anteil hatten. Das vehemente Festhalten des ehemaligen Richters am bestehenden System erregte manchen der Besucher. Ob es denn gar keine Alternative gibt, wollte Dr. Jutta Etscheidt wissen. Der Gast aus Berlin nannte eine Grundgesetzänderung, aber meldete gleichzeitig Zweifel an, ob es dafür eine Mehrheit geben würde bzw. ob diese juristisch einwandfrei wäre. Eine Bürgerin aus Torney wollte wissen, ob es denn richtig sei, dass auf dem gleich großen Nachbargrundstück ein Mehrfamilienhaus steht aber dennoch der gleiche Ausbaubeitrag entrichtet werden muss. „Im Wesentlichen ist die Bewertung gleich“, antwortete Oberbürgermeister Jan Einig.


Andere brennende Themen


Wenngleich die Ausbaubeiträge im Mittelpunkt des Abends standen, so nutzten die überwiegend aus Torney kommenden Einwohner die Gelegenheit, andere brennende Themen zur Sprache zu bringen. Eine Anwohnerin machte ihrem Ärger Luft, dass sich die drei Ostseeinsel Straßen rund um den Spielplatz seit zwölf Jahren im Baustraßen Zustand befinden und damit eine Gefahr für die Kinder darstellen. Ein weiteres Ärgernis stellt der Abriss des Unterstands für die Grundschulkinder an der Bushaltestelle dar. Eine Vertreterin der Gemeindlichen Siedlungsgesellschaft wies auf den baulichen Zustand hin. Wann und ob überhaupt wieder ein Regenschutz aufgebaut wird, konnte an dem Abend nicht geklärt werden. Auch nicht, was gegen die „Raserei“ in der Oberbieberer Straße gemacht werden kann, die ein Anwohner tagtäglich in der Tempo 30 Zone beobachtet. Oberbürgermeister Jan Einig sicherte eine Verkehrsraummessung zu. Den Vorschlägen des Bürgers für bauliche Maßnahmen wie „Kölner Teller“ und „Berliner Kissen“ stand der Stadtchef reserviert gegenüber. „Die Lärmbelästigung muss berücksichtigt werden. So etwas möchte keiner vor seinem Schlafzimmer haben“. Die Verkehrssituation in der Heimstättenstraße verschärft sich zunehmend. Für die Vielzahl der Bewohner, überwiegend den GSG Häusern, stehen zu wenig Parkmöglichkeiten zur Verfügung. „Seit 22 Jahren warten wir auf eine Lösung“, kritisierte ein Ortsbeiratsmitglied die Stadtverwaltung. Ebenfalls seitens des Ortsbeirats wurde eine Antwort in Sachen Renovierung des Bürgerhauses angemahnt. Gerne sind die Bürger/innen bereit, selbst Hand anzulegen. Seit Wochen warten sie aber auf grünes Licht aus dem Rathaus. Die Mitarbeiter der Verwaltung notierten alle Anliegen, um den Fragestellern in den nächsten Wochen die Antworten schriftlich zukommen zu lassen. FF

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Geldautomatensprengungen in Andernach und Montabaur

Polizei schnappt Automatensprenger: 20-Jähriger erbeutete mehrere hunderttausend Euro

Region. Nach einer Serie von Geldautomatensprengungen führten die Staatsanwaltschaft und die Polizei Köln am Morgen des 24. April Durchsuchungen in mehreren Privatwohnungen und Büros in Köln, Rheinbach und Heimerzheim sowie in einer Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen durch. Die umfangreichen Ermittlungen konzentrierten sich auf einen 20-jährigen Mann, der seit Februar 2024 in Haft ist und eine Strafe für ein Raubdelikt verbüßt. mehr...

Angeklagte sollen Frau schwer misshandelt, zur Prostitution gezwungen und getötet haben

Nach Mord im Koblenzer Rotlichtmilieu: Anklage gegen zwei Personen erhoben

Koblenz. Wie die Staatsanwaltschaft Koblenz mitteilt, wurde nach dem Tötungsdelikt im Koblenzer Rotlichtmilieu vergangenen November nun Anklage gegen eine 40-jährige Frau und einen 48 Jahre alten Mann (beide bulgarischer Nationalität) erhoben. Den beiden Beschuldigten wird zur Last gelegt, eine mit ihnen zusammenlebende 31-jährige Bulgarin grausam und aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben.... mehr...

Regional+
 

Wer kann Angaben zum Unfallgeschehen machen?

Zeugen nach Verkehrsunfallflucht gesucht

Ehlscheid. Am 26. April, zwischen 06:55 Uhr und 15:50 Uhr, befand sich der PKW der Geschädigten auf dem Parkplatz der Tierarztpraxis in der Gommerscheider Straße. Bei der Rückkehr zum Fahrzeug bemerkte die Geschädigte eine großflächige Beschädigung im Bereich der linken Fahrzeugseite ihres PKW. Zeugen werden gebeten, mögliche Hinweise der Polizeiinspektion Straßenhaus unter Tel. 02634/9520 oder per E-Mail: pistrassenhaus@polizei.rlp.de. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
Weitere Berichte
19-Jährige im Zug durch unbekannten Täter belästigt

Ermittlungen nach sexueller Belästigung in Regionalbahn auf der Fahrt von Frankfurt/Main nach Koblenz

19-Jährige im Zug durch unbekannten Täter belästigt

Koblenz. Am Donnerstagmittag, 25. April zwischen 11.30 und 12.30 Uhr soll es in der Regionalbahn 4256, auf der Fahrt von Frankfurt/Main nach Koblenz, zu einer sexuellen Belästigung einer 19-Jährigen gekommen sein. mehr...

Pkw prallte mit großer Wucht gegen einen Baum

Hubschraubereinsatz bei schwerem Verkehrsunfall auf der B 478 zwischen den Ortschaften Ruppichteroth Ahe und Harth

Pkw prallte mit großer Wucht gegen einen Baum

Ruppichteroth. Am Donnerstagnachmittag, 25. April 2024 um 16.20 Uhr wurde der Leitstelle der Polizei durch die Rettungsleitstelle des Rhein-Sieg-Kreises ein Verkehrsunfall mit verletzten Personen auf der B 478 zwischen den Ortschaften Ruppichteroth Ahe und Harth gemeldet. mehr...

FWG Andernach e.V. lädt ein

Infostände am 4. und 11. Mai

Andernach. Die Freie Wählergruppe Andernach e.V. (FWG) lädt die Bürgerinnen und Bürger von Andernach zu ihren Infoständen ein. Diese finden am 4. und 11. Mai am Historischen Rathaus in Andernach statt. mehr...

Erfolgreiche Saisoneröffnung

TC Rengsdorf

Erfolgreiche Saisoneröffnung

Rengsdorf. Jüngst startete der TC Rengsdorf in die Saison. Viele Interessierte jeden Alters fanden den Weg zu dem Verein, um den Tennissport einmal auszuprobieren oder um wieder einzusteigen. Alle SpielerInnen... mehr...

Jetzt für Läufe der LG Rhein-Wied anmelden

Andernach/Neuwied. Die Saison der Laufveranstaltungen beginnt, und damit auch die Anmeldephase für die Großveranstaltungen der LG Rhein-Wied. Der „Deichlauf präsentiert von Rhodius“ (Freitag, 14. Juni)... mehr...

LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
Claudia Krahe-Abel:
Es darf keine Impfpflicht geben! Das Grundrecht auf die Unversehrtheit des Körpers muss dringend gewahrt werden! Jeder Mensch muss selbst entscheiden dürfen was er in seinen Körper spritzen lässt oder nicht. Und es darf keine Diskriminierungen geben. Jeder muss Verantwortung für sich selbst und seine...
Andrea könig:
Ich verfolge die Geschichte um Liane schon lange und verstehe nicht, wie man auf solche, zum Teil hirnrissigen und unverschämten, Verleumdungen hereinfallen kann. Es kann nicht sein, dass die Gerichte sich nicht selbst vor Ort informiert haben. Liane führt seit mindestens 15 Jahren den Hof mit viel...
Cornelia Lachmuth:
Für mich klingt das nach Befangenheit. Nie gab es Probleme dort. Alle Kontrollen waren, selbst 4 Monate zuvor, noch in Ordnung. Ich kenne den Hof und habe selber keine tierschutzrelevanten Mängel erkennen können. Viele andere Leute vom Fach, ebenfalls nicht. ...
Erika Hoffmann :
Ja, Kontrolle ist gut...aber Hilfeleistung wäre besser!! Wenn Menschen einen Gnadenhof leiten, dann sind das Tierfreunde! Ihnen Geldgier zu unterstellen, ist gemein!! Ich zahle gerne meine Hundesteuer, hoffe das dieses Geld gerade Gnadenhoefen zugute kommt!!! ...

Bad Neuenahr-Ahrweiler: Hunde bitte anleinen

Veronika Brieda :
Es wäre wünschenswert wenn die Stadt Bad-Neuenahr-Ahrweiler ein Hundeplatz zur Verfügung stellen würde. Hunde wollen gerne mal frei ohne Leine laufen. Haben Sie Verständnis? Mit freundlichen Grüßen Veronika Brieda ...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service